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ARCHIV - Der Schriftzug der Berliner Gaswerke Aktiengesellschaft (GASAG) ist am 10.05.2016 in Berlin zu sehen, im Hintergrund der Fernsehturm. (zu "Jahres-Pk der GASAG" vom 11.04.2017) Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

© Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

„Ein Ablenkungsmanöver der SPD“: Geplanter Gasag-Rückkauf in Berlin – Kritik von der Opposition, Lob von Koalitionspartnern

Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus ist gegen eine Rekommunalisierung der städtischen Gas- und Fernwärmenetze. Das Geld werde woanders gebraucht.

Die Spitzen von CDU und FDP lehnen Pläne der Koalition, das Gas- und Fernwärmenetz in Landeshand zu übernehmen, ab. CDU-Fraktions- und Landeschef Kai Wegner erklärte dem Tagesspiegel am Sonntag: „Ich halte diesen Vorschlag für ein Ablenkungsmanöver der SPD. Eine Rekommunalisierung würde viel Geld kosten, das wir jetzt an anderer Stelle brauchen.“

Statt die Anteilsmehrheit an der Gasag und das Fernwärmenetz zu übernehmen, sollten Heizkostenzuschüsse schnell an die Bürger und den Mittelstand ausgezahlt werden, sagte Wegner mit Blick auf den Bund. „Wenn die Ampel nicht in der Lage ist, schnell zu handeln, muss der rot-grün-rote Senat schnellstens einspringen“, forderte Wegner.

FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja schloss sich der Kritik an. Er erklärte: „Eine Energiekrise, die durch das russische Regime, einen staatlichen Aggressor, ausgelöst wurde, für Forderungen nach mehr Verstaatlichung zu nutzen, ist absurd.“ Die SPD solle sich darauf konzentrieren, „wie sie schnell und zielgerichtet Hilfe für kleine und mittelständische Unternehmen organisieren kann“, forderte Czaja und ergänzte: „Wir brauchen in dieser Zeit nicht mehr Staatseigentum, sondern den Schutz von privatem Eigentum und Vermögen, um Jobs und Existenzen zu sichern.“

Linke verteidigt geplante Rekommunalisierungen

Tobias Schulze, stellvertretender Chef der Linkspartei in Berlin, unterstützt das am Samstagabend von der SPD-Fraktion während einer Klausur im brandenburgischen Nauen beschlossene Vorhaben. „Die Prüfungen und Vorarbeiten für einen möglichen Einstieg des Landes bei der Gasag laufen seit mehreren Monaten. Die Energieversorgung gehört in öffentliche Hand“, erklärte Schulze. Der Knackpunkt für die Linke sei die Frage, „ob wir mit dem Einstieg auch die Energiewende voranbringen können.“ Dazu reiche eine Mehrheitsbeteiligung möglicherweise nicht aus.

Schulze führte aus, dass „eine Konstruktion der Übernahme“ gebaut werden müsse, „die sichert, dass die Gestaltungsmöglichkeiten nicht von den privaten Miteigentümern ausgebremst werden können.“ Für das Land gehe es nicht um Gewinne, sondern um die Energiewende, erklärte Schulze weiter und forderte zumindest die Option darauf, perspektivisch auch die Anteile der Miteigentümer zu übernehmen.

Das Vorhaben, eine Mehrheit der Anteile am Berliner Energieversorger Gasag zu kaufen und darüber hinaus das bislang von Vattenfall betriebene Berliner Fernwärmenetz zu übernehmen, hatte SPD-Fraktionschef Raed Saleh am Samstagabend öffentlich gemacht. Dem Tagesspiegel erklärte Saleh: „Es wäre verheerend, während so einer historischen Möglichkeit und in dieser brutalen Krise die Hände in den Schoss zu legen. Wir wollen Verantwortung für diese Stadt übernehmen.“

Auf die Frage nach der Finanzierung sagte Saleh am Sonntag: „Für das Vorhaben gibt es zwei Blaupausen, die Rekommunalisierung der Stromnetze und den Rückkauf der Berliner Wasserbetriebe 2013. Damals wurde der Rückkauf mit Krediten finanziert. Das war sozialpolitisch vernünftig und wirtschaftspolitisch klug.“ Er verwies darauf, dass die Wasserbetriebe seitdem fünf Mal die Preise gesenkt haben.

Saleh betonte, dass es für den Gasag-Deal weder einen Nachtragshaushalt brauche, noch gegen die Schuldenbremse verstoßen werde. „Die Maßnahme folgt unserem langfristigen Plan, die Daseinsvorsorge wieder in die öffentliche Hand zu bekommen“, sagte der Berliner SPD-Fraktionschef.

Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) äußerte sich ebenfalls am Sonntag zu dem Vorschlag. Dem Tagesspiegel erklärte er: „Ich freue mich, dass sich offensichtlich diejenigen innerhalb der SPD durchgesetzt haben, die ein stärkeres öffentliches Engagement bei der Gestaltung der Berliner Wärmewende befürworten und somit den Koalitionsvertrag umsetzen wollen.“

Er betrachte das Vorgehen der Fraktion „als Unterstützung für die vertrauensvollen Gespräche, die ich gemeinsam mit dem Wirtschaftssenator mit allen relevanten Akteuren führe.“ Neben dem energiepolitischen Zielbild Berlins seien auch der Preis sowie der faktische Einfluss des Landes von entscheidender Bedeutung. „Ich werbe darum, dass die SPD das bei all ihren parteitaktischen Erwägungen im kommenden Wahlkampf nicht gänzlich aus dem Blick verliert.“

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