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 Ein Geflüchteter hält eine Debitkarte in der Hand (Symbolbild).

© dpa/Philipp von Ditfurth

„Eigenständige Lebensgestaltung wird erschwert“: Berliner Wohlfahrtsverbände kritisieren Bezahlkarte für Asylbewerber

Am Dienstag hatte Schwarz-Rot beschlossen, dem länderübergreifenden Vergabeverfahren für die Bezahlkarte beizutreten. Die Diakonie-Vorständin sagt, der Senat begebe sich auf „äußerst dünnes Eis“.

Die Berliner Wohlfahrtsverbände sehen die bundesweit geplante Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber kritisch. Der Berliner Senat begebe sich mit dem Vorhaben auf „äußerst dünnes Eis“, erklärte Diakonie-Vorständin Andrea U. Asch am Mittwoch für die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege. „Erfahrungen mit Bezahlkarten zeigen: Eine eigenständige Lebensgestaltung für Asylbewerber wird dadurch erschwert.“ Sie erlebten auf diese Weise diskriminierende Einschränkungen.

Der schwarz-rote Senat hatte am Dienstag beschlossen, bei der Einführung der Geldkarte mit den anderen Bundesländern zusammenarbeiten zu wollen und dem länderübergreifenden Vergabeverfahren beizutreten. Daran beteiligt sind 14 der 16 Länder; Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen eigene Wege, wollen die Bezahlkarte aber ebenfalls einführen.

Einzelheiten zur Ausgestaltung der Karte sind noch offen. Dazu gehört laut Senat neben den Kosten die Frage, in welchem Umfang Asylbewerber künftig neben den Leistungen auf der Geldkarte noch Bargeld erhalten. Die Wohlfahrtsverbände gehen nach den Worten Aschs grundsätzlich davon aus, dass in Berlin mit der Bezahlkarte kein Sachleistungsprinzip für Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz eingeführt werde. Nach der Senatssitzung am Dienstag hatte es geheißen, dies sei nicht geplant.

Die Wohlfahrtsverbände bezweifeln zudem, dass die Geldkarte wie von der Politik angekündigt Verwaltungskosten einspart. Sie gehen davon aus, dass das neue System in Berlin jährlich zehn Millionen Euro kostet, die dann für Migrationsberatungen und für Integrationskurse fehlten. „Die Menschenwürde darf nicht wieder auf der Welle populistischer Ideen den Kürzeren ziehen“, erklärte Asch.

Bund und Länder hatten sich im November darauf verständigt, dass Asylbewerber einen Teil ihrer Leistungen künftig als Guthaben auf eine Bezahlkarte bekommen sollen. Geflüchtete sollen dann wie mit einer EC-Karte bargeldlos einkaufen können, die Abhebung von Bargeld ist aber beschränkt. Überweisungen ins Ausland sollen nicht möglich sein.

Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) erklärte auf dpa-Anfrage: „Die Bezahlkarte ist kein Selbstzweck und schon gar nicht ein Instrument zur Steuerung von Migration. Das zu glauben, ist lächerlich und populistisch.“ Gleichwohl könne eine Bezahlkarte Vorteile haben, sowohl für die Betroffenen als auch für die Verwaltung.

Eine bundeseinheitliche Lösung mit Mindeststandards schaffe dafür eine Grundlage. „Eine solche Karte muss einen Mehrwert haben. Sie darf Menschen nicht stigmatisieren und muss den notwendigen persönlichen Bedarf mit Bargeld decken.“ (dpa)

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