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Franziska Giffey (SPD).

© imago/Emmanuele Contini / IMAGO/Emmanuele Contini

Update

„Das sind doch fast alles Berliner Kinder“: Giffey kündigt nach Silvester-Krawallen Gipfel gegen Jugendgewalt an

Die Regierende hält die Diskussion über die Herkunft der Täter für nicht zielführend. Sie fordert eine Doppelstrategie. CDU-Landeschef Wegner spricht von „Kuschelpädagogik“.

| Update:

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat als Konsequenz aus den Ausschreitungen in der Silvesternacht für kommenden Mittwoch einen Gipfel gegen Jugendgewalt angekündigt. „Wir müssen zwei Dinge tun: ausgestreckte Hand und Stopsignal“, sagte sie am Mittwoch nach einem Besuch einer Polizeidirektion in Berlin-Lichtenberg mit Innensenatorin Iris Spranger (SPD). Durch Jugendhilfeangebote und Sozialarbeit zeige man die ausgestreckte Hand. Taten müssten wiederum konsequent und schnell bestraft werden, wenn Grenzen überschritten würden.

Zum Gipfel gegen Jugendgewalt sollen Einsatzkräfte, Quartiersmanager, die Bezirksbürgermeister der betroffenen Bezirke, die Integrationsbeauftragten, die Schulsenatorin sowie Akteure der Schul- und Sozialarbeit eingeladen werden. Auch Vertreter der Jugendgerichtsbarkeit will die Regierende dabeihaben.

Giffey hatte zuvor im rbb-Inforadio an das Neuköllner Modell der ehemaligen Jugendrichterin Kirsten Heisig erinnert. Heisig hatte sich für das Prinzip eingesetzt, dass bei jugendlichen Straf- und Intensivtätern die Strafe auf dem Fuß folgen müsse.

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Die Regierende Bürgermeisterin betonte zudem, dass es einen „neuen Schub“ und eine breite Anstrengung in mehreren Bereichen brauche. „Das muss in Schule, in Jugendsozialarbeit, der polizeilichen Präventionsarbeit, aber auch in der Jugendgerichtshilfe eine konzertierte Aktion geben“, sagte sie. Giffey kündigte an, nach der nächsten Senatssitzung am kommenden Dienstag ein Maßnahmenpaket vorstellen zu wollen.

Herkunft hin oder her, das sind doch fast alles Berliner Kinder, die sind hier geboren und aufgewachsen.

Franziska Giffey (SPD), Berlins Regierende Bürgermeisterin

Die Frage nach der Herkunft der Täter hält die Regierende für nicht zielführend: „Herkunft hin oder her, das sind doch fast alles Berliner Kinder, die sind hier geboren und aufgewachsen“, sagte sie.

Es nütze nicht viel zu diskutieren, wo die Wurzeln der Eltern lägen. „Wir reden hier nicht über eine Einwanderungsfrage“, sagte Giffey. Vielmehr gehe es darum zu diskutieren, was in diesen sozialen Brennpunkten nicht gut gelaufen sei, dass es zu solchen Taten komme.

Die Lösung des Problems werde nicht von heute auf morgen machbar sein, vielmehr handele es sich um eine „Daueraufgabe“, sagte sie. Die Gewaltausbrüche seien zudem kein „Berlin-Phänomen“. Ähnliches sei auch in anderen Städten passiert.

Giffey weist Vorwurf von CDU-Chef Merz zurück

Den Vorwurf von CDU-Chef Friedrich Merz, ihr Senat trage eine Mitverantwortung an der Eskalation in der Silvesternacht, wies Giffey zurück. Unter SPD-Führung habe es eine Einstellungs- und Ausbildungsoffensive bei den Einsatzkräften gegeben. Zudem sei die Ausstattung verbessert worden. Sie erinnere daran, dass das unter dem CDU-Innensenator Frank Henkel „überhaupt nicht der Fall“ gewesen sei, sagte Giffey.

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Auf Twitter wandte sich Giffey auch direkt an die Täter: „Den Tätern sage ich: Der Rechtsstaat wird solche Attacken gegen Polizei, Rettungskräfte und sonstige Helfer nicht dulden – egal von wem sie ausgeübt werden.“

In der Diskussion um ein Böller-Verbot mahnte die Regierende Bürgermeisterin Realismus an. „Ich glaube nicht, dass für sämtliche Böller ein Verbot auf Bundesebene durchsetzbar sein wird“, sagte Giffey mit Blick auf die anderen Bundesländer. Sie fände es allerdings gut, den Erwerb bestimmter Böller einzuschränken.

Wie weit wir mit Kuschelpädagogik und Gesprächskreisen gekommen sind, haben wir in der Silvesternacht gesehen.

Kai Wegner, Berliner CDU-Fraktionschef

Der Berliner CDU-Fraktionsvorsitzende Kai Wegner sagte dem Tagesspiegel, der linke „Chaos-Senat“ habe Berlin viel zu lange regiert. Er kritisierte auch Giffeys geplanten Gipfel. „Wir brauchen keinen Gipfel zur Jugendkriminalität“, schrieb er auf Twitter. Die Berliner Polizei brauche jetzt konkrete Hilfe. Bodycams seien dafür ein erster Schritt. „Wie weit wir mit Kuschelpädagogik und Gesprächskreisen gekommen sind, haben wir in der Silvesternacht gesehen“, schrieb der CDU-Spitzenkandidat. „Langwierige Prozesse darf es nicht geben, sondern zügige Verurteilungen.“ Der Staat müsse zeigen, dass er sich ein solches Verhalten nicht gefallen lasse.

Bettina Jarasch, Verkehrssenatorin und Grünen-Spitzenkandidatin zur Wiederholungswahl im Februar, forderte ebenfalls eine schnelle Verurteilung. „Strafrechtsverschärfungen bringen uns da nicht weiter, wir müssen das Problem an der Wurzel packen“, sagte sie. „Dazu kann ein Gipfel etwas beitragen, wenn er auf bestehenden Strukturen aufsetzt und sie stärkt.“ Aktionismus helfe jedoch nicht weiter.

Der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh wies die Kritik an Rot-Grün-Rot zurück: „Die schrille und platte Polemik der CDU und AfD in Bund und Land mag zu deren Wahlkampfstrategie passen, sich von Berlin zu distanzieren und die ganze Stadt schlecht zu reden“, sagte Saleh. „Diese Polemik wird dem Respekt und der Anerkennung für unsere Sicherheitskräfte, wird unserer Stadt und unserer Gesellschaft insgesamt aber nicht gerecht.“

In der Silvesternacht waren in mehreren deutschen Städten Polizisten und Feuerwehrleute im Einsatz angegriffen worden, unter anderem mit Böllern und Raketen. Besonders heftig waren die Attacken in einigen Vierteln von Berlin.

Nach Angaben der Berliner Polizei wurden 355 Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. 145 Menschen seien vorläufig festgenommen worden, alle Verdächtigen seien nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wieder auf freien Fuß gekommen. Es seien insgesamt 18 verschiedene Nationalitäten erfasst worden. 45 der Verdächtigen haben laut Polizei die deutsche Staatsangehörigkeit, 27 Verdächtige sind demnach afghanischer Nationalität, 21 sind Syrer.

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