zum Hauptinhalt
Das Stiftungsgebäude in Berlin-Mitte, Albrechtstraße 14.

© Janka Haverbeck

Stiftung in Berlin-Mitte: Mit vollen Segeln und Händen

Die Koepjohann’sche Stiftung fördert und betreibt viele Einrichtungen und Projekte, insbesondere zur Unterstützung für Frauen in problematischen Lebensverhältnissen.

Ein Schritt zur Seite nur von der Straße in den grünen Innenhof, und doch ein großer Sprung in die Berliner Vergangenheit. Genaugenommen 305 Jahre zurück. Damals war hier an der Albrechtstraße 14, wo heute der Schienenstrang direkt am Bahnhof Friedrichstraße die Spree überspringt, nur sumpfiges Gelände.

Die Spandauer Vorstadt direkt vor den Toren Berlins war Anfang des 18. Jahrhunderts ein elend-armes Viertel, als am 17. Dezember 1717 Friedrich Johann Koepjohann getauft wurde. Dessen Vater betrieb hier am heutigen Schiffbauerdamm eine Bootswerft. Genau 305 Jahre später erinnert im Hof nun eine Stele an den Schiffbaumeister Koepjohann, dessen Wohltätigkeit die Jahrhunderte überdauerte.

Als er 1792 in seinem Testament verfügte, mit seinem Vermögen die „Witwen und Waisen der Spandauer Vorstadt“ zu unterstützen, lagen die Napoleonischen Kriege, die Gründung des Deutschen Reichs, die Verheerungen der Weltkriege und die deutsche Teilung noch weit in der Zukunft.

Die Koepjohann’sche Stiftung, die als Wahrzeichen das geblähte Segel und die gebenden Hände zeigt, hat seit 230 Jahren alle Wirren und Katstrophen der Zeit überstanden - „mehr noch: sie blüht und gedeiht“, wie der Kuratoriumsvorsitzende Prof. Philipp Enger bei der Präsentation der Stele in der Albrechtstraße 14 sagte.

Ein Armenhaus am Spreeufer

Die Stiftung gehört damit zu den ältesten derartigen Institutionen in Berlin. Direkt am Ufer der Spree wurde anfangs auf dem Gelände der Schiffwerft ein Armenhaus für Frauen und Waisen betrieben. Auch heute noch bilden die Pacht und Mieteinnahmen aus Grundstücken und Immobilien den Grundstock des Vermögens. Ende des 19. Jahrhunderts wurden etwa die Gebäude am Schiffbauerdamm errichtet, in denen sich heute unter anderem die bekannte Kneipe „Ständige Vertretung“ findet. 

Eine Stele für Friedrich Koepjohann. Prof. Dr. Philipp Enger, Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung und Kuratoriumsmitglied Janka Haverbeck

© Gerd Nowakowski

Wie sehr der Wille des großherzigen Stifters noch das heutige Engagement prägt, hat sich erst in diesem Jahr auf nahezu kuriose Weise gezeigt. In einem juristisch schwierigen Prozess wurde die Satzung verändert – nun darf die Stiftung ihr bislang auf die historische „Spandauer Vorstadt“ begrenztes Wirken zumindest auf den ganzen Bezirk Mitte ausweiten.

Neben der Seniorinnenarbeit zwei Wohneinrichtungen und Notübernachtung

Das war nötig, denn die Stiftung mit derzeit 28 Beschäftigten und rund 80 ehrenamtlich Engagierten ist Trägerin von sechs Einrichtungen im Bezirk. Neben der Seniorinnenarbeit der „Koepjohannitinnen“ als dem historischen Kern der Stiftung werden auch zwei Wohneinrichtungen und eine Notübernachtung für Frauen in problematischen Lebensverhältnissen betrieben.

Im Frauentreffpunkt Sophie in der Albrechtstraße finden Frauen in Not Schutz und Ruhe vom Leben auf der Straße. Zudem bietet der Frauentreffpunkt professionelle Hilfe und soziale Begleitung an. Vor Ort können die Frauen duschen, Wäsche waschen, Frühstücken oder Mittagessen. Sie können kostenfrei Internet, Telefon und Fax benutzen, es stehen Schließfächer zur Verfügung und Post kann entgegengenommen werden.

Die Notunterkunft „Marie“ für Frauen und Kinder in der Tieckstraße wurde 2019 eröffnet. Jeden Abend öffnet „Marie“ und bietet zehn Schlafplätze. Die Stiftung reagierte damit auf den eklatanten Mangel an frauenspezifischen Notunterkünften in Berlin. Hier gibt es Essen und Trinken sowie die Möglichkeit zur Wäschepflege und Körperhygiene. Im geschützten Umfeld können Frauen und ihre Kinder zur Ruhe kommen, Kräfte sammeln und eine neue Lebensperspektive entwickeln, auch durch ergänzende Beratungs- und Betreuungsangebote.

Daneben gibt es den Kieztreff Koepjohann mit generationsübergreifenden Begegnungen im ehemaligen Gemeindehaus der Sophienkirche in der Großen Hamburger Straße in Mitte. Am selben Ort befindet sich auch das Projekt „eliSa“, ein Besuchsdienst für ältere und pflegebedürftige Menschen, bei dem viele Ehrenamtliche engagiert sind.

In der Sophienkirche finanzierte Friedrich Koepjohann übrigens auch die imposante Orgel.

© Ralf Rohrlach

Der Verein Känguru bietet frischgebackenen Eltern eine Hilfe und Unterstützung an. So kommen ehrenamtliche Mitarbeiterinnen einmal in der Woche für drei Stunden zur Familie nach Hause und unterstützt sie in der neuen Lebenssituation ganz praktisch.

Die Stiftung unterstützt zudem Klik e.V., einen Hilfsverein für wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen sowie das ökumenische Kommunikations-, Informations- und Beratungszentrum von Frauen für Frauen „Evas Arche“ in der Großen Hamburger Straße direkt neben der Sophienkirche. Dazu kommt das Projekt „Vergiss mich nicht“, das seit über zehn Jahren berlinweit ehrenamtliche Pat:innen an Kinder aus suchtbetroffenen Familien vermittelt.

In der Sophienkirche finanzierte Friedrich Koepjohann übrigens auch die imposante Orgel, für die extra eine neue Empore eingebaut werden musste. Sein Ehrengrab findet sich denn auch gleich nebenan auf dem Sophien-Friedhof.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false