Peter Gregg, 1942 - 1945 Zwangsarbeiter in Berlin: „Die Bomber brachten Hoffnung“
Peter Gregg aus Oregon war bis 1945 Peter Guggenheimer aus Lankwitz und musste in Berlin Zwangsarbeit leisten. Als die US-Bomber am 3. Februar 1945 kamen, suchte er Schutz im U-Bahnhof Bayerischer Platz, der kurz darauf von einer Bombe getroffen wurde. Hier erzählt Gregg, wie er damals überlebte.
Ich war auf dem Weg zu einem Arzt. Mit dem Bus bin ich von Lankwitz bis in die Grunewaldstraße, dann weiter zu Fuß. Es war so ungefähr um die Mittagszeit. Ich kam gerade an den Bayerischen Platz, da gingen die Sirenen los. Ich zögerte kurz, ringsherum um den Platz waren viele Wohnhäuser ausgebrannt, ich dachte, diese Gegend wird wohl kein Ziel mehr sein für die Bomber. Ich dachte, ich geh’ einfach runter in die U-Bahn-Station, da ist es sicher. Es waren schon eine ganze Menge Leute da unten. Hinterher hörte ich, es seien Hunderte unten gewesen. Das habe ich aber nur vom Hörensagen.
Ich bin ein Stück vom Eingang weg auf den Bahnsteig gelaufen. Er war voller Menschen. Nach einer Weile hörte man schon die Geräusche der vielen Flugzeuge. Aus irgendeinem Grund habe ich mich instinktiv an einen der Metallpfeiler gehockt, habe fast auf dem Bahnsteig gesessen, das hat mir wirklich das Leben gerettet. Die Bomben fielen, plötzlich war ein furchtbarer Krach, ein furchtbares Geräusch, alles wurde dunkel, Menschen fingen an zu schreien. Weil die Bombe ein Volltreffer war, gab es in Folge der Explosion einen Luftdruck, das hat mich auf die Schienen geschleudert.
Ich war erst benommen, betäubt, bin dann aufgewacht, es war furchtbar staubig, dunkel, immer noch die schrecklichen Schreie von Menschen, da bin auf den Bahnsteig geklettert. Man konnte dann schon Tageslicht sehen, wo die Decke der Station heruntergefallen war, in riesengroßen Stücken, viele Meter lang und breit, da gab es dann eine schräge Laufbahn ans Tageslicht rauf zum Bayerischen Platz. Ich habe versucht zu entkommen, zu dieser Schräge, habe viele Verwundete gesehen und auch Menschen, die zum Teil von der Decke verschüttet waren, nur Teile ihres Körpers hingen noch heraus und bewegten sich ein wenig.
Ich war damals 19 Jahre alt. In der Nazi-Terminologie wurde ich als "Geltungsjude" bezeichnet. Mein Vater war jüdisch, meine Mutter Christin. Mein Vater war Prokurist bei der Dresdner Bank, hatte seine Stellung verloren, war auch in Zwangsarbeit. Wir hatten sehr sympathische Nachbarn in Lankwitz, die uns unterstützt haben. Dennoch wussten wir nie, ob am Ende auch wir abtransportiert würden.
Ich war in Zwangsarbeit bei der Müllabfuhr. Seit 1942. Normalerweise trug ich einen Davidstern, aber ich weiß nicht mehr, ob ich an dem Tag den Stern getragen habe. Ich habe ja öffentliche Verkehrsmittel benutzt, (das war für Juden verboten). Ich hatte nur Erlaubnis, die Bahn zu benutzen, um zur Arbeit zu kommen. Dafür gab es Ausweise.
Die Bombenangriffe auf Berlin habe ich als Teil einer kommenden Befreiung empfunden. Wir wussten, die einzige Chance, diese Zeit zu überleben, war, dass der Krieg nicht zugunsten Deutschlands ausgeht. Wir haben immer im Stillen gehofft, dass am Ende eine Befreiung stattfindet. Es war natürlich ein Zwiespalt. Das Haus meiner Großeltern und meiner Tante bei Borsigwalde wurde durch eine Bombe zerstört. Auch viele Freunde meiner Eltern wurden Opfer der Angriffe. Das haben wir auch als sehr tragisch empfunden.
Meine Eltern entschieden sich nach dem Krieg dafür auszuwandern. Ich bin Amerikaner geworden, aber auch Berliner geblieben. Ich war mehrfach in Berlin und habe meiner Familie auch den U-Bahnhof am Bayerischen Platz gezeigt.
(Aufgezeichnet von Thomas Loy.)
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