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Ein Betonmisch-Fahrzeug steht an der Bundesallee in Berlin-Wilmersdorf, wo eine Radfahrerin bei dem Verkehrsunfall mit dem Lastwagen lebensgefährlich verletzt wurde.

© Foto: dpa/Paul Zinken

Update

Betonmischer-Unfall in Berlin: Polizei ermittelt gegen zwei Autobahn-Blockierer und sucht Messer-Angreifer

Nach dem Unfall, bei dem eine Radfahrerin lebensgefährlich verletzt wurde, ermittelt die Polizei gegen einen 63-Jährigen und einen 59-Jährigen. Zudem sucht sie einen Mann.

| Update:

Nach dem schweren Betonmischer-Unfall, bei dem es laut Feuerwehr wegen einer Blockadeaktion von Klima-Aktivisten zu Verzögerungen bei der Rettung gekommen ist, ermittelt die Polizei gegen zwei der Blockierer.

Gegen einen 63-Jährigen und einen 59-Jährigen werde wegen unterlassener Hilfeleistung beziehungsweise der Behinderung hilfeleistender Personen ermittelt, sagte ein Sprecher am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte die „Berliner Zeitung“ über die Ermittlungen berichtet. Nach Angaben des Sprechers sollen sich die Aktivisten an einer Schilderbrücke auf der A100 festgeklebt haben.

Zudem sucht die Polizei weiter nach dem Mann, der den Betonmischer-Fahrer nach dem Unfall mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt hat.

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Der Angreifer sei bislang nicht bekannt, sagte eine Polizeisprecherin am Dienstagvormittag. Die Attacke auf den Fahrer ereignete sich, nachdem eine Radfahrerin am Montag auf der Bundesallee in Berlin-Wilmersdorf unter dem Betonmischer eingeklemmt und lebensgefährlich verletzt worden war. Die Ermittlungen zu der Attacke am Montagmorgen und zum Unfallhergang dauerten an, sagte die Polizeisprecherin.

Nach dem Gesundheitszustand der Verletzten gefragt, konnte die Polizei am Dienstag zunächst keine neuen Auskünfte geben. Am Montag hatte es geheißen, dass der 64-jährige Fahrer des Betonmischers bei der Attacke schwer verletzt worden sei. Auch zum Zustand der 44 Jahre alte Radfahrerin lagen zunächst keine neuen Angaben vor.

Unvermittelt mit einem Messer angegriffen

Die Frau wurde in der Bundesallee von dem Betonmischer-Lastwagen überrollt und unter dem Wagen eingeklemmt. Die Messerattacke auf den Fahrer ereignete sich, während sich Rettungskräfte um die Frau kümmerten. Ein am Unfall unbeteiligter Mann soll auf den Lastwagenfahrer zugegangen sein, als dieser neben der Fahrerkabine stand, und ihn unvermittelt mit einem Messer angegriffen haben. Der Fahrer wurde mit einer Stichverletzung in eine Klinik gebracht, wo er stationär aufgenommen wurde.

Feuerwehr-Einsatzkräfte mit Spezialgeräten standen wegen Protesten von Klimademonstranten auf der Stadtautobahn A100 im Stau und trafen erst verspätet am Unfallort ein, weshalb an der Unfallstelle improvisiert werden musste, wie die Feuerwehr betonte. Ein Sprecher bekräftigte am Dienstag, dass es ohne die Blockierer an der Stelle nicht zum Stau gekommen wäre. Ob die Autofahrer eine Rettungsgasse gebildet hatten, konnte er nicht sagen. Das Fehlen von Rettungsgassen sei in der Hauptstadt ein tägliches Problem, Autofahrer dächten nicht immer daran.

Die Sprecherin der Klima-Protestgruppe „Letzte Generation“, Carla Hinrichs, sagte, die Gruppe hoffe inständig, dass sich der Gesundheitszustand der Frau durch die Verspätung des Feuerwehr-Spezialwagens nicht verschlimmert habe.

Mitglied Lars Werner erklärte am Dienstag auf Anfrage: „Wir werden weiterhin, wie bisher, mit größtmöglicher Sorgfalt darauf achten, dass durch uns keine Rettungseinsätze und Notärzte blockiert werden.

Die Verfahren laufen nach rechtsstaatlichen Kriterien, die es auch bei aufgeheizten Debatten zu beachten und zu schützen gilt.

Lena Kreck, Justizsenatorin

Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) sprach sich erneut gegen eine Einmischung in die Ermittlungen aus: „Die Verfahren laufen nach rechtsstaatlichen Kriterien, die es auch bei aufgeheizten Debatten zu beachten und zu schützen gilt“, erklärte Kreck am Dienstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Zugleich teilte Kreck mit, dass Menschenleben durch Blockaden nicht gefährdet werden dürfen, dafür müssten die Klima-Aktivisten „bei ihren Aktionen sorgen“.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat inzwischen rund 730 Verfahren (Stand 25.10.) zu den anhaltenden Aktionen von Klimademonstranten auf den Tisch bekommen. Das teilte die Justizverwaltung auf Anfrage mit. Vielfach seien Fälle verbunden worden, weil eine Person an mehreren Aktionen beteiligt gewesen sei. Offen sind nach den Angaben derzeit 139 Fälle. Bisher gab es einige Verurteilungen von Demonstranten zu kleineren Geldstrafen wegen Nötigung.

In die Debatte über eine verzögerte Rettung nach dem Unfall in Berlin hatte sich am Montag auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eingemischt. Er appellierte an die Klimaaktivisten, ihre Aktionen dürften nicht zur Gefährdung anderer beitragen. „Ich glaube, dass wir kritische Haltung, kritischen Protest, akzeptieren müssen. Dass die Aktionen jetzt nicht auf sehr weitreichenden Beifall gestoßen sind, ist auch offensichtlich“, sagte Scholz.

Aktivistin Luisa Neubauer kritisiert Bundeskanzler Scholz für seinen Appell an die Straßenblockierer

Klima-Aktivistin Luisa Neubauer hat am Dienstag ihr Bedauern über das verspätete Eintreffen eines Rettungsfahrzeugs im Zusammenhang mit Klima-Protesten ausgedrückt. „Quer durch die deutsche Klimabewegung stehen wir für Klima-Aktivismus, der Menschen nicht gefährdet“, sagte Neubauer am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. „Der Vorfall in Berlin macht mich sehr traurig.“

Die Legitimation von Protestaktionen stehe und falle damit, „dass Menschen nicht in Gefahr gebracht werden“, betonte die Aktivistin der Organisation Fridays for Future. Brenzlige Situationen wie die Bildung einer Rettungsgasse würden bei allen Aktionen ihrer Organisation eingeplant, erklärte sie weiter.

Solange die Regierung gerechten Klimaschutz blockiert, wird es in der Gesellschaft immer mehr Spaltung geben.

Luisa Neubauer, Klima-Aktivistin der Organisation Fridays for Future

Neubauer betonte, sie befürchte, dass es auch in Zukunft zu kritischen Momenten kommen könnte, „solange der Konflikt hinter den Protesten nicht befriedet“ werde. „Solange die Regierung gerechten Klimaschutz blockiert, wird es in der Gesellschaft immer mehr Spaltung geben. Und wenn die großen Fragen zur Klimakrise nicht im Parlament und Kabinett beantwortet werden, werden diese Fragen zunehmend auf den Straßen ausgetragen.“

An Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seinem Appell an die Klima-Aktivisten, bei ihren politischen Aktionen keine Menschen zu gefährden, übte Neubauer heftige Kritik. Die Aussagen des Kanzlers seien „zynisch“, erklärte sie.

Es sei schließlich der Kanzler „höchstpersönlich, der durch seine Blockade von schnellem Klimaschutz in großem Ausmaß zur indirekten Gefährdung von Menschen beiträgt“. Der Klima-Protest der Organisation Fridays for Future, deren prominenteste Vertretern Neubauer ist, gilt im Vergleich zu den Aktionen der „Letzten Generation“ als eher moderat.

Der Berliner Senat will „ganz klar Haltung beziehen“

Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey übte am Dienstag deutliche Kritik. „Wir haben uns im Senat darauf verständigt, dass wir ganz klar hier eine Haltung beziehen, die sagt: Die Form dieses Protestes, die zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führt, ist unangemessen“, sagte die SPD-Politikerin nach einer Senatssitzung. „Und wir verurteilen dieses Verhalten.“

Das Thema sei im Senat sehr ausführlich besprochen worden. Der Senat habe sich auf die gemeinsame Haltung verständigt, dass Polizei und Gerichtsbarkeit aufklären müssten, wie weit die Straßenblockaden mit eine Schuld daran tragen, dass Rettungsfahrzeuge nicht oder zu spät durchkommen konnten, ergänzte Giffey. 

Bereits seit etwa Februar sei eine verstärkte Zunahme von Straßenblockaden zu beobachten. „Es sind bisher über 130.000 Einsatzstunden der Polizei geleistet worden. Und das gestrige Rettungsfahrzeug, das nicht durchgekommen ist, war nicht das erste, sondern es ist das 18. gewesen.“ Bei den Straßenblockaden sei es zu Straftaten wie Nötigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gekommen.

„Wir sind sehr einig, dass Polizei und Strafgerichtsbarkeit hier auch konsequent vorgehen werden. Noch nicht alle Verfahren seien abgeschlossen, die Mühlen des Rechtsstaates würden aber sehr gründlich mahlen, sagte Giffey. Diejenigen, die Straftaten begingen, würden auch zur Verantwortung gezogen. „Da ist der Senat sich sehr einig.“ 

Die Klimaschutz-Protestgruppe „Letzte Generation“ hat zuletzt fast täglich mit Blockaden für erhebliche Behinderungen auf Berliner Straßen gesorgt. Am Dienstagmorgen waren der Polizei zunächst keine Aktionen bekannt. Vor gut einer Woche hatten Aktivisten im Potsdamer Museum Barberini ein mehr als 100 Millionen Euro teures Gemälde mit Kartoffelbrei beworfen. Beschädigt wurde das Kunstwerk nicht, da es von einer Glasschicht geschützt war. (dpa)

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