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Eine Frau hält ihre Hand schützend ihr Gesicht.

© Getty Images

„Besserer Schutz und spezialisierte Hilfsangebote“: 2022 wurden sechs Frauen in Berlin durch Partner oder Ex-Partner getötet

Insgesamt wurden 15 Frauen im Vorjahr Opfer von Mord und Totschlag. Im Herbst will der Senat einen Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen beschließen.

Tödliche Gewalt an Frauen bleibt in Berlin ein Problem. Das zeigen Zahlen, die der Tagesspiegel bei der Innen- und Gleichstellungsverwaltung erfragt hat. Im Jahr 2022 wurden in Berlin 15 Frauen getötet. In sechs der Fälle habe dabei eine Täter-Opfer-Beziehung aus einer bestehenden oder ehemaligen Partnerschaft bestanden. Insgesamt gab es 2022 laut Kriminalstatistik 38 Personen, die in Berlin getötet wurden.

Im ersten Halbjahr 2023 waren vier erwachsene Frauen Opfer von Mord und Totschlag. In keinem dieser Fälle habe eine Vorbeziehung aus einer bestehenden oder ehemaligen Partnerschaft bestanden, hieß es.

Zum Vergleich: 2021 wurden in Berlin 16 erwachsene Frauen getötet, bei zwei davon war der Täter ein aktueller oder ehemaliger Partner. 2020 wurden 17 Frauen Opfer von Mord und Totschlag, in sieben dieser Fälle gab es eine Täter-Opfer-Beziehung aus einer bestehenden oder ehemaligen Partnerschaft.

Istanbul-Konvention seit 2018 in Berlin in Kraft

„Die alarmierenden Fallzahlen von Gewalt gegen Frauen zeigen, dass wir besseren Schutz und spezialisierte Hilfsangebote in diesem Bereich brauchen“, sagte Gleichstellungssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) dem Tagesspiegel dazu. Dafür habe der Senat im kommenden Doppelhaushalt Vorsorge getroffen und die Mittel für die weitere Umsetzung der Istanbul-Konvention erheblich gestärkt. „Ich werde mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die Ziele und Verpflichtungen der Konvention auch in Berlin erreicht werden“, sagte Kiziltepe.

Die Istanbul-Konvention ist das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Seit 2018 ist die Konvention auch in Berlin in Kraft. Fachpolitiker und Experten mahnen aber immer wieder, dass die darin festgeschriebenen Regeln noch nicht genügend umgesetzt seien. Kiziltepe kündigte an, dass in Kürze der Berliner Landesaktionsplan verabschiedet und dann auch mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen begonnen werde.

Bereits im August 2022 hatte der damals rot-grün-rote Senat ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Verhinderung von Gewalt an Frauen verabschiedet, mit besonderem Fokus auf dem Schutz vor häuslicher Gewalt. Viele der damals beschlossenen Maßnahmen – wie etwa die Überprüfung der Handlungsabläufe verschiedener Behörden im Umgang mit gefährdeten Personen oder die Schulung von Mitarbeitenden zu geschlechtsspezifischer Gewalt – wurden bislang offenbar noch nicht umgesetzt. Entsprechende Fragen dazu an die Verwaltung wurden nicht beantwortet.

Nach Informationen aus Kiziltepes Haus soll der Landesaktionsplan dazu in diesem Herbst vom Senat beschlossen und anschließend veröffentlicht werden. Die fünf Fachgruppen, die für die Erstellung ins Leben gerufen wurden und an denen auch die Zivilgesellschaft beteiligt war, haben laut Senatsverwaltung ihre Arbeit inzwischen beendet.

Senat will Landesaktionsplan im Herbst beschließen

Eine Maßnahme, die vergangenes Jahr vom Senat beschlossen wurde und die bereits umgesetzt wird, sind behördenübergreifende Fallkonferenzen unter Führung der Polizei. Bei diesen Konferenzen beraten die Sicherheitsbehörden etwa mit Familiengerichten, Jugendämtern und den Staatsanwaltschaften, wie in dem Fall einer konkreten Gefährdung vorgegangen werden kann – etwa, wenn eine Frau von einem Ex-Partner bedroht wird.

Innen- und Gleichstellungsverwaltung bestätigen, dass solche Fallkonferenzen bereits stattfinden. Wie viele es bereits gegeben hat, konnte die Innenverwaltung allerdings nicht sagen. Eine entsprechende Statistik gebe es nicht, sagte ein Sprecher.

Achtes Frauenhaus soll „in Kürze“ eröffnen

Die Gleichstellungsverwaltung teilte mit, dass „in Kürze“ das achte Berliner Frauenhaus eröffnet wird. Zeitgleich soll dort auch eine Clearingstelle eingerichtet werden, die Frauen an geeignete Hilfseinrichtungen vermittelt.

Laut Istanbul-Konvention muss das Ziel der Politik sein, Maßnahmen zur Förderung und zum Schutz des Rechts jeder Person, insbesondere Frauen, durchzusetzen, sodass diese „sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich frei von Gewalt“ leben können. Zuletzt hatte in Berlin ein besonders brutaler Fall von Gewalt Aufsehen erregt: Am vergangenen Mittwoch war bekannt geworden, dass eine Gruppe von Männern am 21. Juni eine Frau im Görlitzer Park vergewaltigt haben soll.

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