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Überlastete Kliniken müssen Patienten verlegen. Hier bringt ein Hubschrauber einen Covid-19-Patienten ins niedersächsische Hildesheim.

© Julian Stratenschulte/dpa

Dramatische Lage auf Intensivstationen: Berlins Kassenärzte-Chef warnt vor nie dagewesener Triage-Situation

„Zeit der Appelle zu Ende“: Burkhard Ruppert fordert Lockdown für Ungeimpfte. Ärzte könnten bald vor Entscheidungen wie nie „nach dem Zweiten Weltkrieg“ stehen.

Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung in Berlin, Burkhard Ruppert, befürchtet eine Triage-Lage an den Kliniken, sollte die Politik nicht umgehend härtere Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wie einen Lockdown für Ungeimpfte beschließen. Triage bedeutet, dass Mediziner aufgrund von knappen Ressourcen entscheiden müssen, welchen Patienten sie zuerst helfen.

„Wir müssen jetzt reagieren, weil wir sonst in zwei, drei Wochen das ernten, was wir jetzt säen“, sagte Ruppert der Zeitung „nd.DieWoche“. „Bei den hohen Infektionszahlen werden uns die Intensivabteilungen um die Ohren fliegen. Wir werden in eine Triage-Situation kommen, wie wir sie noch nie in Deutschland erlebt haben nach dem Zweiten Weltkrieg.“

Ruppert weiter: „Wir werden an den Punkt kommen, an dem man überlegen muss, gebe ich das letzte Bett jetzt dem 75-Jährigen, der dreimal oder zweimal geimpft wurde und trotzdem noch mal erkrankt ist. Oder gebe ich es dem 25-Jährigen, der sich um nichts gekümmert hat. Das ist kein Generationskonflikt, das ist ein Konflikt zwischen Geimpften und Ungeimpften, zwischen Solidargemeinschaft und nicht solidarisch sich Verhaltenden.“

Eine Akutmaßnahme zur Eindämmung der Pandemie sei ein Lockdown für Ungeimpfte, sagte Ruppert. „Und zwar ein ernsthafter Lockdown. Mit allen Konsequenzen für diese Gruppe.“ Er wiederholte auch seine Forderung nach einer allgemeinen Impfpflicht und einer Kostenbeteiligung für Ungeimpfte, sofern sie erkranken und aufgrund einer Corona-Infektion in einer Klinik behandelt werden müssen.

„Damit wollen wir der Bevölkerung klarmachen, dass jetzt Schluss ist mit lustig. Es ist vorbei. Die Zeit der Appelle ist zu Ende“, sagte Ruppert. Eine höhere Impfquote sei nötig, mit der aktuellen von 68, 69 Prozent sei einfach keine Veränderung der Situation zu erreichen. „Wir müssen - Minimum - 85, 90 Prozent impfen.“

69 Prozent der Berliner vollständig geimpft

Die Inzidenz in Berlin liegt aktuell bei 357. Seit dem vergangenen Freitag ist sie nur noch leicht angestiegen, da betrug sie 346. Zu Monatsbeginn war sie aber mit 140 weitaus niedriger. Aktuell sind 197 Covid-19-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung. Diese Zahl hat auch jüngst noch stark zugenommen: Vergangenen Freitag waren es 169 Betroffene, am 1. November 120.

[Lesen Sie mehr bei Tagesspiegel Plus: Für Grundimmunisierung oder Booster: Hier gibt es Impfungen ohne Termin in Berlin]

68,9 Prozent der Berlinerinnen und Berliner sind nach dem Lagebericht der Gesundheitsverwaltung vollständig geimpft, also in der Regel zweimal, bei dem Mittel von Johnson&Johnson einmal. 71,3 Prozent haben mindestens eine Impfung erhalten.

Auch wenn die Nachfrage nach Impfungen zuletzt gestiegen ist, ist der Impffortschritt nur vergleichsweise langsam: Zu Monatsbeginn hatten 66,7 Prozent der Berlinerinnen und Berliner den vollen Impfschutz. Mehr als 400.000 Menschen haben inzwischen eine Booster-Impfung erhalten. (Tsp, dpa)

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