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02.02.2018, Berlin: Stephanie Rosenthal, Direktorin vom Martin-Gropius-Bau, sitzt im Lichthof der Einrichtung. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa ++

© Jens Kalaene/dpa

Interview mit Stephanie Rosenthal: „Meine Aufgabe ist das Dazwischen“

Seit 2018 leitete Stephanie Rosenthal den Gropius Bau. Nun verlässt sie Berlin in Richtung Abu Dhabi. Ein Gespräch über programmatisches Kuratieren, Diversität und kommende Aufgaben.

Frau Rosenthal, warum verlassen Sie den Gropius Bau bereits nach fünf Jahren?
Ich habe schnell erreicht, was ich mir zum Ziel gesetzt hatte. Bereits Ende 2019 waren wir erstaunt, wieviel wir von dem geschafft hatten, was wir uns vorgenommen hatten: eine neue Gastronomie, ein neuer Buchladen, das Hausticket, die Öffnung und Bespielung des Lichthofs für alle, eine Erweiterung des Publikums, ein diskursives Programm. Da stellt sich für mich die Frage, wie die weitere Entwicklung aussehen kann, wenn sich nicht die strukturellen Grundvoraussetzungen ändern lassen.

Woran genau hat es gehakt?
Der Gropius Bau braucht für die weitere Entwicklung eine Stärkung – sowohl budgetär als auch personell, um den von mir eingeschlagenen Weg auch in Zukunft fortzuschreiben. Institutionen wie der Gropius Bau können diese herausragende Leistung nur erbringen, wenn sie anders aufgestellt werden. Die engagierte Arbeit der Mitarbeiter*innen muss unterstützt werden durch zusätzlichen personellen Ausbau.

In Ihre Amtszeit fielen Lockdowns und Corona-Einschränkungen. Konnten Sie trotzdem Ihre Pläne umsetzen?
Ich wollte immer ein Programm für ein breites Publikum machen. Gerade der Austausch zwischen dem breiten und spezifizierten Publikum ist wichtig, ansonsten spricht man nur zu seinen eigenen Leuten. Obwohl wir die Yayoi-Kusama-Ausstellung um fünf Monate verschieben mussten, war sie ein Erfolg.

Es ist schön, Künstler:innen zu unterstützen, die nicht nur im Westen präsent sind.

Stephanie Rosenthal, Kuratorin

Was werden Sie vermissen?
Das Berliner Publikum ist das beste und ein entscheidender Grund, warum mir das Weggehen schwerfällt. Ein solches Publikum hatte ich weder in London noch in München und werde es auch in Abu Dhabi nicht haben. Das Berliner Publikum ist für eine Ausstellungsmacherin ein Traum, weil es sich Zeit nimmt, kritisch ist und generationsübergreifend. Berlin ist ein Geschenk für jemanden, der Ausstellungen macht.

Sie haben die Gebäude, an denen Sie als Kuratorin arbeiten, als Ihre Tanzpartner*innen bezeichnet. Auf welchen Tanz lassen Sie sich nun mit Abu Dhabi ein?
Ich lerne gerne dazu – und das tut man, wenn man sich in Räume begibt, in denen man nicht weiß, was kommt. Ich denke, ich werde Gutes beitragen können. Aber wie sich das entfaltet, weiß ich noch nicht. Auch wenn ich nicht die Institution meiner Träume für das 21. Jahrhundert aufbauen kann, denn Frank Gehrys Bau ist bombastisch, so wird es doch ein enges Gespräch mit dem Gebäude geben.

Ich treffe viele Menschen, die kein Verständnis für unsere Documenta-Sicht haben.

Stephanie Rosenthal, Kuratorin

Was nehmen Sie als Berliner Erkenntnis an Ihren neuen Arbeitsplatz mit?
Gelebte Diversität, die vielen Sprachen, Perspektiven und wie bereichernd es ist, mit unterschiedlichen Menschen zusammenzuarbeiten. Ich gehe nach Abu Dhabi nicht als deutsche Kuratorin, die in London war und sagt, wo es langgeht, sondern ich arbeite in einer Community aus Denker:innen. Die deutsche und die dortige Bürokratie ähneln sich. Ich werde also nicht verzweifeln, wenn es bürokratische Prozesse gibt, sondern mich an meine letzten fünf Jahre erinnern, in denen ich mich auf den unterschiedlichen Ebenen durchkämpfen musste.

In dieser Zeit hat sich in der Berliner Kunstszene einiges getan, auch durch Personalwechsel. Wie schätzen Sie die Veränderungen ein?
Für den Hamburger Bahnhof habe ich große Hoffnung. Sam Bardaouil und Till Fellrath bringen einen neuen Blick mit, weil sie in dieser Position noch nicht so festgefahren sind. Und Klaus Biesenbach bringt mit seinen Erfahrungen aus Amerika in der Nationalgalerie neuen Wind rein. Mit dem Museum des 20. Jahrhunderts wird sich einiges verschieben. Ansonsten ändern sich die Dinge in Berlin nicht allzu schnell, das hat Gutes und Schlechtes. Dafür hat die Pandemie das Nachdenken über Klimawandel und Ressourcen beschleunigt, das Wissen um die Verletzlichkeit unserer Gesellschaft – auch durch das Naherücken des Krieges. Man weiß, dass es keine Sicherheit gibt, auch für die Institutionen.

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