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Baustelle am Molkenmarkt.

© Tagesspiegel/Kevin P. Hoffmann

Update

Keine bezahlbaren Wohnungen am Berliner Molkenmarkt?: Die Ausschreibung lässt dafür wenig Spielraum

Ein Handbuch soll die Gestaltung des neuen Stadtquartiers festlegen. Die Festlegungen könnten jedoch kostengünstigem Bauen entgegenstehen.

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Diese Ausschreibung könnte das Aus für die angekündigten bezahlbaren Wohnungen am Molkenmarkt sein: Es geht um die Erarbeitung eines „Gestaltungshandbuchs“ für das neue Viertel. Auftraggeber ist die Stadtentwicklungsverwaltung.

Das Handbuch soll laut Ausschreibung „gestaltungsbezogene Anforderungen“ für das neue Quartier definieren und so die Architekturwettbewerbe vorbereiten. Ziel sei es, „gestalterisch eine kleinteilig und qualitativ hochwertig wirkende Bebauung zu erreichen“, unter anderem durch detaillierte Vorgaben zu Fassadengliederung und -gestaltung bis hin zu Materialität und Farbgebung.

Konflikt zwischen Senator und Senatsbaudirektorin

Für die Architekturwettbewerbe dürften danach nur wenig Spielräume bleiben, denn allzu detaillierte Vorgaben könnten gerade eher unkonventionelle Lösungen verhindern. Diese dürften aber nötig sein, um die anspruchsvolle Aufgabe zu bewältigen, „die Errichtung von bezahlbarem Wohnraum“ und „eine nachhaltige und gute Architektur“ zu vereinen. Beide Ziele stehen im Koalitionsvertrag.

Bausenator Christian Gaebler (SPD) hat immer wieder betont, dass bezahlbares Wohnen beim Molkenmarkt im Vordergrund stehen müsse; anders als Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt, deren Interesse eher einer kleinteiligen, historisch anmutenden Bebauung gilt. Die Ausschreibung könnte man in diesem Konflikt als Niederlage Gaeblers lesen.

Nicht nötig: Erfahrung mit bezahlbarem Wohnungsbau

Zwar steht darin auch, dass die Grundstücke „durch landeseigene Wohnungsbaugesellschaften gemeinnützig bebaut“ werden sollen. Die Worte „bezahlbar“ oder „kostengünstig“ finden sich allerdings nirgendwo im Text. Dazu passt, dass Bewerber keine Referenz für Erfahrung mit bezahlbarem Wohnen vorlegen müssen oder für kostengünstige Bauten mit gleichzeitig hoher architektonischer Qualität. Die Erfahrung mit der „Integration / Berücksichtigung historischer Bezüge bei Neubau“ muss hingegen belegt werden.

Martin Pallgen, Sprecher der Stadtentwicklungsverwaltung, sieht in der Sorge, durch das Gestaltungshandbuch könne kostengünstiger Wohnungsbau erschwert bis verhindert werden, „eine weitere abstruse Geisterdebatte über den Molkenmarkt“, die jeder faktischen Grundlage entbehre: „Es gibt einen vom Senat von Berlin beschlossenen Rahmenplan, der eindeutig das Ziel „bezahlbarer Wohnraum“ festlegt. Dem haben alle weiteren Schritte zu folgen.“

Rückfragen, weshalb dann keine Referenzen für bezahlbaren Wohnraum von den Bewerbern eingereicht werden müssen und durch welche Maßnahmen der Senat sicherstellt, dass die Errichtung von bezahlbarem Wohnungsbau trotz detaillierter Gestaltungsfestlegungen wirtschaftlich möglich bleibt, beantwortet er allerdings nicht.

Ins Handbuch sollen auch die Ergebnisse von drei Studien einfließen. Diejenige zur Archäologie hatte vergangene Woche Irritationen hervorgerufen: Sie war an ein Büro vergeben worden, das bereits wiederholt Vorschläge für historisierenden Städtebau am Molkenmarkt und seiner Umgebung gemacht hatte. Tagesspiegel-Nachfragen beim Auftraggeber der Studie, der landeseigenen Wohnbaugesellschaft WBM, haben nun ergeben, dass auch Altstadt-Aktivist Benedikt Goebel an der Studie mitgewirkt hat. Er hatte im Sommer einen Vortrag gehalten und dabei die „Renaissance der Berliner Mitte durch die Reichen & Schönen“ gefordert.

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