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Birgit Malsack-Winkemann, Richterin und frühere Bundestagsabgeordnete der AfD.

© picture alliance/dpa

Update

Berliner Richterin, Sportschützin, Esoterik-Fan: Wer ist Birgit Malsack-Winkemann, die militante Umstürzlerin von der AfD?

Birgit Malsack-Winkemann durfte nach ihrer Zeit im Bundestag wieder ans Landgericht zurück. Wer ist die Frau, die Justizministerin in einem neuen Reich werden wollte?

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Am Landgericht Berlin war sie seit März wieder Richterin an der für Baurecht zuständigen Kammer 19A. In ihrer Freizeit soll Birgit Malsack-Winkemann, die von 2017 bis 2021 Abgeordnete für die AfD im Bundestag war, mit anderen den Umsturz geplant haben.

Am Montagmorgen rückten Spezialeinheiten der Polizei bei der 58-Jährigen im Villenviertel in Wannsee an und nahmen sie fest – wie 24 weitere Personen aus der Reichsbürgerszene bundesweit. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen die Bildung einer terroristischen Vereinigung vor. 3000 Beamte durchsuchten in elf Bundesländern Dutzende Wohnungen, Büros und Lagerräume.

Die Richterin aus Berlin soll an den Umsturzplänen der Gruppe beteiligt gewesen sein. In der Zeit nach dem Umsturz, so war es vorgesehen, sollte Malsack-Winkemann Justizministerin werden. Für die Ermittler ist sie eine zentrale Figur in der Umsturztruppe: Sie soll zu einem baldigen Schlag geraten haben, die Behörden wollten das verhindern.

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Seit November 2021 liefen die Umsturzpläne

Die Ermittler glauben, dass die Richterin ihre Mitstreiter mit ihren Ortskenntnissen des Reichstagsgebäudes versorgt haben könnte. Geplant haben soll die Gruppe einen bewaffneten Angriff auf den Bundestag, Politiker sollten festgenommen werden. Malsack-Winkemann soll als Sportschützin mehrere Waffen besitzen.

In Hoppegarten traten der Rechtsextremist Jens Maier (r.), Alexander Gauland und Birgit Malsack-Winkemann gemeinsam auf.

© AfD-Landesgruppe Brandenburg im Bundestag

Namhafte Richter sprechen von einem Super-GAU für die Berliner Justiz. Malsack-Winkemann gilt selbst unter überaus toleranten Richtern als verschroben. Parteifreunde beschreiben sie als Anhängerin von Verschwörungstheorien mit Hang zur Esoterik. Malsack-Winkemann wurde in Darmstadt geboren, machte ihr Abitur am Gymnasium Karlsbad in Baden-Württemberg, studierte Jura in Heidelberg und in Stuttgart, seit 1993 war sie Richterin in Berlin.

Wäre es nach Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) gegangen, wäre Malsack-Winkemann keine Richterin mehr. Nach der Zeit im Bundestag hatte sie ein Anrecht auf die Rückkehr ans Gericht. Kreck ließ den Fall ausgiebig prüfen. Noch im März hieß es, die Wiedereinsetzung Malsack-Winkemanns als Richterin habe sich unter den gegebenen Bedingungen nicht verhindern lassen. Die rechtlichen Mittel seien in Berlin sehr begrenzt.

Auf politischen Druck hin startete Kreck dann einen neuen Versuch, die Richterin loszuwerden – und scheiterte. Malsack-Winkemann habe im Bundestag wiederholt und öffentlich Flüchtlinge „ausgegrenzt und wegen ihrer Herkunft herabgesetzt“ und sich in Debatten und im Internet „mit konstruierten, offensichtlich falschen Behauptungen zu Flüchtlingen geäußert“, argumentierte die Justizverwaltung.

Wir werden alle Instrumente ausschöpfen, um die Beschuldigte vollständig aus dem Richterdienst zu entfernen.

Justizsenatorin Lena Kreck (Linke)

Doch das Richterdienstgericht wies im Oktober Krecks Antrag zurück, Malsack-Winkemann vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen. Tenor: Die Justizverwaltung habe nicht ansatzweise dargelegt, dass die Richterin nicht jederzeit auf dem Boden des Grundgesetzes steht. Was die Richterin als Abgeordnete im Bundestag zu Corona und Migration gesagt habe, dürfe nicht herangezogen werden. Vor Gericht hieß es auch, dass dem Verfassungsschutz nichts bekannt sei, was auf eine Feindschaft zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung schließen lasse.

Nun zeigt sich: Kreck hatte wohl doch recht. Malsack-Winkemann sei eine „hochgefährliche Person“. Doch von den Vorwürfen und Umsturzplänen wusste Kreck nach eigenen Angaben bis zum Mittwochmorgen nichts. Dabei waren auch Berliner Ermittler direkt an der Vorbereitung der Razzia beteiligt. Im Sommer meldete Berlin den Verdacht auf eine „verfassungsfeindliche Gruppierung“ an die Bundesbehörden. Und bereits seit November 2021, also bevor Malsack-Winkemann wieder Richterin wurde, liefen die Umsturzpläne.

Das Landgericht änderte noch am Mittwoch per Eilverfügung seinen Geschäftsverteilungsplan. Sie ist damit nicht mehr Richterin in ihrer bisherigen Kammer und auch nicht mehr an aktuellen Entscheidungen beteiligt.

Sie wollte „für unser Land kämpfen“

„Es ist ganz normal, dass verdeckte Ermittlungen laufen müssen, erst dann kann man entsprechende Erfolge erzielen“, sagte Kreck. Gegen die Entscheidung des Dienstgerichts wäre sie ohnehin in Berufung gegangen, mit den neuen Erkenntnissen hofft Kreck, dass Malsack-Winkemann nicht mehr als Richterin arbeiten darf und ihr auch das Ruhegehalt gestrichen wird. „Wir werden alle Instrumente ausschöpfen, um die Beschuldigte vollständig aus dem Richterdienst zu entfernen“, sagte Kreck.

Birgit Malsack-Winkemann im Bundestag.

© picture alliance/dpa

Im März 2017, bei der Kandidatenaufstellung für die Bundestagswahl, warb Malsack-Winkemann mit der Forderung nach geschlossenen Grenzen für sich und kündigte an, „für unser Land kämpfen“ zu wollen. Sie nahm auch an mehreren Treffen von Politikern des inzwischen offiziell aufgelösten rechtsextremen Flügels der AfD teil.

Im Berliner Landesverband galt sie als Außenseiterin, sie sei zuletzt auch auf keiner Ebene mehr aktiv gewesen, wie es aus Parteikreisen heißt. Malsack-Winkemann war nach der Wahl 2021 von der AfD auch als Bezirksstadträtin in Marzahn-Hellersdorf vorgesehen, sie zog die Kandidatur aber „aus persönlichen Gründen“ zurück.

„Der gegen Frau Malsack-Winkemann erhobene Verdacht wiegt schwer“, sagte Landespartei- und Fraktionschefin Kristin Brinker. „Jetzt müssen wir abwarten, ob er den weiteren Ermittlungen standhält oder ob er zu Unrecht erhoben wurde. Bis dahin verbietet sich jeder Kommentar.“ Bestätigt sich der Verdacht jedoch, soll – so heißt es – ein Parteiausschlussverfahren gestartet werden.

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