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Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD).

© dpa

Berliner Haushaltsentwurf für 2020/21: Rot-Rot-Grün ist in Spendierlaune

4,8 Milliarden Euro öffentliche Investitionen, Geld für Grundstücke und Soziales, ein Polster für schlechtere Zeiten - der Senat steckt sich große Ziele.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wenn der Senat am Dienstag den Haushaltsentwurf für 2020 und 2021 beschließt, stehen vier dicke Leitzordner auf dem Tisch. Rund 3000 Seiten umfasst das Zahlenwerk, das die öffentlichen Einnahmen und Ausgaben für den Rest der Wahlperiode enthält. Außerdem wird das Kabinett ein Landesgesetz für die Schuldenbremse absegnen, die ab 1. Januar 2020 bundesweit greift. Sie verpflichtet Bund und Länder zu „strukturell ausgeglichenen“ Haushalten. Einfach gesagt: Die öffentliche Hand darf nur noch in schlechten wirtschaftlichen Zeiten Kredite aufnehmen, die im Konjunkturaufschwung zurückgezahlt werden müssen.

Gut für Berlin ist der reformierte Länderfinanzausgleich, der ab 2020 jedes Jahr etwa 500 Millionen Euro zusätzlich in die Landeskasse spült, hauptsächlich über die Umsatzsteuer. Insgesamt müssen sich die Fachleute in Verwaltung und Parlament an eine kompliziertere Haushaltssystematik gewöhnen, aber die finanzpolitische Leitlinie „Investieren und Konsolidieren“ soll erhalten bleiben. Ob das auch im Wahljahr 2021 funktioniert, wird man sehen.

Im nächsten Jahr können fast 30 Milliarden Euro ausgegeben werden, davon stehen den zwölf Bezirken 7,6 Milliarden Euro zu. Im Folgejahr betragen die Ausgaben rund 31 Milliarden Euro, von denen 7,8 Milliarden Euro an die Bezirke gehen. Trotz schwächelnder Konjunktur und langsamer wachsenden Steuereinnahmen plant Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) für beide Haushaltsjahre bescheidene Überschüsse ein. Aber der nächste Senat muss sich ab 2022 vielleicht mit einer schwarzen Null zufriedengeben.

In einem verwaltungsinternen Rundschreiben fordert die Finanzverwaltung jetzt schon eine „strikte Haushaltsdisziplin“ ein. Die Spielräume werden enger. Das liege vor allem am „sehr dynamischen Anstieg der Personalkosten“. Die bundesweiten Tarifabschlüsse und das Ziel von Rot-Rot-Grün, auch die Beamtenbesoldung bis 2021 an den Durchschnitt der übrigen Bundesländer anzupassen, erhöht die Personal- und Versorgungsausgaben jedes Jahr um eine halbe Milliarde Euro.

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Auch die Sozialausgaben wachsen in den nächsten zwei Jahren kräftig. Zu Buche schlagen beispielsweise das kostenlose Schulessen, das Schülerticket zum Nulltarif und der gebührenfreie Hort. Teuer wird auch die gesetzlich neu geregelte Jugendförderung, die Ausgaben für Kitas, Hilfen zur Erziehung und viele andere Sozialtransfers steigen weiter an. So werden für die Kitabetreuung im nächsten Landeshaushalt fast 2,1 Milliarden Euro eingeplant, für die Erziehungshilfen 620 Millionen Euro.

Ein großer Kostenfaktor ist das Bevölkerungswachstum, das in Berlin doppelt so hoch ist wie im Bundesdurchschnitt. Mehr Kinder, Schüler und Studierende, bessere Verkehrswege und der öffentliche Personennahverkehr, aber auch eine größere Landesverwaltung erfordern höhere Investitionen und Sachausgaben. Zwar wachsen mit der Bevölkerung auch die Steuereinnahmen, aber nicht im selben Maße.

Geld für Investitionen ist da

Die geringsten Sorgen bereiten dem Finanzsenator die öffentlichen Investitionen, für die im nächsten Doppelhaushalt rund 2,3 bzw. 2,5 Milliarden Euro eingeplant sind. Die Investitionsquote sinkt damit wieder auf acht Prozent, im bundesweiten Vergleich steht Berlin damit nicht gut da. Doch im landeseigenen Investitionsfonds Siwana stehen momentan drei Milliarden Euro zur Verfügung, die voraussichtlich noch zehn Jahre reichen. Denn Berlin ist ein schlechter Bauherr. Seit 2012 wurden im Jahresdurchschnitt nur 250 Millionen Euro für den Hoch- und Tiefbau ausgegeben. Der Landesrechnungshof, der dies im neuen Jahresbericht kritisch anmerkt, macht dafür die gut ausgelastete Baubranche und „langwierige Beteiligungsprozesse“ verantwortlich.

Für Investitionen ist also genug Geld in der Kasse, auch für die neue Immobilienpolitik des Senats. Für Wohnungen, Gewerbe, Behörden, Gemeinbedarf und Grünflächen soll eine „strategische Grundstücksreserve“ aufgebaut werden. Darin sind sich die Koalitionspartner SPD, Linke und Grüne einig. Gleiches gilt für die Erneuerung des Wagenparks bei U- und S-Bahn, Bus und Straßenbahn.

Ein Verteilungskampf ist im Herbst trotzdem zu erwarten. Denn ab September wird der Haushaltsentwurf im Abgeordnetenhaus beraten. Mit Blick auf die Wahlen 2021 werden alle drei Fraktionen großen Wert darauf legen, ihr soziales und ökologisches Profil zu schärfen, indem an der einen oder anderen Stelle zusätzlich Geld ausgegeben oder umverteilt wird.

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