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Gefeiert und gehasst. Bezirksbaustadt Florian Schmidt (Grüne) führt einen dezidierten Kampf gegen Gentrifizierung und Mietensteigerungen.

© Jochen Eckel/Imago

Update

Wegen Vorkaufsrecht in Friedrichshain-Kreuzberg: Amtsführung von Baustadtrat Florian Schmidt erneut missbilligt

Die Bezirksverordneten haben den Grünen Florian Schmidt am Mittwoch wegen seines Vorgehens beim Vorkaufsrecht kritisiert. Abwahlanträge haben kaum Chancen.

Die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg (BVV) hat in ihrer Sitzung am Mittwochabend erneut die Amtsführung des Grünen-Baustadtrats Florian Schmidt missbilligt. Darüber hinaus wurden Anträge von SPD, CDU und FDP zur Abwahl Schmidts diskutiert, über die aber noch nicht abgestimmt wurde. Bereits am Dienstagabend einigten sich Mitglieder aller Fraktionen im Ältestenrat darauf, den von der SPD eingebrachten Missbilligungsantrag auf die „Konsensliste“ zu setzen. Die Liste, die eine Vielzahl an Anträgen umfasst, wurde zu Beginn der BVV mehrheitlich angenommen (24 Ja-Stimmen, eine Nein-Stimme, keine Enthaltung). Die Grünen hatten zuvor jedoch gegen die Missbilligung gestimmt.

Hintergrund der Missbilligung sind die Zahlungsverpflichtungen von 270.000 Euro, die dem Bezirk durch die Ausübung von Vorkaufsrechten entstanden sind. Aus dem Anfang Oktober veröffentlichten Bericht des Landesrechnungshofes geht hervor, dass der Bezirk durch den Vorkauf von sechs Miethäusern von Mai bis August 2019 insgesamt ein Haftungsrisiko in Höhe von 27 Millionen Euro einging.

In zwei Fällen konnte der Kaufpreis durch die von Schmidt beauftragte Genossenschaft „Diese eG“ nicht aufgebracht werden. Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt in der Affäre um die "Diese eG" seit Sommer gegen Schmidt wegen des Vorwurfs der Haushaltsuntreue.

Dem Stadtrat wird außerdem vorgeworfen, das Rechtsamt und die Finanzstadträtin Clara Herrmann (Grüne) nicht in seine Entscheidungen einbezogen zu haben. „Schmidt hat ohne Netz und doppelten Boden mit den Geldern des Bezirks spekuliert“, kritisiert der SPD-Fraktionsvorsitzende Sebastian Forck. Der Baustadtrat sei für die Genossenschaft ohne ausreichende finanzielle Prüfung in Vorleistung gegangen.

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Im Gegensatz zur Missbilligung kann die Abwahl des Baustadtrats allerdings nicht in einer Sitzung entschieden werden. Die BVV muss laut Bezirksverwaltungsgesetz zunächst in zwei Sitzungen über die vorzeitige Abberufung diskutieren.

Bei der anschließenden Abstimmung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Abwahl Voraussetzung. „Dieses Quorum ist kaum zu erreichen, solange Schmidts Partei sein Treiben mitträgt“, sagt Forck. Die Grünen nehmen in der BVV mit 20 Sitzen mehr als ein Drittel der Sitze ein. Es müssten also auch Mitglieder der Grünen für die Abwahl stimmen.

Auch die Coronakrise schützt Florian Schmidt

Ein weiterer Punkt, der die Abwahl ausbremst, ist die Pandemie: Seit April tagt die BVV mit einer reduzierten Anzahl an Verordneten. Für eine Abwahl gemäß der Berliner Verfassung ist dieses kleinere Parlament nicht beschlussfähig – auch die Abwesenden müssen ihre Stimme abgeben können.

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Eine mögliche Lösung dafür wäre eine Briefwahl, die in Corona-Zeiten auch schon in Lichtenberg zur Wahl von Kevin Hönicke (SPD) als Stadtrat und stellvertretenden Bürgermeister durchgeführt wurde.

Gegen die Amtsführung von Florian Schmidt (Grüne) wurde bereits im Mai 2019 in der Causa Bergmannstraße eine Missbilligung ausgesprochen. Der Stadtrat hatte einen Beschluss der BVV ignoriert, die Testphase der Begegnungszone Bergmannstraße vorzeitig zu beenden. Konsequenzen hat eine Missbilligung allerdings erst, wenn es zu einer Abwahl kommt.

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