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Betten stehen in einem Raum als Unterkunft für Geflüchtete im Ankunftszentrum Tegel.

© dpa/Carsten Koall

760 neue Plätze ab Sonnabend: Geflüchteten-Unterkunft in Berlin-Tegel wächst – ein Ortsbesuch

Während die Notunterkunft wächst, schwelt im Senat ein Konflikt über das weitere Vorgehen. Das wird auch beim Besuch mit dem aktuellen LAF-Präsidenten deutlich.

Knapp 50 Menschen sitzen im Essensbereich auf den Bierzeltgarnituren von Halle B 2. Vor den meisten stehen schmale Plastikschalen. Was darin ist, kann man auf einem Zettel lesen, der an der Hallenwand angebracht ist. Das Mittagessen an diesem Tag: Paprika-Topf mit Hähnchenwürfeln, dazu Brot. „Das Essen ist ok“, sagt Aiman, der aus Algerien kommt und seit zwei Monaten in Tegel lebt.

Zwei Tische weiter unterhält sich der kommissarische Leiter des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), Sozialstaatssekretär Aziz Bozkurt (SPD), mit einer Gruppe kurdischer Männer aus Syrien und der Türkei.

Halle B2 ist eine der 16 Leichtbauhallen, die bereits um das ehemalige Flughafengebäude in Tegel stehen. Über 4200 Menschen wohnen dort aktuell, davon knapp 3100 ukrainische Geflüchtete und 1142 Asylsuchende aus anderen Regionen der Welt.

Die Kleinstadt braucht einen Bürgermeister, sie braucht auch Dezernenten.

Aziz Bozkurt (SPD), Sozialstaatsekretär und kommissarischer LAF-Präsident

Bis Ende des Jahres sollen 7100 Menschen in Tegel unterkommen. Von einer „Kleinstadt“ spricht Bozkurt mehrfach, der an diesem Oktobertag mit einer Gruppe Journalisten durch die Großunterkunft geht. Und: „Das ist das Größte, was Deutschland jemals in diesem Bereich gemacht hat.“

Wer die Verantwortung für diese Kleinstadt tragen und wie sie am besten organisiert sein sollte, darüber ist im Senat ein Konflikt entbrannt. Die Vorstellung von Integrationsverwaltung und Senatskanzlei gehen dabei weit auseinander – das wird auch am Mittwoch deutlich.

Staatssekretär plädiert für tägliche Planungstreffen

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte Forderungen nach einem Flüchtlingsgipfel wie auch Vorstellungen zu einer zentralen Projektstruktur bei ihm in der Senatskanzlei eine Absage erteilt und auf die eingerichtete Taskforce verwiesen.

Der Staatssekretär und LAF-Präsident macht bei seinem Tegel-Besuch aber deutlich: Es passe nicht mehr, wenn sich die Taskforce jede oder alle zwei Wochen treffe, noch dazu drei Arbeitsebenen bestünden. Stattdessen brauche es eine Gruppe aus allen Häusern, die sich täglich zusammensetze, sagt Bozkurt. Und fügt hinzu: „Die Kleinstadt braucht einen Bürgermeister, sie braucht auch Dezernenten.“

Aziz Bozkurt (SPD), Sozialstaatsekretär und kommissarischer LAF-Präsident, steht in der Empfangshalle auf dem Gelände des Ankunftszentrums Tegel.
Aziz Bozkurt (SPD), Sozialstaatsekretär und kommissarischer LAF-Präsident, steht in der Empfangshalle auf dem Gelände des Ankunftszentrums Tegel.

© dpa/Carsten Koall

Über die Ankündigung Wegners, zeitnah werde eine neue LAF-Leitung präsentiert, ist Bozkurt offenkundig nicht begeistert. „Ich habe gehört, dass da etwas gesagt wurde – ehrlich gesagt erschwert mir das die Arbeit“, sagt er. Denn es gebe einen Personalrat, und wenn der das aus der Öffentlichkeit höre, gebe es erstmal Gesprächsbedarf.

Während der Senat weiter uneins ist, wächst Tegel: Ab Samstag sollen zwei weitere Hallen, die bislang für Freizeitaktivitäten genutzt wurden, für 760 Personen bezugsfertig sein.

Wie viel die „Kleinstadt“ Tegel kostet, will Bozkurt an diesem Mittwoch nicht genau sagen, nur so viel: „Ich könnte jeden Monat ein MUF bauen.“ Die sogenannten modularen Unterkünfte können deutlich schneller gebaut werden als reguläre Häuser, in etwa einem Jahr. In der Vergangenheit betrugen die Kosten pro MUF-Bau zwischen 17 bis 23 Millionen Euro.

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