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Blick auf die Baustelle für das Museum des 20. Jahrhunderts in Berlin.

© IMAGO/Matthias Reichelt

Abgänge aus der Sammlung Marx: Wichtiger Warhol aus dem Hamburger Bahnhof verkauft

Noch vor Eröffnung vom Museum des 20. Jahrhunderts, das auch durch den Druck der Privatsammler entsteht, gibt es erste Verluste im Bestand. Ein beunruhigendes Signal.

Ein Kommentar von Nicola Kuhn

Den Ärger gab es schon einmal in den 1990er Jahren, als Heiner Bastian, der damalige Kurator der Sammlung von Erich Marx, mit der „Sensations“-Ausstellung die Young British Artists in den Hamburger Bahnhof holte und anschließend so manches Werk im Handel landete. Spötter nannten damals das Museum für Gegenwart die größte kommerzielle Galerie der Republik.

Sammlerverkäufe aus Museen hat es seitdem immer wieder gegeben, handelte es sich um Leihgaben - auch bei Dauerleihgaben, für die letztlich eine Bleibefrist von nur mindestens 15 Jahren gilt. Die öffentlichen Häuser mussten erst einmal lernen, ihre Verträge anders zu gestalten, wollten sie nicht als Durchlauferhitzer für den Markt dastehen, sondern klug die Bilder der Privatbesitzer zeigen können, für die sie keinen eigenen Erwerbungsetat besaßen.

Eine heikle Angelegenheit, schließlich stehen unterschiedliche Interessen einander gegenüber. In Berlin verdankt sich der Bau des Museums des 20. Jahrhunderts dem Engagement der Sammler – Erich Marx, Heiner Pietzsch, Egidio Marzona. Sie drohten damit, ihre Sammlungen abzuziehen, wenn kein Erweiterungsbau für die Neue Nationalgalerie käme, der auch ihre Kollektionen zur Geltung bringen würde.

Letztes Leuchten. Lichtinstallation des US-Künstlers Dan Flavin an der Außenfassade des Hamburger Bahnhofs.

© dpa/Joerg Carstensen

Seit dem ersten Spatenstich im Dezember 2019 lässt sich der Baufortschritt am Kulturforum sukzessive beobachten. Manche Planungsänderung ist seitdem über den Entwurf von Herzog & de Meuron hinweggegangen, Erich Marx und Heiner Pietzsch verstarben. Sie haben ihr Vermächtnis untergebracht.

Und doch beschleicht einen Beklommenheit, wie es weitergeht, nicht nur wegen drohender Haushaltssperren und ökologischer Fragwürdigkeiten bei dem eine halbe Milliarde teuren Riesenbau. So haben die Erben von Erich Marx zuletzt unter anderem einen Andy Warhol für einen zweistelligen Millionenbetrag aus dem Bestand verkauft, wie die FAZ meldete: das „Seestück“ der fünfteiligen „Do it yourself“-Serie, das als eines der wichtigsten Werke der Sammlung neben dem „Mao“ gilt.

Sie dürfen das, alles normal, versicherte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz auf Nachfrage. Die rund 200 Werke umfassende Sammlung bleibe langfristig bei den Staatlichen Museen und verliere nichts von ihrem absoluten Spitzenwert. Beruhigend klingt das trotzdem nicht. Das „Berlin modern“, so der neue Name des Museums, ist noch nicht einmal eröffnet, da verzeichnet es bereits erste Verluste, ein fatales Signal.

Und plötzlich liest sich auch die beglückte Mitteilung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz aus dem vergangenen Jahr, in dem sie die Schenkung zentraler Werke aus dem Schaffen von Joseph Beuys verkündete, ganz anders. Die übrigen Werke der Sammlung Marx verbleiben weiterhin als Leihgaben in den Berliner Museen, heißt es darin. Warhol, Twombly, Lichtenstein, Rauschenberg und die anderen sind demnach bewegliche Masse, wäre aus heutiger Sicht die Schlussfolgerung. Nicht viel anders als in den 1990er Jahren. Nur wird für sie jetzt ein neues Museum gebaut.

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