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Ein Tümmler signalisiert einem Fischer.

© Bianca Romeu/Universidade Federal de Santa Catarina

Zusammen fangen sie mehr: Delfine kooperieren mit Fischern in Brasilien

Dass Räuber an der Spitze der Nahrungskette bei der Jagd zusammenarbeiten ist selten. In Brasilien unterstützen Große Tümmler Wurfnetzfischer aber fachkundig und haben auch etwas davon.

Indem sie zusammenarbeiten, fangen Netzfischer in Brasilien mehr Fische und Delfine vermeiden die Gefahr als Beifang zu enden. Ein internationales Forschungsteam berichtet in der Zeitschrift „PNAS“ von diesem seltenen Beispiel für artübergreifende Kooperation zwischen Menschen und Walen.

„Wir wussten, dass die Fischer das Verhalten der Delfine beobachten, um zu bestimmen, wann sie ihre Netze auswerfen“, wird der leitende Forscher Mauricio Cantor vom Marine Mammal Institute der Oregon State University in einer Mitteilung zitiert. Es war allerdings nicht bekannt, ob auch die Tiere der Unterart des Großen Tümmlers Tursiops truncatus gephyreus ihr Verhalten auf das der Fischer abstimmen.

Mithilfe von Video- und Tonaufnahmen mit Drohnen und unter Wasser konnten die Forschenden aber nun feststellen, dass Fischer und Tümmler mehr Fische fangen, wenn sie synchron arbeiten. „Das zeigt, dass es sich um eine für beide Seiten vorteilhafte Interaktion zwischen Menschen und Delfinen handelt“, sagt Cantor.

Auch die Delfine pflegen die Tradition des gemeinsamen Fischfangs.

© Fábio Daura-Jorge, Universidade Federal de Santa Catarina

Die Tümmler treiben die Fische in Richtung des flachen Wassers, drängen sie zusammen und signalisieren mit ihrem Verhalten, wann die Fischer ihre Netze auswerfen sollen. Die Tiere warten unter Wasser ab und passen ihre Klicklaute zur Echoortung an, bis sich die Netze um die Fische schließen.

Die Abstimmung zwischen Delfinen und Fischern erhöht für beide Seiten die Anzahl der gefangenen Fische deutlich, fand das Team heraus. Dies ist einträglich für die Fischer und kommt dem Überleben der Delfine zugute. Delfine, die in diesem Gebiet kooperativ fischen, haben eine um 13 Prozent höhere Überlebensrate, da sie Gebiete meiden, in denen mit anderen Netzen gefischt wird, die auch ihnen gefährlich werden.

Die Forschenden konnten auch zeigen, dass das Verständnis der Fischer für die Kooperation mit ihren Beobachtungen übereinstimmte. Es gibt weltweit mehrere Orte, an denen ähnliche Verhalten von Delfinen beobachtet werden. In der Stadt Laguna an der Südküste Brasiliens gilt das Fischen mit Delfinen als kulturelle Tradition, die seit mehr als 140 Jahren praktiziert wird und über Generationen von Fischern und Delfinen weitergegeben wurde. Die kooperative Fischereibeziehung ist spezifisch für diese Delfinpopulation und kein genetisches Merkmal der Tiere, so Cantor. Die Seltenheit dieser Praxis ist ein Grund dafür, dass sie in Brasilien als kulturelles Erbe eingestuft wird, sagte er.

Prognosemodelle zeigen jedoch, dass die Zukunft der kooperativen Fischerei bedroht sein könnte, wenn die Populationen von Meeräschen – der Fischart, nach der sowohl die Delfine als auch die Menschen suchen – weiter zurückgehen oder künftige Generationen von Fischern das Interesse an der Zusammenarbeit verlieren, weil sie nicht mehr lukrativ ist. „Wir vermuten, dass die Interaktion irgendwann für Delfine oder die Fischer nicht mehr von Interesse sein wird, wenn die Dinge so weiterlaufen wie bisher“, sagt der Co-Autorin Fábio Daura-Jorge.

Die Forschenden schlagen mehrere Erhaltungsmaßnahmen vor, um die Zukunft der Praxis zu sichern. Zunächst sollte versucht werden, die Ursache für den beobachteten Rückgang der Meeräschen zu ermitteln und Maßnahmen zur besseren Bewirtschaftung dieser Art zu ergreifen, wie etwa strenger gegen illegale Fischerei vorzugehen, sagt Daura-Jorge. Um Anreize zur Förderung der traditionellen Praxis zu geben, könnten auch höhere Preise für mit dieser Methode gefangenen Fisch festgesetzt werden.

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