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Der Romanist Winfried Engler.

© promo

Zum Tod des Romanisten Winfried Engler: Enthusiastischer Vermittler

Winfried Engler war ein überaus engagierter Hochschullehrer und eine zentrale Figur im deutsch-französischen Austausch. Jetzt starb der Berliner Romanist im Alter von 82 Jahren.

Winfried Engler, Romanist aus Leidenschaft, war ein großer Leser. Das undogmatische Lesen, die Lektüre und Re-Lektüre betrachtete er als ein intellektuelles Wagnis, das uns mit der Verschiedenheit der Kulturen vertraut macht und Vorurteile abbaut. Fünfzig Jahre lang war der Berliner Romanist als Literaturforscher, Frankreichspezialist und Autor einschlägiger Standardwerke zur französischen Literatur- und Kulturgeschichte aktiv und vermittelte der Romanistik immer wieder neue Impulse.

Im Mittelpunkt seines wissenschaftlichen Werks steht die Theorie und Geschichte der französischen Literatur, insbesondere des Romans seit der Französischen Revolution. Nach dem Studium in Tübingen und Paris und einer ersten Dozentur am Auslands- und Dolmetscherinstitut an der Universität Mainz in Germersheim kam er 1968 nach Berlin, lehrte zunächst an der damaligen Pädagogischen Hochschule und hatte seit 1980 den Lehrstuhl für Französische und Spanische Literaturwissenschaft am Institut für Romanische Philologie der Freien Universität Berlin inne.

Er bildete Generationen von Französischlehrkräften aus

Als geschätzter Kollege teilte Engler großzügig seinen reichen Wissensschatz und als engagierter Hochschullehrer bildete er nicht zuletzt Generationen von Französischlehrerinnen und -lehrern aus. Die Freude darüber, in seinen Vorlesungen die eigene Begeisterung für Frankreichs Literatur und Kultur zu vermitteln, beflügelte ihn bis ins hohe Alter.

Kurz vor seiner Emeritierung im Jahr 2004 legte Engler mit seiner Studie „Die französische Romantik“ – eines seiner schönsten Bücher – eine Bilanz seines Schaffens vor. Darin wird deutlich, welche Fragen ihm wichtig waren, welche Erkenntnisinteressen seiner Erforschung der deutsch-französischen Kulturgeschichte, dem Verhältnis von Literatur und Gesellschaft zugrunde liegen. Aus verschiedenen Perspektiven beleuchtete er beispielsweise das Konkurrenzverhältnis von historischem Roman und Geschichtsschreibung, die literarische Erinnerungskultur oder die Erzählbarkeit von Geschichte.

Engler koordinierte die Städtepartnerschaft Berlin-Paris

Als begnadeter akademischer Lehrer blieb Winfried Engler auch nach seiner Emeritierung der Freien Universität treu. Es war ihm eine Herzensangelegenheit, und das Gleiche gilt für sein außeruniversitäres Engagement, das mit höchsten Ehren ausgezeichnet wurde. Engler war ein enthusiastischer Vermittler deutsch-französischer Kulturbeziehungen und repräsentierte damit eine überzeugende Form der deutsch-französischen Freundschaft. Als ehrenamtlicher Beauftragter des Regierenden Bürgermeisters von Berlin koordinierte er die Städtepartnerschaft Berlin-Paris; vieles konnte er auch als Präsident der Deutsch-Französischen Gesellschaft bewirken, als Mitglied des wissenschaftlichen Beirats bei „Arte“ oder bei Kulturprogrammen im Rahmen des „Weimarer Dreiecks“, eines Gesprächs- und Konsultationsforums Deutschlands, Frankreichs und Polens.

Die Französische Republik ernannte ihn zum Ritter der Ehrenlegion, die Bundesrepublik Deutschland verlieh ihm das Bundesverdienstkreuz und der Regierende Bürgermeister den Verdienstorden des Landes Berlin. Jetzt ist Winfried Engler im Alter von 82 Jahren in Berlin gestorben.

Brunhilde Wehinger

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