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Jumana Alasaad, seit 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Heidelberg, bei der Feldforschung im Irak (2016).

©  Peter Miglus

Wiederaufbau in Syrien: Hoffnung für die Zukunft

221 Studierende haben an deutschen Universitäten das DAAD-Programm "Führungskräfte für Syrien" erfolgreich abgeschlossen.

Schreckliche Nachrichten über Tod und Gewalt beherrschen seit Jahren die Schlagzeilen aus Syrien, Hunderttausende Menschen haben ihr Leben verloren. Doch es gibt einen Funken Hoffnung. 221 syrische Akademiker haben das Programm „Führungskräfte für Syrien“, das im Wintersemester 2015/16 vom DAAD mit Mitteln des Auswärtigen Amtes und des Landes Nordrhein-Westfalen aufgelegt wurde, erfolgreich abgeschlossen. Diese syrischen Studenten wurden aus 5000 Bewerbern ausgewählt und haben nun in Deutschland ihren Master gemacht, die ersten Absolventen haben schon einen Arbeitsplatz gefunden, andere promovieren. „Wir dürfen es nicht zulassen, dass in Syrien eine Generation ohne jegliche Perspektive heranwächst… Die Ausbildung junger Syrerinnen und Syrer hier in Deutschland ist eine Investition in die Zukunft Syriens, wenn dieser schreckliche Konflikt einmal beendet ist“, hatte Außenminister Heiko Maas in einem Statement geschrieben.

Zwei Drittel der Studierenden kamen aus den Ingenieurs- und Naturwissenschaften, ein Drittel aus den Geisteswissenschaften. „Es ist ein Problem, gute Geisteswissenschaftler in den arabischen Ländern zu finden“, sagte dazu Christian Hülshörster, der inhaltlich für das Stipendienprogramm des DAAD verantwortlich ist. „Wir wollten eine gesellschaftliche Elite ausbilden, die einen Beitrag zum Wiederaufbau leistet. Dabei geht es nicht nur um eine technokratische Elite sondern um eine, die Erfahrungen in Good Governance, Demokratie und Zivilgesellschaft mitbringt“. Bei der Auswahl der Stipendiaten habe die wissenschaftliche Exzellenz an erster Stelle gestanden, betonte die nordrhein-westfälische Staatssekretärin für Kultur und Wissenschaft, Annette Storsberg. „Bis zu ihrer möglichen Rückkehr sind diese Syrer qualifizierte Mitarbeiter unserer Gesellschaft.“

Jumana Alasaad (Aleppo) und Mustafa Karahamad (Damaskus) kurz vor der Abschlussfeier zu dem DAAD-Programm "Leadership for Syria".
Jumana Alasaad (Aleppo) und Mustafa Karahamad (Damaskus) kurz vor der Abschlussfeier zu dem DAAD-Programm "Leadership for Syria".

© Rolf Brockschmidt

Jumana Alasaad aus Aleppo ist dieser Schritt gelungen. Seit 2017 ist die Archäologin wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Heidelberg, nachdem sie kurz zuvor dort ihren Master gemacht hatte. „Wer in Aleppo aufgewachsen ist, kann gar nichts anderes tun, als Archäologie zu studieren.“ 2010 hatte sie schon als Assistentin an der Universität Aleppo gearbeitet und im gleichen Jahr ein Stipendium für Deutschland bekommen. Als sie von dem DAAD-Programm hörte, hat sie sich gleich beworben. Sie will auf jeden Fall zurück, wenn es die Situation zulässt. „Ich will in Syrien arbeiten, Fundorte schützen, Objekte zurückbringen, junge Archäologen ausbilden, Bücher übersetzen. Ich will helfen, die Situation zu verbessern.“ Sie habe in Deutschland viel gelernt, auch über Frauenrechte. Neben der wissenschaftlichen Ausbildung gab es auch ein Begleitprogramm der Universität Konstanz, wo Fragen der Demokratie, der Menschenrechte und der guten Regierungsführung diskutiert wurden.

Auch Mustafa Karahamad hat von dem Programm profitiert. Er hat nach einem Studium der Anglistik in Damaskus einen Master in Geschichte und Politik an der Universität Siegen gemacht und ist nun auf Arbeitssuche in Mainz. „Das erste Semester war sehr schwer, denn in Deutschland besteht das Studium vor allem aus Seminaren und der Professor gibt wenig vor. Das war in Damaskus genau umgekehrt. Aber im zweiten Semester habe ich mich dann voll eingebracht“, sagt er. Karahamad sucht eine Arbeit im Bereich Internationale Zusammenarbeit. Zurzeit arbeitet er ehrenamtlich für die arabische Seite des MPC Journals. Auch er würde gerne zurückkehren, allerdings gilt in Syrien die Wehrpflicht bis 45 Jahre und er möchte nicht an einem Bürgerkrieg teilnehmen. Allerdings werde auch dieses Problem in Zukunft eines Tages zu lösen sein.

 Samer Karam steht neben einem Laserscanner. Der gebürtige Syrer aus Aleppo ist Teil des «Leadership for Syria»-Programms. Wenn in Syrien eines Tages Frieden herrscht, will Karam mit Laserscannern er über das zerbombte Palmyra fliegen, um aus den Punktewolken des Scanners 3D-Modelle der zerstörten Kulturschätze zu entwickeln.
Samer Karam steht neben einem Laserscanner. Der gebürtige Syrer aus Aleppo ist Teil des «Leadership for Syria»-Programms. Wenn in Syrien eines Tages Frieden herrscht, will Karam mit Laserscannern er über das zerbombte Palmyra fliegen, um aus den Punktewolken des Scanners 3D-Modelle der zerstörten Kulturschätze zu entwickeln.

© picture alliance / Sina Schuldt/dpa

Wenn in Syrien eines Tages Frieden herrscht, wird Samer Karam dort sein. Mit Laserscannern will er dann über das zerbombte Palmyra fliegen, um aus den Punktewolken des Scanners 3D-Modelle der zerstörten Kulturschätze zu entwickeln. „Ich hoffe, dass dieser Tag bald sein wird“, sagt der 29-Jährige. „Aber vorhersagen kann das wohl niemand.“
Der gebürtige Syrer aus Aleppo hat in Stuttgart einen Master in Geomatics gemacht - einem Fach, das die Forschungsfelder Photogrammetrie, Navigation sowie Luft- und Raumfahrttechnik vereint. Viele seiner Kommilitonen arbeiten danach bei Daimler oder Bosch, um das autonome Fahren voranzubringen. Karam hingegen will sein Heimatland wieder aufbauen. „Das Stipendium basiert auf Vertrauen. Wir tragen eine große Verantwortung“, sagt Karam. Eine möglichst schnelle Rückkehr nach Syrien stand für ihn aber nie außer Frage. „Meine Eltern und viele Kollegen sind noch dort. Die möchte ich unbedingt wiedersehen.“

„Solche Stipendien müssen noch viel stärker ausgebaut worden“, fordert der Wissenschaftler Michael Cramer, der am Stuttgarter Institut für Photogrammetrie lange die Studierenden betreut hat. Sehr qualifiziert und motiviert - so beschreibt Cramer die Stipendiaten, die er selbst erlebte. Der Studiengang Geomatics ist auf internationale Studierende ausgelegt. „Lange hatten wir rund 40 Studenten pro Jahrgang. Jetzt sind es nur noch 20“, sagt Cramer. Das liege auch an den Studiengebühren, die ausländische Studierende in Stuttgart zahlen müssen - anders als zum Beispiel in Berlin oder München.

Der DAAD wird auch nach Beendigung des Programms den Kontakt zu den Stipendiaten halten und ihnen weiter zur Seite stehen, betonte Margret Wintermantel, die Präsidentin des DAAD. Eine wünschenswerte Fortsetzung des Programms müsse bei den nächsten Haushaltsverhandlungen diskutiert werden, sagte Andreas Görgen, Leiter der Abteilung Kultur und Kommunikation im Auswärtigen Amt.

Mit dpa

Weitere Texte zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik finden Sie auf unserer Themenseite.

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