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Kolumne – Wiarda wills wissen

© Tagesspiegel/Nassim Rad/Tagesspiegel

Wiarda will’s wissen: Leichter Beruf mit hohem Gehalt gefällig?

Auf einem Online-Job-Portal wird der Beruf des Hochschullehrers als stressfrei dargestellt. Viele Lehrende werden sich darüber – zurecht – eher ärgern.

Eine Kolumne von Jan-Martin Wiarda

Kennen Sie Kununu? Arbeitnehmer und Bewerber können dort Arbeitgeber bewerten – qualitätsgesichert und transparent, wird versprochen. „Mit über acht Millionen authentischen Erfahrungsberichten zu Arbeitgebern“ greift Kununu nach eigener Darstellung „Zahlen, Fakten und Themen“ auf.

Neulich brachte das Portal zum Beispiel eine Top-Zehn-Liste, Überschrift: „Leichte Berufe mit hohem Gehalt: Das sind Jobs ohne Stress“. Darunter Personal Trainer:in, Museumswärter:in, Verwaltungsfachangestellte:r, Bibliothekar:in und: „Hochschullehrer:in/Dozentin“.

Lesen wir mal rein. „Wenn du ein wissenschaftliches Interesse hast, aber einen stressigen Job in der Wirtschaft scheust, bietet sich ein Job als Hochschullehrer:in beziehungsweise Dozent:in an. Du hast die Möglichkeit, dich auf deine Forschung zu konzentrieren und unterrichtest Student:innen in deinem Fachbereich.

Alles nur Clickbait?

„Wobei sich die Zahl der Stunden, die du unterrichten musst, in Grenzen hält.“ An Universitäten seien planmäßig lediglich acht Stunden pro Woche vorgesehen – „und das nur während der Semester, also zirka sieben Monate pro Jahr“. Vor- und Nachbereitung, Prüfungen, Sprechstunden kämen natürlich noch dazu – „aber dennoch ist Hochschullehrer:in ein leichter Beruf mit hohem Gehalt.“

Man kann sich bei jeder Zeile bildlich vorstellen, wie all jenen, die seit Jahren für bessere Arbeits- und Karrierebedingungen in der Wissenschaft kämpfen und gerade unter dem Chiffre „#IchbinHanna“ die Hochschulpolitik aufmischen, die Hutkrempe hochgeht. Aber Gemach, das ist es gar nicht wert.

Besser man lacht kurz, fragt sich, ob solch ein Clickbait wirklich funktioniert und ob die Seriösität von Kununu sich grundsätzlich auf diesem Level abspielt. Dann allerdings sollte man wieder ernst werden und sich Sorgen machen über die ausgeprägte Unkenntnis und das Anti-Akademikertum, die in solchen Beschreibungen stecken.

Auch wenn Sie (wie ich) bislang nicht zu den Besuchern von Kununu gehörten: Viele, sehr viele Leute lesen so etwas. Über die nächste Stufe, die Verachtung von Wissenschaft, muss man sich dann eigentlich nicht mehr wundern.

Alle „Wiarda will’s wissen“-Kolumnen finden Sie hier.

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