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Satellitenaufnahme des Tropensturms Dorian, der sich im August 2019 auf den US-Bundesstaat Florida zubewegte.

© AFP PHOTO / NOAA/RAMMB/HANDOUT

Weniger Zeichen auf Sturm: Tropische Wirbelstürme könnten wegen Klimawandel seltener werden

Nach verbreiteter Ansicht nehmen Wetterextreme mit dem Klimawandel zu. Eine neue Analyse liefert die komplexe Beurteilung für tropische Wirbelstürme.

Die Zahl der tropischen Wirbelstürme nahm im 20. Jahrhundert im Vergleich zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts um etwa 13 Prozent ab. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, in der Forschende Wetterdaten mit Computersimulationen kombiniert haben.

Die Auflösung der Simulationen sei jedoch nicht groß genug, um Aussagen über die Entwicklung der Intensitäten der Stürme zu treffen, schreiben sie im Fachmagazin „Nature Climate Change“. Erklärt werden könne der Trend mit dem Klimawandel, der insbesondere seit etwa 1950 zutage tritt.

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Ausnahme im Atlantik

Weil es große natürliche Schwankungen bei den Strömungen in den Meeren und in der Atmosphäre gibt, ist es grundsätzlich schwierig, Trends bei tropischen Wirbelstürmen zu erkennen, betonen die Wissenschaftler um Savin Chand von der Federation University in Ballarat, Australien. Deshalb haben frühere Studien je nach Berechnungsmodell entweder eine Tendenz zu mehr oder zu weniger tropischen Wirbelstürmen gezeigt.

Die Sturmwahrscheinlichkeit sollte mit der Erwärmung des Meerwassers an der Oberfläche zunehmen. Scherkräfte durch veränderte Luftströmungen in der Atmosphäre könnten die Bildung der Wirbel jedoch stören.

„Vor dem Beginn der geostationären Wettersatellitenüberwachung in den 1970er Jahren waren historische globale Aufzeichnungen tropischer Wirbelstürme anfälliger für Unterbrechungen und Probleme mit dem Stichprobenverfahren, schreiben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. Sie gelten daher als problematisch für Trendanalysen zum Einfluss des Klimawandels.

Das Team um Chand konzentrierte sich auf den Luftdruck in der Nähe der Meeresoberfläche als einheitliche Messgröße. Mit einem neuen Wirbelsturmerkennungs- und -verfolgungsschema entwickelten die Forschenden einen einheitlichen Datensatz für den Zeitraum 1850 bis 2010, um Trends in mehr als anderthalb Jahrhunderten zu erkennen. So entdeckten sie, dass in vier von sieben tropischen Meeresregionen die Anzahl der tropischen Wirbelstürme von 1850 bis 1900 zunahm. Im Südpazifik blieb die Anzahl in diesem Zeitraum etwa gleich, im westlichen Nordpazifik und im Nordatlantik nahm sie ab.

Für die meisten tropischen Wirbelsturmbecken stellten sie einen beschleunigten Rückgang seit den 1950er Jahren fest. Die einzige Ausnahme von diesem Trend ist das nordatlantische Becken, wo die Zahl der tropischen Wirbelstürme in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat. Die Autoren vermuten, dass dies darauf zurückzuführen sein könnte, dass sich das Becken von einem Rückgang der Anzahl tropischer Wirbelstürme erholt, der auf die vom Menschen verursachten Aerosolemissionen im späten zwanzigsten Jahrhundert zurückzuführen ist. Die Zahl der jährlichen Stürme sei jedoch immer noch niedriger als in vorindustriellen Zeiten.

Im Zeitraum von 1850 bis 1900 gab es jährlich durchschnittlich etwa 15 Wirbelstürme, während in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Wert eher bei zehn bis elf lag. Der Aufwärtstrend seit etwa 1960 entspricht deshalb eher einer Angleichung an das Niveau von 1850 bis 1900 als einer Zunahme in Zeiten des Klimawandels.

Bildung der Stürme erschwert

Das Team um Chand hat auch eine Erklärung für die abnehmende Tendenz bei den tropischen Wirbelstürmen: die Schwächung der großräumigen Luftzirkulation zwischen der tropischen und der subtropischen Klimazone. Den Forschern zufolge sorgen höhere Temperaturen an der Meeresoberfläche für eine stärkere Verdunstung, was zu einem geringeren Auftrieb der wassergesättigten Luftmassen führt. Dadurch werde mehr trockene Luft bei senkrechten Luftbewegungen mit nach oben gerissen, was die Bildung tropischer Wirbelstürme unwahrscheinlicher mache. Die Wirbelstürme benötigen feuchte, warme Luft.

„Diese Ergebnisse stellen den beobachteten weltweiten Rückgang seit 1990, der von nordpazifischen Trends dominiert wird, in einen längerfristigen Zusammenhang“, schreibt Alexander Baker von der britischen University of Reading in einem Kommentar, ebenfalls in „Nature Climate Change“. Die Studienautoren stellten eine Zeit mit ausschließlich natürlichen Schwankungen (1850 bis 1900) der Zeit mit natürlichen Schwankungen und dem Einfluss des vermehrten Treibhausgasausstoßes (1900 bis 2010) gegenüber. Dadurch zeigten sie den Einfluss des menschengemachten Klimawandels auf die Häufigkeit tropischer Wirbelstürme auf.

Stefan Parsch - dpa

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