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Wasser bietet Abkühlung bei Hitze, wird in Berlin aber gerade im Sommer knapp.

© imago images / snapshot 7 K M Krause

Wassermangel in Berlin: Von der Problembeschreibung zu Lösungsvorschlägen

Der Wasserbedarf in Berlin nimmt zu. Die Stiftung Zukunft Berlin stellt Maßnahmen vor, wie der drohenden Wasserkrise zu begegnen wäre.

Berlin hat ein Wasserproblem. Vor allem in den Sommermonaten, die in den vergangenen Jahren sehr trocken waren, sinkt der Grundwasserspiegel erheblich. Es fehlt an Bewässerung für Straßenbäume, Parks und Gärten.

Wenn es regnet, dann mitunter sehr heftig, so dass der Niederschlag kaum versickert, sondern über die Kanalisation oder gar Straßen und Wege wegfließt. So gelangen Schadstoffe in die Flüsse Spree und Havel und das Wasser verlässt bald das Stadtgebiet. Die strapazierten Grundwasserreservoire werden kaum gefüllt und in der nächsten Trockenphase weiter leergepumpt.

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Die wachsende Stadt mit mehr Einwohnern, aufstrebender Wirtschaft und zunehmender Komfort – man denke an Swimmingpools – tun das übrige. In Zahlen: Im Winterhalbjahr liefern die Berliner Wasserbetriebe (BWB) knapp 600.000 Kubikmeter pro Tag, an trockenen Sommertagen sind es rasch 850.000 Kubikmeter.

Wie das Wasserproblem gelöst werden kann, darüber diskutieren Politik und Versorger in der Metropolregion seit längerem, etwa für den „Masterplan Wasser“, der von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz erarbeitet wird.

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„Die Politik tut zwar etwas, aber langsam und weitgehend im Verborgenen“, meint Markus Müller, Landschaftsplaner und Sprecher der Initiative „Wasser bewegt Berlin“ in der Stiftung Zukunft Berlin, einem Zusammenschluss von Fachleuten aus Forschung, Wirtschaft und Verbänden. Jetzt, da sich die neue Regierung bilde, wolle man das Thema „pushen“, um die Stadt fit für die Zukunft zu machen. „Noch eine Legislatur Problembeschreibung können wir uns nicht leisten, wir müssen handeln“, sagt Stefan Richter, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung.

Trinkwasserförderung, Regenwassermanagement und Entsiegelung

Am Mittwoch stellte die Initiative Maßnahmen vor, wie der „Wasserkrise“ zu begegnen sei. Erster Punkt: Trinkwasserförderung sichern, indem die vor 20 Jahren stillgelegten Wasserwerke Johannisthal und Jungfernheide wieder eröffnet werden. Eine Forderung, die auch die BWB unterstützen. Seit zehn Jahren steige der Wasserverbrauch wieder auf aktuell 220 Millionen Kubikmeter im Jahr, erklärt der BWB-Sprecher Stephan Natz auf Anfrage. „Angesichts der trockenen Sommermonate und um ausreichend Puffer bei Ausfällen oder Bauarbeiten zu haben, müssen wir die Trinkwassergewinnung auf eine breitere Basis stellen.“

Bisher versorgt sich die Stadt mit Trinkwasser, das aus heimischen Ressourcen gewonnen wurde, etwa im Wasserwerk Friedrichshagen am Ufer des Müggelsees. Ob das auch künftig reichen wird?

„In den Neunzigerjahren gab es Ideen, weitere Quellen zu nutzen, beispielsweise im Südosten Brandenburgs entlang der Spree“, sagt Natz. Darüber spreche heute keiner mehr. „Den Gebieten in erreichbarer Nähe geht es nicht besser als uns.“ Neben neuen Wasserwerken setzen die BWB auf Regenwassermanagement. „Jeder Regentropfen, der einen Kanal nicht von innen sieht, ist ein guter Tropfen“, sagt Natz. Versickert er in der Landschaft, kann er zur Grundwasserneubildung beitragen.

In niederschlagsarmen Zeiten wurde der Pegel der Spree durch Wassernachschub aus Talsperren in Sachsen konstant gehalten.
In niederschlagsarmen Zeiten wurde der Pegel der Spree durch Wassernachschub aus Talsperren in Sachsen konstant gehalten.

© imago images / Rainer Weisflog

So sieht es auch die Initiative „Wasser bewegt Berlin“, die die Regenwasserbewirtschaftung forcieren will. Statt Grünflächen und Gärten mit wertvollem Grundwasser – also aus dem Trinkwassernetz – zu versorgen, sollte gesammeltes Regenwasser verwendet werden. Was nicht für Pflanzen benötigt wird, gehört versickert, aber keinesfalls in die Kanalisation. Denn die wird bei Starkregen schnell überlastet. Bei allen Bau- und Sanierungsvorhaben öffentlicher Gebäude, insbesondere Schulen, soll die Regenwasserbewirtschaftung verpflichtend sein, fordert die Initiative.

Neu- und Umbauten von der Kanalisation zu trennen, reicht nach Ansicht der Fachleute nicht. Es müsste viel mehr im Bestand geschehen. Das Ziel der Noch-Regierung, jedes Jahr ein Prozent der Fläche Berlins von der Kanalisation zu trennen, sei klar verfehlt, sagt Richter. „Das würde man ja irgendwo in der Stadt sehen, dass es mehr Versickerungsmulden oder ähnliches gibt.“ Das Gegenteil sei der Fall. „Rings um das neue Humboldt-Forum zum Beispiel, da ist alles versiegelt. Das kann man nicht machen.“ Auf Schulhöfen, Parkplätzen und Hinterhöfen gebe es viele Möglichkeiten zur „Entsiegelung“.

Nachrüstungen zum Wassersparen sind oft aufwendig

Ein weiterer Punkt ist das bekannte Wassersparen. Rasen sprengen, Pools betreiben – verbieten will die Initiative (noch) nichts. Aber es müsse mehr getan werden, etwa sparsame Tröpfchenbewässerung und einen „bewussten und zurückhaltenderen Umgang mit privaten Schwimmbädern fördern“. Sparen lässt sich auch mit „Grauwasser“. Das kommt aus Waschbecken oder Badewanne und taugt nach einer Aufbereitung für die Toilettenspülung oder Waschmaschine. Dafür braucht es allerdings eine Reinigungsanlage und zusätzliche Leitungen im Haus. Vor allem in bestehenden Gebäuden wird das schnell aufwändig und teuer.

Die Initiative möchte die Grauwassernutzung nicht nur in Haushalten fördern, sondern auch in Betrieben. Für die Neuansiedlung von Gewerbebetrieben besteht sie auf geschlossene Wasserkreisläufe. Die seien heute im verarbeitenden Gewerbe schon häufig Standard, weil sie günstig für die Ökobilanz und wirtschaftlich sei, sagt Henrik Vagt, Geschäftsführer Wirtschaft und Politik der IHK Berlin auf Anfrage.

„Die pauschale Verpflichtung zur Nutzung von Kreislaufsystemen bei Neuansiedlungen birgt jedoch Gefahren und lässt zudem Fragen offen.“ Denn ein Nachrüsten eines bestehenden Gebäudes sei oft aufwendig. „Das erhöht die Kosten für die Neuansiedlung und könnte Berlin im Wettbewerb der Standorte ins Hintertreffen führen.“

Zudem gebe es potenzielle Konflikte, die dagegen sprechen können wie Hygieneanforderungen in der Lebensmittelindustrie, Platzmangel gerade in urbanen Räumen und der Einsatz wassergefährdender Stoffe. „Nachhaltige ökologische Zielstellungen sind das Gebot der Stunde“, sagt Vagt. „Sie müssen jedoch auch ökonomisch tragfähig sein und dürfen dem Standort nicht schaden.“

Der Umgang mit Wasser dürfte in Berlin also zunehmend reglementiert werden. Wobei es der Hauptstadt noch vergleichsweise gut geht. In Brandenburg sinken die Grundwasserpegel stärker, vor allem auf den Barnim- und Teltow-Hochflächen, berichtet Irina Engelhardt, Professorin für Hydrogeologie an der TU Berlin. „Damit erhöht sich der Wasserstress, auch weil der Bedarf der Landwirtschaft zunimmt.“ Derzeit würden nur zwei Prozent der Nutzfläche bewässert, in Niedersachsen seien es schon zwanzig Prozent. Setzten sich die Klimaänderungen fort, werden die Landwirte auch hier mehr beregnen wollen, sagt die Forscherin. „Da erwarte ich in naher Zukunft ernste Probleme.“

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