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Professorinnen vor. Der Wissenschaftsrat will, dass endlich die Potenziale von Frauen ausgeschöpft werden.

© picture alliance/dpa

Nach dem Besoldungsurteill: Was Professoren wirklich verdienen

Das Verfassungsgericht hält das Grundgehalt von W2-Professoren für "evident unzureichend". Doch nur sehr wenige bekommen allein das Grundgehalt - allein in Berlin erhalten sie im Schnitt 800 Euro an Leistungszulagen. Über die wird gestritten.

Wie schlecht sind deutsche Professoren in der W-Besoldung wirklich bezahlt? Das Bundesverfassungsgericht hatte wie berichtet mit seinem Urteil vom Dienstag das Grundgehalt auf der Stufe W2 als „evident unzureichend“ bezeichnet und eine Überarbeitung angemahnt. Doch ein Blick in aktuelle Gehaltstabellen ergibt ein differenziertes Bild.

Neben dem Grundgehalt können die Professoren in der 2005 eingeführten W-Besoldung Zulagen für besondere Leistungen bekommen. Tatsächlich erhalten sie daher oft deutlich mehr als ihr Grundgehalt. So liegt in Berlin der Durchschnittsbruttoverdienst von W2-Professoren knapp 800 Euro über dem Basissatz von 4000 Euro, wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes für 2010 hervorgeht.

Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind allerdings auch beim Durchschnittsgehalt groß. Berlin bleibt auch mit Zulagen bei den W2-Professoren Schlusslicht. Spitzenreiter ist hier mit 5690 Euro ironischerweise Hessen – also das Land, aus dem der Professor kommt, über dessen Klage Karlsruhe jetzt entschied. Als Grundgehalt zahlt Hessen W2-Professoren 4240 Euro.

Noch größer ist die Diskrepanz zwischen Grundgehalt und dem tatsächlich gezahlten Durchschnittslohn bei den besser gestellten W3-Professoren. Hier liegt Berlin mit einem Schnitt von 6900 Euro im Mittelfeld. Ein Berliner W3-Professor bekommt damit gut 2000 Euro an Zulagen. Am meisten verdienen erneut die Hessen (7500 Euro), am wenigsten die Brandenburger (6300 Euro). In den Bruttobezügen sind neben den Leistungszulagen auch andere Zuschläge wie der für die Familie enthalten. In einigen Ländern ist das Weihnachtsgeld einberechnet. So auch in Hessen, was ein Grund für den hohen Schnitt sein könnte. Im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern behalten Professoren als Beamte zudem ein höheres Nettogehalt. Denn sie müssen keine Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung zahlen, auch sind ihre Kosten für Krankenversicherung in der Regel niedriger, weil sie Beihilfen erhalten.

Trotzdem zeigt schon das Beispiel Hessen, dass Durchschnittswerte wenig darüber aussagen, wie hoch das Gehalt des einzelnen Professors wirklich ist. Hatte der in Karlsruhe klagende Professor doch im Jahr 2005 nur ein Gehalt rund 3900 Euro plus 24 Euro Leistungszulage erhalten. Fest steht, dass keine Uni sich nur Spitzenverdiener leisten kann. Der Personaletat der Unis ist nämlich gedeckelt. Zahlt eine Uni vielen Professoren Topgehälter, bekommen dementsprechend andere Kollegen deutlich weniger als der Schnitt.

Wie hier genau die Verteilung ist, darüber schweigen die Hochschulen. Laut Statistischem Bundesamt verdienten 2010 bundesweit 85 Prozent der W2-Professoren mehr als 4600 Euro. 1,7 Prozent erhielten weniger als 4200 Euro.

Die Professorenbesoldung muss angepasst werden

Auch zu den Leistungszulagen hat sich das Bundesverfassungsgericht geäußert. Jeder Professor müsse „unter klar definierten, vorhersehbaren und erfüllbaren Voraussetzungen einen einklagbaren Rechtsanspruch auf die Gewährung von Leistungsbezügen haben“ – was aber in Hessen nicht der Fall sei.

Tatsächlich sind die Kriterien für die Leistungsbezüge auch bundesweit nicht immer transparent, wie der Soziologe Christoph Biester von der Uni Hannover herausgefunden hat. Klar geregelt seien die „Funktionsleistungsbezüge“, ein Dekan bekommt im Schnitt 447 Euro im Monat zusätzlich. „Wenig trennscharf“ seien dagegen Zuschläge, die für besondere Leistungen in Forschung und Lehre gezahlt werden. So zählten betreute Promotionen teilweise auch als Leistung in der Forschung. Nicht einheitlich geregelt seien die Zulagen für Drittmittelprojekte. Geht es um finanzielle Anreize bei Berufungs- und Bleibeverhandlungen, sind zusätzliche Bezüge mal unbefristet, mal befristet und nicht einheitlich ruhegehaltsfähig.

An der Berliner Humboldt-Universität (HU) können Professoren jenseits der Berufungs- oder Bleibezuschläge mit knapp 30 Positionen punkten. Wie viel es für besondere Leistungen zusätzlich gibt, geht aus einer Satzung für die W-Besoldung hervor: „Bei herausragenden Leistungen“ beträgt der monatliche Zuschlag 500 Euro, „bei überdurchschnittlichen Leistungen 250 Euro“. Diese Zulagen gibt es befristet für drei Jahre. Hinzu kommen Einmalzahlungen von 3000 oder 6000 Euro für herausragende Leistungen. Dekane bekommen 500 Euro monatlich, Studien- oder Prodekane 250 Euro.

HU-Präsident Jan-Hendrik Olbertz plant eine Überarbeitung der Regeln – „unabhängig vom Karlsruher Urteil“. Er will den Gremien vorschlagen, das System zu vereinfachen. Die Zulagen sollen nicht mehr einmal im Jahr, sondern im Zweijahresrhythmus beantragt werden, monatliche Zuschläge sollen nur Dekane erhalten, andere Leistungen könnten mit Einmalzahlungen abgedeckt werden. Gehaltszuschläge sollten auch wissenschaftliche Mitarbeiter im Mittelbau erhalten, „die junge Elite, die nicht besonders gut bezahlt wird“, wie Olbertz sagt.

Die Karlsruher Richter haben den Ländern zwei Wege eröffnet: Sie könnten die Grundgehälter erhöhen oder die Leistungszuschläge so gestalten, dass sie einen Ausgleich sicherstellen. „Ich bin nicht bereit über die leistungsbezogenen Elemente das Grundgehalt zu heilen“, sagt Olbertz. Das würde die Idee des Leistungsanreizes konterkarieren. Das Abgeordnetenhaus müsse schnell einen Weg finden, die Professorenbesoldung dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts anzupassen.

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