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Zum Semesterstart ist die Stimmung an der TU Berlin ausgelassen: Nach dem Begrüßungsprogramm Audimax tanzen die neuen Studis zu den Songs der TU-Mitarbeiterband.

© TU Berlin / Felix Noak

Warmtanzen für das Wintersemester: „Eine große Familie auf dem Weg ins Unbekannte“

Trotz kalter Hörsäle und unsicherer Corona-Lage begrüßt die TU-Präsidentin ihre Erstis mit Humor und Showelementen. Das Motto für Herbst und Winter: „Zusammenhalt“.

„Sunday, Bloody Sunday“, „Hit the Road, Jack“ und zwei selbst komponierte Uni-Hymnen singt die Präsidentin der Technischen Universität Berlin. Geraldine Rauch begrüßt die Studierenden am Montagabend zum Semesterstart im Foyer des Hauptgebäudes an der Straße des 17. Juni mit einer sehr persönlichen Show. Begleitet wird sie von einer kleinen Band aus Mitarbeitern.

Die Studis schwenken zum TU-Song ihre Handylichter in der Luft. Das WiWi-Studentencafé schenkt Bier aus. Die Stimmung ist ausgelassen. Von Krieg und Krisen keine Spur?

Trotz des fröhlichen Drumherums dreht sich bei der feierlichen Erstsemesterbegrüßung der TU alles um den Zusammenhalt in Krisenzeiten und um die persönliche Begegnung, die in den vergangenen fünf Corona-Semestern spürbar zu kurz kam. Vor ihrem Auftritt mit der Band spricht Präsidentin Rauch in einer Rede die großen gesellschaftlichen Probleme an, die auch den Studierendenalltag beeinträchtigen: den Ukrainekrieg, die Klimakrise und die wachsende Schere zwischen arm und reich.

Angesichts der schwierigen Zeiten müsse man sich im Alltag gegenseitig unterstützen und Zivilcourage zeigen, ermutigt Rauch die Studis. Auch die Unileitung selbst stünde bereit, wenn diese Rat suchten oder Diskriminierung erlebten: „Helft euch gegenseitig und sprecht uns an, euch zu helfen.“ Mehr für Gleichberechtigung und für Nachhaltigkeit zu tun sehe sie als gemeinsamen Auftrag der TU an, sagte Rauch.

Geraldine Rauch ist nicht nur Präsidentin der TU, sondern an diesem Abend auch Lead Singer: Zu Begrüßung der Erstis spielt sie mit ihrer Mitarbeiterband alte Hits und eine selbstgetextete Unihymne.

© TU Berlin / Felix Noak

Doch wie kommt man am besten durchs Studium? Zu dieser Frage, die sich wohl die meisten Neuankömmlinge stellen, haben erfahrene Studierende und Mitarbeiter:innen der TU viele Tipps parat. Präsentiert werden sie als wahres Infotainment-Spektakel, zu dessen Ausklang die Profs selbst am DJ-Pult stehen.

Zwischen den Hinweisen des Vizepräsidenten für Studium und Lehre Christian Schröder, sich in jedem Fall über Studienordnungen, Modulprüfungen und Leistungspunkte zu informieren, gibt es Anekdoten und lustige Fotos aus den Studienzeiten derer, die jetzt an der Spitze der Uni stehen. Schröder zeigt Jugendbilder im Ärzte-T-Shirt und Rauch erzählt, wie sie aus ihrer ersten Wohngemeinschaft flog, weil ihr Hamster das Telefonkabel anknabberte.

Helft euch gegenseitig und sprecht uns an, euch zu helfen.

Geraldine Rauch, TU-Präsidentin, in ihrer Erstsemester-Ansprache

Das kommt gut an: Rund 3500 TU-Studis verfolgen den Infoabend samt Show im vollbesetzten Audimax, in einem zweiten Hörsaal per Videoübertragung und vor weiteren Bildschirmen von zu Hause. Per Quizfragen werden die wichtigsten Angebote für Studierende vorgestellt: Zum Mitmachen laden an der TU 68 Studenten-Initiativen, Projektwerkstätten, bei denen Gelerntes in die Praxis umgesetzt wird.

Nach etlichen Online-Semestern beziehungsweise letzten Schuljahren im Homeschooling kann man jetzt wieder beim Hochschulsport durchstarten. Die TU hat nicht nur ein eigenes Bootshaus an der Havel, sondern bietet auch so kuriose Disziplinen wie „Turbo Touch“, eine Variante von Rugby, Zaubern und die philippinische Kampfsportart „Arnis/Escrima“ an.

„Willkommen zurück auf dem Campus“ heißt es auf dem Banner am TU-Hauptgebäude zur Begrüßung. Die Präsenzlehre soll in diesem Winter trotz Energiekrise und Pandemie Priorität haben.

© TU Berlin / Felix Noak

Zum Aktivwerden rufen auch studentische Initiativen auf. Eine Asta-Vertreterin wirbt dafür, sich an der Wahl des Studierendenparlaments zu beteiligen und selbst hochschulpolitisch mitzumischen. Oder sich beraten zu lassen, etwa wenn der Bafög-Antrag abgelehnt wird. Die TU-Gruppe von Fridays for Future macht Werbung, zur klimaneutralen Uni beizutragen – und beim nächsten Klimastreik dabei zu sein.

Dass politisches Engagement an der TU für viele dazugehört, findet auch die Präsidentin prima. In einer der von ihr getexteten Uni-Hymnen heißt es: „Bei uns ist alles etwas grüner, aber trotzdem sind wir bunt, queer und individuell – und wir machen auch den Mund auf.“

Guten Rat für Erstsemester hat auch Bachelor-Absolvent Benn Thies, der einen Förderpreis der TU für sein überdurchschnittlich schnelles und auch noch exzellent abgeschlossenes Statistik-Studium bekommt. Sein Erfolgsrezept: in Vorlesungen und Übungen immer aufpassen, Arbeitserfahrungen sammeln und sich um Stipendien bemühen.

Den Preis für vorbildliche Lehre 2021 erhalten die Technikphilosophin Birgit Beck und der Biochemiker Jens Kurreck für einen interdisziplinären Einführungskurs zur Bioethik sowie der Ökonom Gerrit von Jorck für sein Seminar „Exploring Ecological Economics“. Ein Sonderpreis geht zudem an die Projektwerkstatt zweier Studentinnen der Stadt- und Regionalplanung, die sich mit kommunalen Problemen des brandenburgischen Luckenwalde auseinandergesetzt und die Stadtverwaltung dazu beraten haben.

Für das Pandemiejahr 2020, als plötzlich auf Distanzlehre umgestellt werden musste, werden die Biotechnologin Vera Meyer und der Maschinenbauingenieur Utz von Wagner ausgezeichnet: Sie haben ihre digitalen Vorlesungen partizipativ gestaltet und ihren Studis die Prüfungsvorbereitung durch zusätzliche Tests erleichtert.

Die Coronapandemie scheint auf der Fete, abgesehen vom Test-Angebot im Zelt vor dem Haupteingang, fast vergessen: Das Gedränge ist groß, kaum jemand trägt Maske. Zwar sind sich Unis und Land einig, dass die Präsenz in diesem Winter Priorität haben soll, empfohlen wird aber unabhängig von der Pandemielage, in Unigebäuden weiterhin FFP2-Maske zu tragen und auf ausreichend Abstand zu achten. Beim Semesterstart gilt das schon mal nicht.

Zumindest dürfte im Gedränge niemand gefroren haben. Das wird sich im Laufe des Wintersemesters ändern, wenn es kalt und dunkel wird an der Uni. In den Fluren wird nicht mehr geheizt, die Temperatur in den Unterrichtsräumen auf 19 Grad abgesenkt und auf Außenbeleuchtung weitgehend verzichtet. Das beschlossen jetzt LKRP und Wissenschaftsverwaltung in ihrem Eckpunkte-Plan zum Energiesparen an den Hochschulen.

Diese frostigen Aussichten erspart TU-Präsidentin Geraldine Rauch den Studierenden bei ihrem mitreißenden Auftritt. Nur aus einer Andeutung spricht die Sorge um die Lage der Uni in den kommenden Monaten: „Wir sind eine große Familie auf dem Weg ins Unbekannte.“

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