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Zwei zottelige Urpferde stehen auf einer reifbedeckten Wiese.

© ZB

Von Schecken zu Füchsen: Die Farbe der Pferde richtet sich nach der Mode

Im Mittelalter nahm die Vorliebe für gescheckte und helle Felle bei Pferden ab, ergab eine Studie Berliner Forscher. Verbreiteter waren dann die rotbrauen Füchse.

Wildpferde haben in aller Regel ein Fell, das so gefärbt ist, dass sie sich möglichst wenig von ihrer Umgebung abheben. Mit ihrer Domestikation nimmt die Zahl der Farbvarianten erheblich zu, und durch züchterische Eingriffe entstehen viele, die zu auffällig sind, um noch der Tarnung dienen zu können. Allerdings ist es von Epoche zu Epoche verschieden, welche Fellfarben bei Pferden erwünscht sind und welche nicht. Zu dieser Erkenntnis ist ein Forscherteam unter der Leitung des Genetikers Arne Ludwig vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin gekommen.

„Die Vielfalt von Fellfarbphänotypen ist nicht nur ein geschätztes charakteristisches Merkmal heutiger Zuchtpferde, sondern sie hat Menschen seit prähistorischen Zeiten fasziniert. Eiszeitliche Höhlenmalereien stellten schon Wildpferde mit einer Reihe verschiedener Farbmuster dar, und mit der Domestikation kamen etliche Varianten hinzu“, schreiben die Wissenschaftler. Sie berichten über ihre Forschungsergebnisse im Fachblatt „Scientific Reports“.

14 verschiedene Fellfärbungen bis zum Mittelalter nachgewiesen

Die Wissenschaftler haben 201 Erbgutproben von Pferden, die aus der Zeit zwischen dem späten Pleistozän vor mehr als 12 000 Jahren und dem Mittelalter stammen, analysiert und sind dabei auf 14 verschiedene Typen von Fellfärbungen gestoßen. In der Frühzeit der Domestikation (4000 bis 2700 v. Chr.) traten sechs Varianten auf, von denen es drei schon vorher gegeben hatte. In der Bronzezeit (2700 bis 900 v. Chr.) und in der Eisenzeit (900 bis 400 n. Chr.) gab es immerhin schon neun verschiedene Farbmuster. In all diesen Phasen dominierten gescheckte und helle Pferde. Doch im Verlauf des Mittelalters nahm ihre Wertschätzung ab und an ihre Stelle traten immer mehr einfarbige, allen voran rotbraune Füchse.

Das lässt sich damit erklären, dass reinerbige gescheckte Pferde oft nachtblind sind. Wegen dieser Behinderung und wegen des Umstandes, dass sie dazu neigen, zaghaft, nervös oder unberechenbar zu reagieren, waren sie für Kampfeinsätze und die Jagd nur eingeschränkt geeignet.

Einheitlich gefärbte Pferde galten im Römischen Reich als wertvoller

Das Forscherteam vermutet, dass sich die Vorliebe für einfarbige Felle auch aus kulturellen und religiösen Gründen herausgebildet hat. Schon in der Spätphase des Römischen Reiches galten Pferde mit einem einheitlichen gefärbten Fell als wertvoller als solche, deren Fell gefleckt war oder das einen unscheinbaren verwaschenen Farbton hatte. Das könnte damit zusammenhängen, dass das gefleckte Fell lange als Merkmal zur Unterscheidung zwischen domestizierten und wilden Pferden diente. Doch je mehr die Wildpferdbestände zurückgingen, desto weniger wurde dieses Kennzeichen benötigt.

Im 6. Kapitel der Offenbarung des Johannes (81 – 96 n. Chr.) tauchen die vier apokalyptischen Reiter auf. Der erste Reiter reitet einen Schimmel oder ein weiß gesprenkeltes Pferd, die weiße Farbe symbolisiert den Sieg. Das Pferd des zweiten Reiters ist kastanienbraun – diese Farbe steht für den Krieg. Der dritte Reiter kommt auf einem Rappen geritten, dessen schwarze Farbe den Hunger verkörpert. Und die fahle Farbe des Pferdes, das den vierten Reiter trägt, bedeutet den Tod.

Wechselnde Vorlieben der Ritter und des Adels

Einzig und allein das weiße oder weiß gefleckte Pferd wurde mit keinem Übel in Verbindung gebracht. Doch während der zweiten Hälfte des Mittelalters, nachdem Europa von verheerenden Epidemien wie der Pest heimgesucht worden war, wurde der Reiter des Sieges durch den der Seuchen ersetzt, und das weiße Fell büßte seine Sonderrolle ein.

Arne Ludwig und seine Kollegen betonen allerdings, dass sie bisher nur etwas über die im geschichtlichen Verlauf wechselnden Vorlieben der Ritter und des Adels überhaupt für bestimmte Fellfarben aussagen könnten. Ob auch die bäuerliche Bevölkerung bei ihren Arbeitspferden auf solche farblichen Unterschiede geachtet hätte, müsse noch erforscht werden.

Was die Island-Pferd genetisch zu idealen Gefährten der Wikinger machte, lesen Sie hier.

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