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Licht tanken: Auch im Herbst gibt es noch ausreichend Gelegenheit für diese Radfahrer, die Vitamin-D-Speicher an der frischen Luft aufzufüllen.

© AFP

Vitamin D: Länger leben dank "Sonnenhormon"

Zu wenig Vitamin D erhöht das Sterberisiko, sagen dänische Forscher. Ältere sollten es vorsorglich nehmen, raten deutsche Ernährungswissenschaftler.

Vitamin D ist wichtig für gesunde und starke Knochen. Aber es hat vermutlich weitere positive Effekte auf den Organismus. Denn es gibt Hinweise darauf, dass ein Vitamin-D-Mangel die Anfälligkeit für chronische Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Leiden oder Krebs erhöht. Eine dänische Studie mit rund 95 000 Teilnehmern hat jetzt diesen Zusammenhang zumindest teilweise bestätigt. Danach haben Personen mit einem angeborenen niedrigen Vitamin-D-Spiegel im Blut ein höheres Risiko, vorzeitig zu sterben.

Es sind vor allem Beobachtungsstudien, in denen Vitamin D gut abschneidet. Menschen mit ausreichend Vitamin D im Blut erfreuen sich besserer Gesundheit als solche mit einem Mangel. Allerdings haben diese Untersuchungen eine grundsätzliche Schwäche. Es ist nicht möglich, aus dem gemeinsamen Auftreten von zwei Tatsachen (etwa: niedriger Vitamin-D-Spiegel und höheres Krebsrisiko) auf einen ursächlichen Zusammenhang zu schließen.

Das gemeinsame Auftreten, die Korrelation, bedeutet nicht automatisch, dass beide Sachverhalte wie Ursache und Wirkung zusammenhängen. Es kann zum Beispiel sein, dass eine dritte Tatsache ein wichtige Rolle spielt. So ist Vitamin-D-Mangel häufig mit ungesundem Lebensstil verknüpft, der wiederum das höhere Krankheitsrisiko erklären kann.

Gene beeinflussen, wie viel Vitamin D im Blut kreist

Dieses Problem haben Shoaib Afzal von der Universität Kopenhagen und seine Kollegen elegant umgangen. Sie untersuchten, inwiefern bestimmte Erbanlagen den Vitaminspiegel und damit das Krankheits- und Sterberisiko beeinflussten. Bestimmte Spielarten der Gene DHCR7 und CYP2R1 senken den Gehalt von 25-Hydroxyvitamin D, der Vorstufe des aktiven, „eigentlichen“ Vitamin D. Vergleicht man nun eine Gruppe mit genetisch niedrigem und genetisch normalem Vitamin-D-Spiegel, dann kann man gesundheitliche Folgen auf diese Unterschiede zurückführen. Immer vorausgesetzt, die beiden Personengruppen haben ansonsten die gleichen Merkmale.

Je niedriger der genetisch bedingte Vitamin-D-Spiegel, umso höher das Sterberisiko (wissenschaftlich als Sterblichkeit oder Mortalität bezeichnet). Auch das Risiko, an Krebs zu sterben, war größer, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „BMJ“. Ihren Angaben zufolge stieg die Sterblichkeit um bis zu 30, das Risiko für einen Krebstod um bis zu 40 Prozent. Dagegen zeigte sich kein Einfluss eines genetisch niedrigen Vitamin-D-Levels auf das Risiko, an einem HerzKreislauf-Leiden zu sterben. Es kann sein, dass ein in anderen Studien gefundener Zusammenhang zwischen Herzkrankheit und niedrigem Vitamin-D-Spiegel darauf zurückzuführen ist, dass Risikofaktoren für Herzleiden wie hoher Cholesterinspiegel oder Fettsucht ihrerseits das Vitamin D im Blut senken, schreiben die Forscher. Wenig Vitamin D im Blut wäre also Folge, nicht Ursache einer Herzkrankheit oder zumindest eines erhöhten Risikos für ein Herzleiden.

Mendelsche Randomisierung nennt sich das Verfahren, das Beobachtungsstudien mit Hilfe genetischer Daten zuverlässiger machen soll und das von den dänischen Wissenschaftlern angewandt wurde. Letzte Sicherheit bietet ihre Untersuchung nicht, geben die britischen Herzspezialisten Paul Welsh und Naveed Sattar in einem Kommentar in der gleichen Ausgabe des „BMJ“ zu bedenken. „Wir brauchen größere Studien, um präzisere Ergebnisse zu bekommen“, sagt Brian Buijsse, Epidemiologe am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke.

Große Untersuchungen sollen 2017 letzte Klarheit bringen

Zugleich gebe es nun Grund für Optimismus, was noch andauernde umfangreiche Testreihen mit Vitamin-D-Pillen angehe, meinen Welsh und Sattar. Es sind diese groß angelegten Studien mit Namen wie „Vital“ (USA, 20 000 Teilnehmer) oder „Find“ (Finnland, 18 000 Teilnehmer), von denen sich viele Wissenschaftler endlich Aufschluss über den Nutzen des Vitamins D bei chronischen Krankheiten erhoffen.

In der „Vital“-Studie nehmen die eine Hälfte der Versuchspersonen über fünf Jahre jeden Tag 2000 Internationale Einheiten (IE) Vitamin D3, die andere Hälfte schluckt ein wirkstofffreies Scheinmedikament, ein Placebo. Bei der „Find“-Studie sind 1600 IE und 3200 IE oder Placebo. 2017 rechnen die Wissenschaftler mit ersten Ergebnissen, was die Auswirkungen des Vitamins auf Krebs, Herz-Kreislauf-Leiden, Diabetes und andere Krankheiten angeht.

Viele Menschen fragen sich, ob sie Vitamin D zum Schutz vor chronischen Krankheiten schlucken sollen. Bis Ergebnisse aus den großen Studien vorliegen, sind viele Wissenschaftler jedoch mit Empfehlungen für die Allgemeinbevölkerung zurückhaltend.

Vitamin D ist eigentlich kein Vitamin, weil es vom Körper selbst gebildet wird, 90 Prozent davon in der Haut infolge der UV-Strahlung des Sonnenlichts. Es wirkt hormonartig an vielen Stellen im Organismus, daher wird es manchmal als „Sonnenhormon“ bezeichnet.

Vor allem Ältere haben häufig einen Vitamin-D-Mangel. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung kommt daher zu dem Schluss, dass jenseits des 64. Lebensjahres die tägliche zusätzliche Zufuhr von 800 IE Vitamin D3 sinnvoll ist. Damit würden Stürze, Knochenbrüche und ein vorzeitiger Tod vermutlich verhindert. Nennenswerte Risiken oder Nebenwirkungen seien nicht zu erwarten. Zugleich sei man mit dieser Dosis ausreichend versorgt.

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