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Eine Mammutstudie untersucht, was gesund hält und was krank macht.

© Imago

Gesundheitsforschung: Visite bei den Deutschen

Einweihung des Studienzentrums Berlin-Mitte an der Charité: Am 1. Oktober beginnen die Untersuchungen der „Nationalen Kohorte“. Das groß angelegte Langzeitprojekt soll Aufschluss über Risiko- und Schutzfaktoren für große Volkskrankheiten geben.

Wenn es irgendwo derzeit um Big Data geht, dann hier: Über einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren  sollen 200 000 Bürger  mehrmals umfassend medizinisch untersucht und zu ihren Lebensumständen befragt werden, insgesamt werden 20 Millionen Blutproben zentral und dezentral gelagert. Die Daten werden allerdings vor missbräuchlichen Zugriffen nicht nur optimal geschützt, ihre Erhebung dient zudem der Gemeinschaft: Denn das Großprojekt namens Nationale Kohorte, das am 1. Oktober in seine Hauptphase eintritt, will Fragen beantworten wie: Was begünstigt das Entstehen von Krebs, was schützt davor? Welcher Lebensstil bewahrt eher vor einer Demenz? Wie wirken Gene und Lebensgewohnheiten beim Entstehen der Zuckerkrankheit  oder von Krebs zusammen? „Die Erkenntnisse sollen vor allem künftigen Generationen helfen, gesund alt zu werden“, erklärt Charité-Vorstandsvorsitzende Karl Max Einhäupl. Die Teilnehmer selbst werden nicht behandelt und beraten, auf Wunsch werden sie allerdings über die Ergebnisse der Untersuchungen informiert. Schon aus ganz persönlichem Interesse sollte man sich also die Zeit für die Untersuchungen nehmen, sofern man dazu eingeladen wird. Die Einladung erfolgt schriftlich, wer sie bekommt, entscheidet sich nach dem Zufallsprinzip  auf der Basis der Daten der Einwohnermeldeämter.

Die Ergebnisse werden bundesweit in 18 Zentren gesammelt

Drei der insgesamt 18 über die Republik verstreuten Studienzentren liegen in Berlin. Eines der drei Berliner Zentren  ist das in Berlin-Mitte an der Charité. Ein weiteres ist unter der Regie des Max-Delbrück-Centrums in Buch entstanden, das dritte, für die Berliner aus dem Südwesten, unter der des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung.

Am Freitag wurde das Studienzentrum an der Charité von Cornelia Yzer, Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung, feierlich eröffnet.  Das Land beteiligt sich wie alle Bundesländer, der Bund und die Helmholtz-Gemeinschaft an den Kosten von insgesamt 210 Millionen Euro. „Das ist gut angelegtes Steuergeld“, versicherte Yzer.

10 000 Berlinerinnen und Berliner zwischen 20 und 69 Jahren werden bis 2018 an der Charité die Basisuntersuchung bekommen, für die drei bis sechs Stunden zu veranschlagen sind, wie die Leiterin des Studienzentrums, die Ärztin Lilian Krist, erläuterte. Dazu gehört eine ausführliche Befragung zu Lebensweise und Vorerkrankungen, außerdem werden Größe, Gewicht, Körperfett, Greifkraft der Hand, körperliche Aktivität, Zuckerstoffwechsel, Blutdruck und Lungenfunktion gemessen. Ein Fünftel der Teilnehmer soll zudem eine Magnetresonanztomographie des gesamten Körpers und eine Ultraschalluntersuchung des Herzens bekommen.  

Ein besonderer Beitrag des Studienzentrums an der Charité besteht in der Analyse des Einflusses von Migration auf die Gesundheit. Eine Schwierigkeit ist, wie frühere Studien zeigen, dass Menschen mit Migrationshintergrund im Schnitt seltener bereit sind, an Studien zur Gesundheit teilzunehmen. Um mehr Ausschluss darüber zu bekommen, haben Charité-Mediziner an einer Vorstudie zur  Teilnahmebereitschaft  mitgewirkt, deren Ergebnisse im Oktober-Heft des "European Journal of Public Health" veröffentlicht werden. Man habe gesehen, dass es hilfreich ist, wenn die Einladungsschreiben von Telefonanrufen und eventuell sogar von Hausbesuchen durch sprachkundige Mitarbeiter flankiert werden, berichtete Thomas Keil, Stellvertretender Direktor des Instituts für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité und Koordinator des Projekts.

Adelheid Müller-Lissner

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