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Wichtige Fragen. Abiturienten wollen zwar auch ein interessantes Fach für sich finden – das aber mit Sicherheit verbinden. Hier Abiturienten auf einer Messe an der TU Berlin.

© TU Presse/Jacek Ruta

Uni- und Fachwahl von Abiturienten: Studieren auf Nummer sicher

Die neue Bodenständigkeit: Für Abiturienten zählen bei der Studienwahl vor allem spätere Jobchancen. Das zeigt ein Rundgang auf der Informationsmesse der Berliner Hochschulen.

„Schiffs- und Meerestechnik? Denkmalpflege? Wer will so was bitte studieren?“ Die 17-jährige Kathrin jedenfalls nicht. Auf der Informationsmesse der Berliner und Brandenburger Hochschulen sitzt sie auf einem Sofa und blättert in einem Katalog voller Studiengänge. Etwas mit Zukunft soll es sein, „aber auch nicht zu eingeschränkt auf ein spezielles Gebiet“. Ein Jahr hat sie noch Zeit bis zum Abi, dann muss sie sich entscheiden.

Fast 50 Hochschulen und Stiftungen wollten ihr und 5000 weiteren Schülerinnen und Schülern auf der Messe am vergangenen Freitag bei der Entscheidung helfen. Mittags drücken sich die Schüler in Zweier- und Dreiergruppen von Stand zu Stand, sammeln Flyer und essen goldene Schoko-Münzen, die die Fachhochschule für Finanzen Brandenburg verteilt. Viele Schüler sind mit ihren Klassen gekommen, für andere ist der Besuch freiwillig. Auch einige Eltern lassen sich beraten.

„In welchem Studiengang kann man das denn lernen?“, fragt ein 16-Jähriger im Kapuzenpulli und zeigt auf eine runde Puppe aus Computerchips und Drähten, die unablässig mit ihrem gelben Schnabel klappert. Die Technische Hochschule Brandenburg hat einem Furby das Fell abgezogen und erklärt Interessierten die Technik hinter dem Elektro-Spielzeug. Der 16-Jährige heißt Emre und will eigentlich Psychologie studieren, nimmt sich aber doch einen Informatik-Flyer mit.

Mit welchem Studiengang hat man Chancen auf dem Arbeitsmarkt?

Vor dem Stand der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) drängen sich die Schüler in einer großen Traube. „Die Leute wollen meistens vor allem wissen, welche Chancen sie mit einem unserer Studiengänge auf dem Arbeitsmarkt haben“, sagt die 22-jährige Franziska, die selbst Sicherheitsmanagement an der HWR studiert. Die Eltern fragten dagegen oft nach versteckten Kosten. „Die wollen wahrscheinlich auf Nummer sicher gehen, dass sie ihrem Kind das Studium gut finanzieren können.“

Direkt daneben sitzt Charlotte Wiese am Stand der Kunsthochschule Weißensee. Ab und zu nur kommen Schülerinnen zu ihr und fragen, ob sie nicht zu viel Zeit verlieren, wenn sie sich erst ein Jahr nach dem Abitur mit einer Mappe bewerben können. „Die muss ich dann erst einmal beruhigen und sagen, dass es im künstlerischen Bereich auch auf Lebenserfahrung ankommt und dass man auch mit 20 bei uns noch zu den Jüngsten zählt.“

Sie habe den Eindruck, dass die Schüler von heute bodenständiger an die Wahl ihres Studiums herangehen als noch vor einigen Jahren. „Heute gibt es zwei Typen: Die Skeptiker, die fragen, ob sie mit Modedesign eine Festanstellung bekommen könnten – und die, die sich ihres Traums so sicher sind, dass sie zwei Jahre vor dem Abitur schon ihre Mappe fertig haben.“

Interessen und Sicherheit beim Studium vereinen

Hans-Werner Rückert, Leiter der Studienberatung der Freien Universität, kann die veränderte Haltung aus seiner Erfahrung am Info-Stand der FU bestätigen. Die vermehrten Fragen nach den Zukunftschancen von Studiengängen erklärt er sich damit, dass heute mehr Kinder aus Nicht-Akademikerfamilien studieren. „Da haben die Eltern verständlicherweise mehr Sorge, ob sich die Investition in ein Studium auch lohnt, und diese Einstellung überträgt sich auch auf die Kinder.“ Der Wille der Abiturienten, etwas für sie Interessantes zu finden, habe sich aber über die Jahre kaum verändert. „Nur denken die meisten jetzt noch stärker darüber nach, wie sich Interesse und Sicherheit vereinen lassen.“

So sind die Info-Vorträge über das Lehramt und die Beantragung von Bafög brechend voll, bei „Philosophie studieren: Auf den Spuren des Denkens“ bleiben viele Plätze frei. Kathrin, die 17-Jährige mit dem Studiengangskatalog, geht drei Stunden lang von Vortrag zu Vortrag und hat dann eine Idee: „Gesundheits- oder Sportmanagement – das klingt irgendwie spannend und hat Zukunft.“

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