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Per Hand ist dem Plastikmüll kaum noch Einhalt zu gebieten.

© Bearbeitung: Tagesspiegel / imago/imagebroker

UN-Abkommen gegen Vermüllung: Müssen wir Plastik vermeiden oder das Recycling verbessern?

Der Planet ist bereits voller Plastik und es wird immer mehr. Doch wie der Flut Herr zu werden ist, darüber streiten die UN diese Woche in Paris. Drei Expert:innen geben ihre Einschätzung.

Die Produktion von Kunststoffen wird sich bis 2050 verdoppeln, bis 2060 sogar verdreifachen. Nur ein Bruchteil, zehn Prozent, wird derzeit recycelt, 2060 werden es höchstens 17 Prozent sein. Was nicht deponiert oder verbrannt wird, landet in Meeren, Flüssen, Seen: pro Minute vier Lkw-Ladungen. Die Vereinten Nationen debattieren derzeit in Paris, wie die Plastikflut eingedämmt werden kann. Bis 2024 soll eine Entscheidung fallen. Soll die Herstellung von Plastik reglementiert und verringert werden oder reichen technische Innovationen, etwa besseres Recycling? Das erklären uns drei Expert:innen. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


Ein Teil der Lösung ist Recycling

Die Plastikproduktion ist in den vergangenen Jahren drastisch angestiegen und damit auch das Problem der Plastikverschmutzung. Die globale Plastikproduktion muss deshalb auf jeden Fall verringert werden. Die entscheidende Frage ist aber, wie wir das sinnvoll erreichen können.

Ein Teil der Lösung ist Recycling. Allerdings gibt es bislang nicht die erforderliche Infrastruktur, um die vorhandenen Mengen an Plastik zu sammeln, zu sortieren und zu recyceln. Und selbst wenn es diese Infrastruktur gäbe: Es kann derzeit nur ein kleiner Teil des gesamten Plastiks recycelt werden, da viele Produkte Verbundstoffe enthalten, die zunächst erst wieder sortenrein getrennt werden müssten, um ein Recycling überhaupt erst zu ermöglichen. Das ist derzeit nicht möglich.

Deshalb ist es sinnvoll, sich mit einem Design für Recycling zu beschäftigen, das schon bei der Produktentwicklung ansetzt und bei dem ein späteres Trennen der Verbundstoffe von vornherein mitgedacht wird.

Was aber viel problematischer ist: Fast alle Produkte enthalten zusätzlich – ohne Kennzeichnungspflicht – Stoffe, die das Plastik besonders hart, weich, biegsam, elastisch, feuerfest oder langlebig machen. Das macht ein Recycling oftmals unmöglich.


Prinzip der Quoten für erneuerbare Energien

Recycling allein wird die globale Verschmutzung durch Plastikabfälle nicht lösen können: Längst nicht alle Kunststoffprodukte lassen sich sinnvoll recyceln, auch das Recycling braucht erhebliche Mengen an Energie. Kunststoffe lassen sich zudem nicht beliebig oft recyceln.

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Gleichzeitig scheint eine pauschale Reduktion der Kunststoffproduktion wenig zielführend: Notwendig ist eine Fokussierung des Kunststoffeinsatzes auf solche Bereiche, wo das Material einen positiven Nettonutzen zu den verschiedenen Nachhaltigkeitszielen leistet. Das ist zum Beispiel bei vielen Medizinprodukten oder Umwelttechnologien wie Windkraft der Fall – aber nicht bei Einwegprodukten und unnötigen Umverpackungen.

Eine denkbare Lösung wäre eine Verpflichtung der Kunststoffhersteller, in Zukunft einen zu definierenden Teil ihrer Produktionsmenge auf Basis von Kunststoffabfällen zu produzieren. Dies nennt man eine „polymerspezifische Mindestrezyklat-Quote“ und wäre angelehnt an das Prinzip der Quoten für erneuerbare Energien. Eine solche Quote könnte neben einer Verringerung der Mengen an Primärkunststoff auch Effekte auf die Recyclingfähigkeit von Produkten und Investitionen in Sammelinfrastrukturen auslösen.


Recyclinganlagen müssen sicherer gemacht werden

Wissenschaftliche Berechnungen haben gezeigt, dass wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen müssen, um eine knapp 80-prozentige Minderung der Plastikverschmutzung erreichen zu können. Den größten und kostengünstigsten Hebel bilden hier Mittel, die eine Verringerung der Produktion von neuem Plastik zur Folge haben. Damit lässt sich die Verschmutzung fast halbieren, daher ist dies ein sehr effektiver Hebel, auf den wir nicht verzichten dürfen.

Knappe weitere 20 Prozent lassen sich durch Recycling einsparen. Allerdings müssen hier erst die Voraussetzungen verbessert werden, um sicheres Recycling zu ermöglichen. Das könnte erreicht werden, indem die Zusammensetzung von Kunststoffen vereinfacht und offengelegt wird. Denn Plastikprodukte können über 13.000 verschiedene Chemikalien enthalten und knapp ein Viertel davon wird als gefährlich eingestuft.

Produkte verschiedener Herkunft und unbekannter Zusammensetzung können kaum sicher zusammengeführt und weitergenutzt werden, was das Recycling stark beschränkt. Zudem hat eine Studie kürzlich gezeigt, dass Recyclinganlagen große Mengen von Mikro- und wahrscheinlich auch Nanoplastik freisetzen. Sie müssen also sicherer gemacht werden und der Prozess dekarbonisiert werden. (SMC)

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