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Schäden nach dem schweren Erdbeben in der Region um Fukushima

© Reuters/Kyodo

Update

Region um die Atomruine in Japan: Tote und viele Verletzte bei starkem Erdbeben in Fukushima

Vor elf Jahren rissen ein Erdbeben und ein Tsunami in Japan Tausende in den Tod. Nun gibt es erneut ein Erdbeben. Zur großen Katastrophe kommt es aber nicht.

Die Region um die Atomruine von Fukushima ist erneut von einem starken Erdbeben erschüttert worden. Japans Meteorologische Behörde gab am späten Mittwochabend (Ortszeit) für einige Stunden eine Warnung vor einem Tsunami von bis zu einem Meter Höhe für die Pazifikküste der Präfekturen Fukushima und Miyagi aus.

Am frühen Donnerstagmorgen (Ortszeit) galten keine entsprechenden Warnungen mehr, wie auch die japanische Rundfunkgesellschaft NHK und die Nachrichtenagentur Kyodo berichteten.

Bei dem starken Erdbeben sind mindestens vier Menschen ums Leben gekommen und fast 200 weitere verletzt worden. Das berichtete der Fernsehsender NHK am Donnerstag. In der Atomruine in Fukushima gab es nach Angaben der zuständigen Aufsichtsbehörde keine Unregelmäßigkeiten. Auch der zwischenzeitliche Stromausfall in Millionen Haushalten wurde nach Angaben des Betreibers behoben.

In dem früheren Atomkraftwerk Fukushima Daiichi gab es in einem Turbinengebäude Feueralarm, wie der Betreiber Tepco mitteilte. In einem Abklingbecken für gebrauchte Brennstäbe des zweiten Atomkraftwerks Fukushima Daini zwölf Kilometer südlich der Atomruine fielen zudem Pumpen aus.

Durch das Beben entgleiste ein Shinkansen-Hochgeschwindigkeitszug - die rund 100 Passagiere an Bord blieben örtlichen Medienberichten zufolge jedoch unverletzt. Kyodo berichtete von insgesamt mindestens zwei Todesopfern und Dutzenden Verletzten nach dem Beben. Ein Mann sei in der Stadt Soma in der Präfektur Fukushima gestorben, hieß es ohne Angabe näherer Details unter Berufung auf die Stadtverwaltung.

Auch im 250 Kilometer entfernten Großraum Tokio gerieten Gebäude beängstigend lang anhaltend ins Schwanken. Berichte über größere Schäden lagen zunächst nicht vor. Kyodo zufolge mussten in Fukushima zahlreiche Menschen in Krankenhäuser gebracht werden. In zwei Millionen Haushalten fiel zudem vorübergehend der Strom aus.

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Das Beben der Stärke 7,3 ereignete sich fast auf den Tag genau elf Jahre nach der Dreifachkatastrophe im Nordosten des asiatischen Inselreiches. Damals war die Region von einem verheerenden Erdbeben der Stärke 9 und einem dadurch ausgelösten gewaltigen Tsunami verwüstet worden - im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi kam es zu Kernschmelzen. Eine solche Katastrophe blieb den Inselbewohnern diesmal zum Glück erspart.

Viele Japaner waren bereits schlafen gegangen, als kurz vor Mitternacht plötzlich die Wände schwankten. Kurz darauf erfolgte die Warnung vor einem bis zu einem Meter hohen Tsunami. Bald darauf wurde in der Hafenstadt Ishinomaki in der Präfektur Miyagi eine 30 Zentimeter hohe Flutwelle registriert. Die Regierung in Tokio richtete sofort einen Notfallstab ein. Dass ein Shinkansen entgleiste, zeigt, wie stark die Erschütterungen waren. Der Shinkansen ist weltweit berühmt für seine extrem hohe Sicherheit.

Entsprechend fassungslos waren die Japaner, als im Oktober 2004 nach einem Erdbeben ein Shinkansen zum ersten Mal aus der Spur gesprungen war - obgleich auch dabei niemand zu Schaden kam. Noch tagelang war der entgleiste Zug damals im staatlichen Fernsehen zu sehen, so sehr nagte der Fall am Stolz der Nation.

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Nach Angaben der Meteorologischen Behörde ereignete sich das Beben vom Mittwoch vor der Küste von Fukushima in einer Tiefe von rund 60 Kilometern. „Für japanische Verhältnisse ist es mittelgroß“, sagte der Seismologe Marco Bohnhoff vom Potsdamer Geoforschungszentrum (GfZ) am Mittwoch auf Anfrage.

Die Erschütterungen zeigten den Japanern erneut, welche Gefahren auf sie lauern. Starke Erdbeben können jederzeit kommen. Irgendwann, das fürchten viele, wird ein schweres Erdbeben auch Tokio treffen. Japan ist eines der am stärksten von Erdbeben bedrohten Länder der Welt.

Es sei kein unerwartetes Ereignis, betonte Bohnhoff. Die pazifisch-ozeanische Erdplatte schiebe sich unter Japan, dieser Prozess werde aufgehalten, wenn sich die Platten verhakten. Dann sammele sich im Laufe von Jahren bis zu Jahrhunderten Energie, die sich schlagartig entlade. Es sei nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich, dass jetzt unmittelbar noch ein größeres Beben folge. Japans Meteorologische Behörde warnte für die nächsten sieben Tage vor einem möglichen weiteren Beben einer ähnlichen Stärke.

Vor rund elf Jahren starben rund 20.000 Menschen

Am 11. März 2011 hatte sich in Folge eines Seebebens eine gigantische Flutwelle an der Pazifikküste aufgebäumt und alles niedergewalzt: Städte, Dörfer und riesige Anbauflächen versanken in den Wasser- und Schlammmassen. Rund 20.000 Menschen riss die Flut damals in den Tod.

In Fukushima kam es damals in der Folge des Bebens und Tsunamis im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi zu einem Super-GAU. Er wurde in aller Welt zum Sinnbild der „3/11“ genannten Dreifachkatastrophe - auch wenn keiner der Todesfälle auf die Strahlung zurückgeführt wird.

Panik kam unter der Bevölkerung auch diesmal nicht auf. Was im Westen gelegentlich als Gleichmut missverstanden wird, ist tatsächlich Gefasstheit und Durchhaltewillen, mit der Japaner Naturgewalten wie dieser begegnen. Die Erkenntnis, dass man sich letztlich nur damit abfinden kann, auf einem Pulverfass zu leben, hat bei den Inselbewohnern zu außergewöhnlicher Ausdauer in Krisen geführt. (dpa)

Lars Nicolaysen

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