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Anfang Januar starb das Junge der Eisbärin Tonja aus dem Berliner Tierpark Friedrichsfelde. Zuvor hatte es schon Eisbärnachwuchs Fritz nicht geschafft.

© Tierpark

Tierschutz: "Eisbären gehören nicht in Zoos"

Dass der Eisbärennachwuchs im Tierpark stirbt, liegt daran, dass solche Tiere in Zoos nicht artgerecht gehalten werden können, meint ein Verhaltensbiologe.

Wie artgerecht können Zoos Tiere halten? Nach dem erneuten Tod eines Eisbärenjungen im Tierpark Friedrichsfelde stellt sich diese Frage aktueller denn je. „Ein Zoo sollte weniger Arten halten, dafür aber richtig“, sagt der Verhaltensbiologe Karsten Brensing. Den Lebensraum von Eisbären nachzuempfinden, sei aber nahezu unmöglich, also gehörten sie nicht in den Tierpark.

Bildungsauftrag nicht erfüllt

Zoos haben einen Bildungsauftrag. Die Europäische Zoodirektive schreibt vor, Zoos so zu betreiben, dass die Aufklärung in Bezug auf den Erhalt der biologischen Vielfalt gefördert wird, etwa durch Informationen über die zur Schau gestellten Arten und ihre natürlichen Biotope. In deutschen Zoos geschehe das jedoch kaum, meint Brensing.

Zwar fordert der Biologe keine Schließung aller Zoos. Aber die Betreiber sollten sich eingestehen, dass sich manche Arten besser für die Haltung in einem Zoo eignen als andere. Der Anemonenfisch etwa könne wunderbar artgerecht versorgt werden. Mit seiner Anemone hat er seinen gesamten Lebensraum um sich herum. Bei Delphinen hingegen sei dies nahezu unmöglich, ebenso bei Raubkatzen. Die Forschung der letzten zehn Jahre habe gezeigt, dass die kognitiven Leistungen dieser Tiere in den Zoos unterschätzt werden.

Freie Partnerwahl wichtig für die Gesundheit des Nachwuchses?

Außerdem legen Menschen über Zuchtprogramme fest, wer sich mit wem paaren soll, nicht die Tiere selbst. So ist es den Eisbärinnen und Eisbären im Tierpark ergangen. Tiere wählen den Sexualpartner aber auch über den Geruch aus. Neueren Forschungen zufolge hat das Auswirkungen auf die Gesundheit der Nachkommen, weil der Geruch den Partner mit dem am besten „passenden“ Immunsystem anzeigt. „Beachtet man dies nicht, kommen zwangsläufig Nachfahren mit einem weniger guten Immunsystem zustande“, sagt Brensing. Das habe womöglich auch Einfluss auf die Jungtiersterblichkeit von Eisbären.

Zoos bezeichnen sich oft als „Archen“, die Arten vor dem Aussterben bewahren. Auch das treffe nicht auf alle Arten zu. Viele der im Zoo gehaltenen Tiere können nur schlecht wieder ausgewildert werden. Dies betrifft besonders Tiere, die kognitiv hoch entwickelt sind. Nur im Freiland lernen sie die Verhaltensweisen, die zum Überleben wichtig sind. Ein Zoo könne das nicht leisten.

Aus Sicht Brensings ist auch die Handaufzucht der Tiere ein Armutszeugnis der Zoos. „Warum muss ein Tier mit der Hand aufgezogen werden, wenn es artgerecht gehalten wird? In der Natur überleben die Tiere ja auch ohne den menschlichen Eingriff und Medikamente.“ Tiere sollten Anwälte haben, fordert Brensing, der die „Individual Rights Initiative (IRI)“ unterstützt – diese setzt sich für die Einführung einer „Tierlichen Person“ ein.

Buchhinweis: Karsten Brensing: Das Mysterium der Tiere – Was sie denken, was sie fühlen. Aufbau Verlag, 2018, 380 Seiten, 22 Euro

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