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Strahlenquelle. Explodierende Sterne erzeugen Schockwellen, die Protonen ungeahnte Energie verleihen. Als kosmische Strahlung erreichen die Protonen die Erde. Vor allem in großer Höhe sind sie ein Problem, etwa für Piloten und Astronauten.

© Greg Stewart/SLAC

Supernova: Strahlende Sterne

Explodierende Sonnen sind die Quelle energiereicher Teilchen, die auf die Erdatmosphäre treffen. Vor allem in großer Höhe sind sie ein Problem, etwa für Piloten und Astronauten.

Von Rainer Kayser, dpa

Seit langem wurde es vermutet, nun liegt der Beweis vor: Explodierende Sterne erzeugen den größten Teil der kosmischen Strahlung. Dabei handelt es sich um energiereiche Teilchen, hauptsächlich Protonen, die mit großer Geschwindigkeit aus dem Weltall kommend in die irdische Atmosphäre eindringen und dort ganze Teilchenschauer auslösen können. Beobachtungen mit dem Satelliten-Observatorium Fermi zeigen nun erstmals, wie zwei Supernovae Protonen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigen. Im Fachblatt „Science“ berichtet ein internationales Forscherteam über die Ergebnisse der vierjährigen Messungen.

Der österreichische Physiker Victor Hess stieß 1912 bei Ballonflügen auf eine „bislang unbekannte, durchdringende Strahlung“, die seiner Ansicht nach nur „extra-terrestrischen Ursprungs“ sein konnte, da ihre Intensität mit zunehmender Flughöhe anwächst. In den 1930er Jahren erkannten die Physiker, dass es sich tatsächlich um elektrisch geladene Teilchen aus dem Weltall handelt. Pro Sekunde treffen etwa 1000 Teilchen auf jeden Quadratmeter der äußeren Atmosphäre. Zusammenstöße der energiereichen Partikel mit den Molekülen der Luft lösen Schauer mit bis zu 100 Milliarden Sekundär-Teilchen aus, die sich über eine Fläche von mehreren Quadratkilometern verteilen, aber nur zu einem kleinen Teil den Erdboden erreichen.

Ein Teil der kosmischen Strahlung stammt von unserer Sonne. Doch über den Ursprung insbesondere der hochenergetischen Protonen konnten die Astrophysiker bislang nur Vermutungen anstellen. „Die Energie dieser Protonen übertrifft alles, was selbst die größten Teilchenbeschleuniger auf der Erde produzieren können“, sagt Teamleiter Stefan Funk von der Universität Stanford in Kalifornien. „Im vergangenen Jahrhundert haben wir eine Menge über die bei uns eintreffende kosmische Strahlung gelernt. Wir haben gut begründete Vermutungen über den Ursprung ihrer Beschleunigung gehabt. Doch bislang fehlte uns ein eindeutiger Beweis.“

Das Problem ist, dass Protonen elektrisch geladen sind. Deshalb verlaufen ihre Flugbahnen nicht gradlinig. Magnetfelder lenken die Teilchen ab und machen es den Forschern so unmöglich, aus der Ankunftsrichtung der Protonen auf ihre Herkunft zu schließen. Deshalb mussten sie einen indirekten Beweisweg einschlagen. Und hier kommt der Fermi-Satellit ins Spiel, ein Spezialteleskop, das im hochenergetischen Bereich der Gammastrahlung beobachtet.

Supernovae beschleunigen Protonen mithilfe von Stoßwellen und Magnetfeldern auf ihre hohe Energie. Ein Teil der hochenergetischen Protonen stößt in der Umgebung des explodierenden Sterns mit langsamen Protonen des interstellaren Gases zusammen. Dabei entsteht über den Umweg eines exotischen Elementarteilchens, dem neutralen Pion, Gammastrahlung. Und genau diese verräterische Gammastrahlung hat Fermi bei zwei Supernovae-Überresten nachgewiesen.

Von 2008 bis 2012 beobachteten Funk und seine Kollegen die 5000 und 10 000 Lichtjahre entfernten Supernova-Überreste IC 443 im Sternbild Zwillinge und W44 im Sternbild Adler. Die Astronomen schätzen, dass die beiden Sterne vor rund 20 000 Jahren explodiert sind. Bei beiden Objekten gelang es, die Gammastrahlung nachzuweisen, die beim Zerfall der Pionen entsteht.

„Damit haben wir eindeutig gezeigt, dass Supernovae die kosmische Strahlung beschleunigen“, sagt Funk. „Als Nächstes müssen wir nun herausfinden, wie sie das ganz genau machen und wie groß die maximale Energie bei diesem Prozess ist.“

Die kosmische Strahlung ist nicht nur für Astrophysiker von Interesse. Sie führt auch zu einer Strahlenbelastung bei Flügen in großen Höhen. So reichen etwa zehn Interkontinentalflüge aus, um im Durchschnitt die von der Strahlenschutzverordnung zugelassene Höchstbelastung von einem Millisievert zu erreichen. Noch gefährlicher ist die Situation für Raumfahrer, insbesondere wenn sie die schützende Magnetosphäre der Erde verlassen. „Astronauten haben berichtet, dass kosmische Strahlen Lichtblitze in ihren Augen auslösen“, sagt Funk. „Das ist ein Grund, warum ich ihre Tapferkeit bewundere, die Umwelt da draußen ist wirklich rau.“ Überlegungen zum Schutz vor der kosmischen Strahlung spielen deshalb eine wichtige Rolle bei der Planung von bemannten Flügen zum Mars.

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