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Medizinisches Fachpersonal entnimmt die Rachenabstriche durch den Mund oder die Nase. Die Prozedur wird von vielen als unangenehm empfunden.

© Channi Anand/AP/dpa

Studie zum Selbstabstrich: Corona-Antigentests kann man auch zuverlässig selbst durchführen

Bekommt man nur mit medizinisch geschultem Personal genaue Antigentest-Ergebnisse? Nein, bei guter Anleitung gelingt das fast jedem.

„Den Tupfer bitte waagerecht zwei bis drei Zentimeter tief in ein Nasenloch einführen und für 15 Sekunden in kreisenden Bewegungen an den Innenwänden der Nase entlangführen!“ So lautete die mündliche Anweisung, die Teilnehmenden einer aktuellen Studie für einen Selbstversuch gegeben wurde – eine deutlich schonendere Entnahme von Probenmaterial als bei Schnelltests, die von medizinischem Personal durchgeführt werden.

Die Probanden waren Menschen mit Covid-19-typischen Symptomen, die sich für einen Test in die Coronavirus-Untersuchungsstelle der Berliner Charité begeben hatten.

Ziel der Studie war es herauszufinden, ob Antigen-Schnelltests verlässliche Ergebnisse liefern, auch wenn sie nicht von medizinisch ausgebildetem Personal, sondern von Betroffenen selbst ausgeführt werden, die dabei zudem nur im vorderen Nasenbereich und nicht im Rachenraum Nachweismaterial entnehmen.

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„Ein professioneller Nasen-Rachen-Abstrich ist aus zwei Gründen eine Hürde für den breiten Einsatz“, sagt Frank Mockenhaupt, kommissarischer Direktor des Instituts für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit der Charité.

Unangenehmer Abstrich

Zunächst würden viele Menschen den tiefen Nasenabstrich als unangenehm empfinden. Tupfer werden dabei durch die Nase bis in den Rachenraum eingeführt und dort an den Innenwänden entlangbewegt. „Sie werden eine regelmäßige Testung deshalb vielleicht eher meiden“, vermutet Mockenhaupt.

Zweitens binde der Abstrich medizinisches Personal, das auch Schutzausrüstung tragen muss, und er sei organisatorisch aufwendig.

Den Menschen die Tests in die Hand zu geben, wäre eine Entlastung, allerdings muss die Qualität der Durchführung gewährleistet sein und die Aussagekraft richtig beurteilt werden: „Ein Schnelltest ist nur eine Momentaufnahme“, sagte Mockenhaupt dem Tagesspiegel.

Zudem seien die Verfahren, die innerhalb einer halben Stunde ein Ergebnis liefern, weniger empfindlich als die aufwändigeren PCR-Tests, die derzeit standardmäßig verwendet werden. In der Frühphase der Infektion bei hoher Viruslast, und damit vermehrter Ansteckungsfähigkeit, seien die Schnelltest aber relativ zuverlässig. Ein Einsatz etwa unmittelbar vor einem Zusammentreffen mit Menschen aus Risikogruppen könne daher sinnvoll sein, wenn zudem die üblichen Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden.

Zwei Banden auf dem Teststreifen

Gemeinsam mit Claudia Denkinger vom Universitätsklinikum Heidelberg hat Mockenhaupt die Studie aufgesetzt, um Selbstabstriche aus der vorderen Nase unter medizinischer Anleitung als Alternative zu einem professionellen tiefen Nasenabstrich zu prüfen. Bislang ist Laien gesetzlich nicht gestattet, solche Tests durchzuführen, auch wenn sie kommerziell verfügbar sind.

Die Studie fand zwischen Ende September und Mitte Oktober statt. Die freiwillig Teilnehmenden erhielten vom medizinischen Personal zunächst die Instruktionen für den Selbstabstrich und führten ihn mehr oder weniger fachgerecht aus. Anschließend entnahm das Personal einen tiefen Nasenabstrich.

Beide Proben wurden vor Ort auf einen in Deutschland zugelassenen Antigen-Schnelltest aufgetragen und die Ergebnisse miteinander verglichen. Zusätzlich entnahm das Personal einen kombinierten Abstrich aus dem Mund- und Nasen-Rachenraum, um per PCR-Test zu überprüfen ob eine Infektion vorliegt, oder nicht.

39 der 289 Studienteilnehmer waren infiziert, berichtet das Forschungsteam in der Fachzeitschrift „European Respiratory Journal“. Bei 31 von ihnen, knapp 80 Prozent, schlug auch der Antigen-Schnelltest an, wenn die Probe professionell tief aus der Nase entnommen wurde. Der Selbstabstrich aus der vorderen Nase lieferte bei 29 der Infizierten, rund 74 Prozent, das korrekte positive Ergebnis, neben einer Kontrollbande erscheint auf dem Teststreifen eine weitere.

Falsche Sicherheit

„Dass Antigen-Schnelltests nicht so sensitiv sind wie die PCR, hatten wir erwartet“, sagt Denkinger. Tatsächlich fielen die Antigentests insbesondere in den Fällen falsch negativ aus, in denen die Patienten zwar infiziert waren, aber nur eine geringe Viruslast hatten. Betrachtete das Forschungsteam dagegen nur Erkrankte mit hoher Viruslast, schlugen die Antigentests bei tiefen Nasenabstrichen jedes Mal an, bei den Selbstabstrichen in knapp 96 Prozent der Fälle.

„Ein angeleiteter Selbstabstrich war in unserer Studie nicht wesentlich schlechter als ein professioneller Abstrich“, resümiert Mockenhaupt. In weiteren Studien möchte das Forschungsteam neue Abstrichtupfer prüfen, die für die Entnahme im vorderen Nasenbereich besser geeignet sind und die die Genauigkeit des Tests noch erhöhen könnten. „Derzeit läuft auch eine Studie, in der Patienten den Test ganz selbständig ausführen“, berichtet der Arzt.

„Die Schnelltests sind eine wichtige Ergänzung der angespannten PCR-Testkapazitäten“, sagt Mockenhaupt. Allerdings seien Selbstabstriche und Selbsttestungen „nicht unkritisch“: Fehlerhafte Durchführung oder falsches Ablesen kann bei einem falsch negativen Ergebnis falsche Sicherheit nach sich ziehen. Andererseits sollte ein positiver Schnelltest durch eine PCR bestätigt werden, empfiehlt der Arzt.

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