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In Deutschland sind die Leistungsunterschiede zwischen migrantischen und nicht-migrantischen Schülern besonders ausgeprägt.

© IMAGO

Sonderauswertung der Pisa-Studie: Migranten fühlen sich in Schulen oft ausgeschlossen

Schüler mit Migrationshintergrund schneiden in der Schule oft schwächer ab. Ein Grund könnte sein, dass sie sich seltener zur Schule zugehörig fühlen, zeigt eine Sonderauswertung der Pisa-Studie.

Der Leistungsabstand zwischen Schülerinnen und Schüler mit und ohne Migrationshintergrund ist in Deutschland beträchtlich – und im internationalen Vergleich auch noch einmal größer als in vielen anderen Ländern. Dieser Befund ist aus diversen Schulstudien seit langem bekannt. Jetzt bestätigt ihn eine Sonderauswertung der Pisa-Studie von 2015, die am Montag veröffentlicht wurde.

Deutschland gehört demnach mit Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Island, Schweden und der Schweiz zu den Ländern, in denen die Leistungsschwäche unter Schülern mit Migrationshintergrund „besonders ausgeprägt“ ist, wie es in der Studie heißt. Es gibt allerdings auch punktuell etwas positivere Befunde: So hat diese Gruppe zwar überall weniger das Gefühl zur Schule dazuzugehören – in Deutschland liegt dieser Wert aber im internationalen Rahmen.

28 Prozent der 15-Jährigen haben Migrationshintergrund

Insgesamt liegt der Anteil der 15-Jährigen mit Migrationshintergrund in Deutschland bei 28 Prozent: Höher als im Schnitt der OECD-Länder (23 Prozent), geringer aber als etwa in den USA, Australien, Kanada oder Belgien. Der Anteil wächst in Deutschland, aber langsamer als in Staaten wie Österreich, Schweiz, Italien oder Spanien. Knapp die Hälfte dieser Schüler sind Migranten der zweiter Generation (die Kinder sind also in Deutschland geboren, beide Eltern dagegen im Ausland), bei einem Drittel ist ein Elternteil in Deutschland und eines im Ausland geboren. 13 Prozent der Schüler gehören zur ersten Migrantengeneration, sind also wie die Eltern selber noch im Ausland geboren.

Überall sind die Schüler der ersten Generation jene, die am schwächsten abschneiden. In Deutschland erreichen von ihnen nur 46 Prozent die Basiskompetenzen in den drei Pisa-Kernbereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften. Bei der zweiten Migrantengeneration sind es 61 Prozent. Zum Vergleich: Von den Schülern ohne ausländische Wurzeln schaffen das mehr als 80 Prozent. In kaum einem Land sind die Unterschiede zwischen diesen Schülergruppen größer, nur im einstigen Pisa-Musterland Finnland sowie in Frankreich, Ungarn, Israel und Schweden sind die Diskrepanzen ähnlich hoch.

Ausreißer nach oben: Polnischstämmige Jugendliche

Die Studie betrachtet für Deutschland separat türkisch-, polnisch- und italienstämmige Schüler. Auffällig ist, dass unter ihnen allein die polnischstämmigen Jugendlichen der zweiten Generation nach oben „ausreißen“: Sie sind sogar besser als der deutsche Schnitt. Die anderen dagegen haben ein ähnlich hohes Risiko für Leistungsschwächen.

Teilweise erklären sich die Leistungsunterschiede mit dem vergleichsweise niedrigen Bildungsniveau der Eltern und den sozioökonomischen Verhältnissen, in denen sie aufwachsen, heißt es in der Studie – jedoch nicht ganz. Schüler mit Migrationshintergrund haben oft auch sehr viel stärker das Gefühl, in der Schule nicht dazuzugehören, sie haben häufiger schulbezogene Ängste und sind insgesamt unzufrieden mit ihrem Leben. So sagen OECD-weit 41 Prozent der Schüler aus der ersten Migrantengeneration, sie würden sich wenig zur Schule zugehörig fühlen, während es bei denen ohne ausländische Wurzeln 33 Prozent sind. Unter allen Migrantengruppen sind fast ein Drittel mit ihrem Leben unzufrieden. Deutschland liegt hier im Schnitt der OECD-Staaten, besonders hoch ist die Gefahr, sich als Außenseiter zu fühlen, in Spanien und der Slowakei, in Frankreich und in Großbritannien.

Schwierigkeiten mit der Sprache

Als weiteren Grund für den hohen Anteil leistungsschwacher Schüler nennt die Studie Schwierigkeiten mit der Sprache. So spricht in Deutschland knapp 80 Prozent der Migranten erster Generation zuhause nicht die Unterrichtssprache, während es OECD-weit 60 Prozent sind. Bei den Migranten zweiter Generation sprechen knapp 50 Prozent zuhause kein Deutsch (im OECD-Schnitt sprechen 40 Prozent daheim nicht die Unterrichtssprache). Ähnlich hohe Werte wie Deutschland verzeichnen hier erneut Finnland, Schweden und Österreich.

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