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Farbenfroh. Die dunklen, etwa 100 Meter langen Fließstrukturen, die am Hale-Krater im Mars-Sommer sichtbar sind, sollen durch heute noch existierendes salziges Wasser entstanden sein. Was auf dem Bild blau angefärbt ist, ist allerdings kein Wasser, sondern mineralisches Pyroxen.

© NASA/JPL/University of Arizona

Leben im All?: Salziges Rinnsal auf dem Mars

Nasa-Forscher haben Hinweise auf flüssiges Wasser auf dem Mars gefunden. Wenn es tatsächlich existiert, dürfte es eine Salzbrühe sein.

So lebensfeindlich der Mars sein mag – dennoch fließt in periodischen Abständen anscheinend bis heute extrem salzhaltiges Wasser über seine Oberfläche. Das schließen Nasa-Wissenschaftler aus den Daten der Raumsonde „Mars Reconnaissance Orbiter“ (MRO). Mit einem Spektrometer fanden sie die chemische Signatur von Salzhydraten in den dunklen Schlieren, die im Sommer an manchen Steilhängen zu sehen sind.

Wasser gilt als wichtige Voraussetzung für Leben. Seit langem ist bekannt, dass es unter der Mars-Oberfläche Wassereis gibt. Erst im Frühjahr hatten Forscher um Nanna Bjørnholt Karlsson von der Universität von Kopenhagen kalkuliert, dass es auf dem Roten Planeten mehr als 150 Milliarden Kubikmeter Eis geben dürfte. Wenn die Temperaturen etwas steigen, könnte das Eis teilweise schmelzen und saisonale Bäche an den Bergflanken bilden, vermuten Wissenschaftler. Es gibt zahlreiche Geländeformen, die diese These stützen. Doch einen plätschernden Bach haben weder Marsrover noch Sonden bisher entdeckt – schließlich würde pures Wasser entweder gefroren sein oder aufgrund der dünnen Marsatmosphäre schon bei zehn Grad Celsius verdampfen. Ob ausgetrocknete Flusstäler vor Tagen, Jahrzehnten oder Jahrtausenden gefüllt waren, können Planetologen nicht sagen.

Anscheinend verursachte eine Salzbrühe die Fließstrukturen

Mit ihrer aktuellen Analyse im Fachblatt „Nature Geoscience“ meinen die Nasa-Forscher den Beleg gefunden zu haben. Denn die länglichen Strukturen an den Bergflanken enthalten zeitweise hydratisierte, also wasserführende Minerale. Das lege sehr nahe, dass die Fließstrukturen von einer Salzbrühe – abhängig von den Jahreszeiten – geformt würden, sagte der Geologe Alfred McEwen von der Universität Arizona in einer Pressekonferenz der Nasa am Montag.

„Die Oberfläche des Mars ist doch etwas lebensfreundlicher als angenommen“, kommentierte die Nasa-Astrobiologin Mary Beth Wilhelm das Ergebnis. Allerdings seien der Ursprung und die Menge des Wassers weiter unbekannt. Es könnte Eis abschmelzen, das unter dem Marsboden vermutet wird – oder von den Salzen Wasser aus der dünnen Marsluft gebunden werden. Die ist zwar so trocken, dass Regen praktisch unmöglich ist, aber es gibt kaum Daten über den Feuchtigkeitsgehalt der Marsluft dicht über dem Boden.

"Der eindeutige Beweis fehlt."

Ulrich Köhler vom Institut für Planetenforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin kennt die Arbeiten des Teams um McEwen. Die Forscher seien für ihre solide Arbeit bekannt, sagt er – und ist dennoch skeptisch: „Es sind andere Szenarien denkbar.“ An den auffälligen Stellen könne Eis zutage treten und sofort sublimieren. So bezeichnen Experten den unmittelbaren Übergang von festem Eis zu Wasserdampf, ohne den „flüssigen“ Zwischenschritt. Bei einem so geringem Luftdruck, wie er für den Mars typisch ist, sei das wahrscheinlich. „Es könnte natürlich auch sein, dass es ein kleines Rinnsal gab.“ Er hält die Studie für einen weiteren Hinweis zur Beantwortung der Frage, ob es heute flüssiges Wasser auf dem Mars gibt. Aber: „Der eindeutige Beweis fehlt.“

Selbst wenn dieser Beleg einmal erbracht werden wird, so hätten Mars-Gewässer wenig mit denen der Erde gemein: Die Flüssigkeit, über die die Forscher spekulieren, ist eine extrem salzige Brühe. Gewöhnliches Wasser würde bei den eisigen Temperaturen auf dem Roten Planeten gefroren bleiben. Erst wenn Salze hinzukommen, sinkt der Schmelzpunkt weit genug, damit ein flüssiges Medium existieren kann.

Startet nun die gezielte Suche nach Leben auf dem Mars?

Eine Verbindung mit Perchlorat schafft das bei Temperaturen von minus 70 bis 24 Grad Celsius, sagte Lujendra Ojha vom Georgia Institute of Technology. Diese Zusammensetzung würde es dem Leben nicht leicht machen: „Was die Bewohnbarkeit des Mars für lebende Organismen betrifft, ändern die Forschungsergebnisse nichts“, erklärt Christopher McKay, Astrobiologe am Nasa Ames Research Center in Mountain View, der „New York Times“. In der Antarktis gebe es einen Salzsee, der aufgrund einer hohen Kalziumchlorid-Konzentration nicht gefriert – und der kein Leben enthält.

Die Frage, ob es Leben auf dem Mars gibt, sei nun kein abstraktes Gedankenspiel mehr, meinen dagegen jetzt die Nasa-Forscher. Für sie sind die Schlieren vielmehr ein Hinweis darauf, an welchen Stellen sie gezielt danach suchen sollten.

Ob der Marsrover „Curiosity“, der zurzeit den Roten Planeten erkundet, dafür geeignet ist, sei allerdings fraglich. Streifenstrukturen gebe es zwar auch am Mount Sharp, wo der Roboter im letzten Jahr angekommen ist. Deren Zusammensetzung und Ursprung sei jedoch unbekannt. Außerdem ist der Roboter möglicherweise nicht rein genug, um sicher zu sein, ob beobachtete Mikroben wirklich vom Mars kommen oder irdischen Ursprungs sind. Steilhänge wie am Hale-Krater könne der Rover zudem kaum erklimmen. Dafür brauche man Geräte, die extra dafür gebaut werden, hieß es auf der Pressekonferenz. (mit dpa)

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