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Peter-André Alt, FU-Präsident seit 2010.

© Thilo Rückeis

Update

Wechsel zur HRK: Präsident Peter-André Alt verlässt die Freie Universität

Die FU Berlin muss sich einen neuen Präsidenten suchen. Peter-André Alt will Präsident der Hochschulrektorenkonferenz werden. Nachfolger könnte der Mathematiker Günter M. Ziegler werden.

Die Freie Universität wird sich einen neuen Präsidenten suchen müssen. Peter-André Alt will Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) werden. Die Findungskommission der HRK stellte Alt am gestrigen Sonntag als einzigen Kandidat für die am 24. April anstehende Wahl auf. Der Germanist Alt folgt auf den Physiker Horst Hippler, der seit 2012 im Amt ist und turnusgemäß nach zwei mal drei Jahren ausscheidet. Alt war seit 2010 Präsident der FU, im Jahr 2014 für weitere vier Jahre gewählt. An der FU wurde allgemein davon ausgegangen, dass Alt im kommenden Frühjahr zu den dann anstehenden Präsidentenwahlen erneut antritt. Im Jahr 2012 war die FU unter Alt zum zweiten Mal unter die deutschen "Exzellenzunis" gekommen.

Berlins Regierender Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller bedankte sich am Montag für Alts Verdienste um den Berliner Wissenschaftsstandort: „Wir bedauern seinen Weggang sehr und hätten ihn gerne noch viel länger im Dienste unserer Stadt gewusst.“

Im inneren Zirkel hat sich Alt schon vor Wochen erklärt

Im inneren Zirkel der FU ist bereits seit längerem bekannt, dass Alt die Uni verlassen will. Er habe sich schon vor Wochen im Präsidium und in der „Vereinten Mitte“, seiner Liste im Akademischen Senat, erklärt, ist zu hören. Am Montag erschien die Stellenausschreibung bereits im Stellenanzeiger der FU. Dort fehlte der sonst übliche Zusatz „Der Amtsinhaber bewirbt sich“. Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 19. Januar. Bereits am 14. Februar soll der Akademische Senat die Kandidaten nominieren. Die Wahl stünde dann am 2. Mai an. Peter-André Alt will seine eigentlich im Juni endende Amtszeit wegen der Exzellenzinitiative bis Ende Juli verlängern. Der neue Präsident oder die neue Präsidentin (bisher wurde die FU nur von Männern geleitet) könnten also im August antreten.

Wer kommt in Frage? Das rasche Prozedere verweist darauf, dass intern bereits alles auf eine Person zuläuft. Von allen Seiten genannt wird Günter M. Ziegler. Ziegler, Jahrgang 1963, ist ein mit dem Leibnizpreis dekorierter Spitzenmathematiker, der bereits zahlreiche Positionen in der Wissenschaft inne hatte – aktuell ist er unter anderem Mitglied im Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft – und der über große öffentliche Ausstrahlungskraft verfügt. Gerade erst wurde er mit dem Berliner Wissenschaftspreis geehrt. „Er war aber noch nicht Dekan“, gibt ein Professor jedoch zu bedenken, ihm fehle Erfahrung im Uni-Management.

Die Theaterwissenschaftlerin Doris Kolesch, die im Akademischen Senat der „Vereinten Mitte“ vorsteht, hält Günter Ziegler hingegen für den idealen Kandidaten: Er sei ein international herausragender Wissenschaftler, ein sehr guter Wissenschafts-Kommunikator und auch ein sehr zugewandter und offener Mensch. Ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin sollte in der Wissenschaft bestens ausgewiesen sein, außerdem die FU sehr gut kennen und auch schon gut verfolgt haben, was die Berliner Unis mit ihrem Exzellenzantrag vorhaben.

An der FU hat man seit jeher interne Lösungen bevorzugt

Ziegler wollte sich zu der Frage, ob er kandidieren will, am Montag gegenüber dem Tagesspiegel nicht äußern. „Das ist natürlich eine schwierige Situation für die FU – und mitten in der Exzellenzstrategie auch kein günstiger Zeitpunkt“, sagt er lediglich. Für die HRK sei Alt aber „mit seiner integrativen Kraft ein hervorragender Kandidat“.

Günter M. Ziegler, Professor an der Freien Universität und an der Berlin Mathematical School (BMS).
Günter M. Ziegler, Professor an der Freien Universität und an der Berlin Mathematical School (BMS).

© Kay Herschelmann/BMS

Sollte Ziegler sich bereit erklären zu kandidieren, wäre es gleichwohl möglich, dass auch noch eine attraktive Bewerbung von außen kommt. An der FU hat man aber seit jeher interne Lösungen bevorzugt. Geisteswissenschaftler werden sich wieder einen Geisteswissenschaftler an der Spitze wünschen, die anderen Fachvertreter ebenfalls einen Anwalt ihrer Richtung. Entscheidend ist, dass der Kandidat oder die Kandidatin auf Akzeptanz in der „Vereinten Mitte“ stößt, der stärksten Professorenliste im Akademischen Senat. Die „Vereinte Mitte“, an der FU von vielen als „Präsidentenwahlverein“ bezeichnet, sucht typischerweise im Vorfeld der Wahl mit den anderen Professorenlisten, mit dem „Dienstagskreis“ und der „Liberalen Aktion“, nach einer einvernehmlichen Lösung – wenn die Bedeutung der politischen Gruppen in den vergangenen vier Jahren auch noch weiter nachgelassen hat, wie ein Professor sagt. Die Listen werden ins Präsidium mit eigenen Kandidaten für die Ämter der Vizepräsidenten eingebunden.

Als gute Neubesetzung können sich manche die Japanologin Verena Blechinger-Talcott vorstellen, die Mitglied im Akademischen Senat ist. Weil sie zur geschwächten „Liberalen Aktion“ gehört, käme sie als Erste Vizepräsidentin aber eher nicht infrage – diese Position dürfte der „Dienstagskreis“ beanspruchen.

Alt führte die FU zum zweiten Mal unter die "Eliteunis"

Peter-André Alt kann für sich in Anspruch nehmen, die FU im Jahr 2012 im hochselektiven Exzellenzwettbewerb zum zweiten Mal unter die deutschen „Eliteunis“ geführt zu haben. Auch konnte der angesehene Germanist die Universität bestens nach außen vertreten. Viele Uni-Mitglieder schätzen an ihm auch sein umgängliches Auftreten, das ihn von seinem sich zunehmend herrisch gebärdenden, wenn auch in vieler Hinsicht erfolgreichen Vorgänger Dieter Lenzen unterscheidet.

„Peter-André Alt hat die FU auf sehr unaufgeregte, sympathische Weise auf Exzellenzkurs gehalten“, sagt der Historiker Paul Nolte. Er habe den „Erfolgskurs“ nach innen auch besser vermittelt als sein Vorgänger. „Als Professor hatte man das Gefühl, mit einem Kollegen zu sprechen, nicht bloß mit einem Manager.“ Mit Alt habe man das Gespräch leicht auf aktuelle Bücher oder interessante Denker lenken können. Bewundernswert sei es, wie Alt neben seinem Amt noch eine große Freud-Biographie verfasst habe.

„Froh sind wir nicht, dass Alt geht“, sagt Kolesch. Alt sei ein „hervorragender Präsident“, vor allem habe er die FU im Exzellenzwettbewerb „sehr gut geführt“. Aber es kommt auch Kritik. Alt habe es zwar verstanden, die unterschiedlichen Interessen der Fachbereiche „auszutarieren“, heißt es aus einem Dekanat. Allerdings habe man an ihm dabei gelegentlich „einen stärkeren Zug zur Entscheidung vermisst“. Alts Art sei manchmal allzu „geschmeidig“ gewesen: „Wenn man einen Konflikt austragen muss, wünscht man sich doch lieber jemanden mit Ecken und Kanten – selbst wenn man sich eine blutige Nase holt“, sagt der Professor. Der Streit um die Überbuchung von Studienplätzen habe an der FU zu „schweren Verwerfungen“ geführt. Um die vom Berliner Senat geforderte hohe Zahl von Studierenden zu erreichen, müssen beliebte Fächer weit über ihre Aufnahmefähigkeit hinaus Studierende aufnehmen, um leer bleibende Plätze in weniger populären Fächern zu kompensieren. Der Professor hätte vom Präsidium zeitnahe finanzielle Unterstützung erwartet. Die sei aber ausgeblieben.

Was kommt auf die Neue oder den Neuen zu?

Was kommt auf den neuen Präsidenten oder die neue Präsidentin zu? Er oder sie wird die Exzellenzcluster persönlich eng und auch inhaltlich betreuen müssen, wenn die FU ihre Voranträge dieses Jahr im Wettbewerb zum Erfolg führen will, sagt ein Professor. Doris Kolesch sieht Herausforderungen für den Nachfolger unter anderem in der internen Kommunikation, die beschleunigt werden müsse, sowie im Ausgleich der unterschiedlichen Entwicklung der Fachbereiche. Zudem wünscht sich Kolesch, dass sich die FU intern vergewissert, was es bedeutet, eine exzellente Universität zu sein – und zwar auch für die Fachbereiche, die nicht an Vorhaben in der Exzellenzinitiative beteiligt sind.

Entscheidend wird zuerst aber sein, dass die FU den gemeinsamen Antrag mit TU und Humboldt-Uni für die Exzellenzinitiative kontinuierlich weiter treibt. Sabine Kunst, die Präsidentin der Humboldt-Universität, sagt, sie werde Alt als Partner in der geplanten Berlin University Alliance vermissen: „Wir haben uns auf eine wunderbare Art und Weise miteinander eingeschwungen in der Entwicklungszeit des Verbundes“, sagt Kunst. Alt werde jedoch das Präsidenten-Trio noch bis zum Sommer 2018 begleiten – und damit auch die Begehungen zu den vorentscheidenden Forschungscluster-Projekten. „Er verlässt das Schiff nicht, bevor das Konzept für den Verbund steht“, sagt Sabine Kunst. Sicher sei sie sich schließlich auch, dass die FU „einen exzellenten nächsten Präsidenten oder eine Präsidentin hervorbringen wird“. Und nicht zuletzt sei es „für Berlin eine gute Situation, wenn jemand Erfahrenes und Kommunikatives wie Peter-André Alt der HRK eine Stimme mit Grandesse gibt“.

TU-Präsident Christian Thomsen hätte es zwar schön gefunden, wenn Alt FU-Präsident geblieben wäre: „Wir drei Präsidenten haben auch ein gutes persönliches Verhältnis, das ist auch für den Verbundantrag wichtig.“ Er zweifle dennoch nicht, dass die FU eine kompetente Nachfolge finden werde, und es bleibe ja noch ein wenig Zeit: „Ich glaube daher nicht, dass es für Berlin Nachteile in der Exzellenzstrategie geben wird.“ Für die HRK sei Alt auf jeden Fall „die bestmögliche Wahl“.

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