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Gute Bildung - gute Chancen. Die OECD rühmt das duale Ausbildungssystem Deutschlands. Aber zwei Millionen haben keinen abgeschlossenen Berufsabschluss.

© Thilo Rückeis

OECD-Bildungsbericht: Ihr könnt es besser

Deutschlands Bildungswesen ist okay, das geht aus der OECD-Studie "Bildung auf einen Blick" hervor. Damit dürfen sich Politiker nicht zufriedengeben. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Anja Kühne

Vor ein paar Jahren machte eine US-amerikanische Mutter als „tiger mom“ von sich reden. Die Frau mit chinesischen Wurzeln wollte sich mit ihren Erziehungsmethoden ganz bewusst vom milden pädagogischen Stil westlicher Eltern absetzen, die ihre Kinder für jede Selbstverständlichkeit zu loben scheinen. Es gelte schließlich, das ganze Potenzial der Kinder abzurufen, erklärte sie. Ein Bild, das ihr ihre Tochter zum Geburtstag gemalt hatte, gab die „tiger mom“ kühl zurück mit den Worten: „You can do better than that“ – „Das kannst du besser“.

Insgesamt passabel reicht nicht

Wenn es um Erziehung geht, sind solche Methoden in Deutschland zum Glück verpönt. In der Bildungspolitik wäre mehr Ehrgeiz aber durchaus angebracht. So zeigen die Bildungspolitiker jetzt selbstzufrieden den neuen Bildungsbericht der OECD vor. Dabei gilt hier: „Das könnt ihr besser.“

Das trifft gerade deshalb zu, weil Deutschland vom neuen Bildungsbericht der OECD durchaus Lob bekommt. Seine Schulen und Hochschulen stehen insgesamt passabel da. Sie könnten also zügig zu jenen „Treibhäusern der Zukunft“ entwickelt werden, mit denen Deutschland seinen Wohlstand absichern kann – und seine Demokratie, die durch zu viele Bildungsverlierer destabilisiert wird.

Die Ganztagsschule könnte weit mehr sein als sie es in Deutschland ist

Die OECD rühmt Deutschlands duale Berufsausbildung. Zu Recht. Doch fast zwei Millionen haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Manche Schülerinnen und Schüler kommen aus dermaßen verwahrlosten Familien, dass ihnen auch das beste Bildungssystem nicht mehr helfen kann. Viele Benachteiligte könnten aber durchaus besser gefördert werden: durch eine bessere Qualität der Kita-Betreuung und durch eine gut gemachte Ganztagsschule, die weit mehr sein könnte, als sie es in Deutschland noch immer ist.

Deutsche Eltern können froh sein, wenn ihr Kind in den Ferien im Hort aufbewahrt wird. Statt überfüllter Horte müsste es aber flächendeckend Feriencamps geben, in denen Risiko-Schülern liebevoll geholfen wird, ihre emotionalen und kognitiven Schwächen zu bearbeiten. Und in der Oberschule müssten gefährdete Schüler von gut ausgebildeten externen Mentoren mit guten Verbindungen zur regionalen Wirtschaft eng auf dem Weg in die Ausbildung begleitet werden.

Lehrkräfte, die von ihrem Stundendeputat erdrückt werden, haben keine Zeit für Weiterbildung

Was Schüler lernen, hängt entscheidend von der Qualität des Unterrichts ab. Um neue Methoden zu lernen, müssen Lehrkräfte sich aber weiterbilden, kontinuierlich und im Team. Doch wie soll das gehen, wenn sie von ihrem Stundendeputat erdrückt werden?

Deutsche Unternehmen würden gerne mehr Frauen für technische Berufe gewinnen. Hier befindet sich Deutschland aber in einem Teufelskreis. Weil in diesen Bereichen weit mehr Männer arbeiten, glauben viele Deutsche, Männern, nicht aber Frauen, sei das Interesse an Technik angeboren – ein Aberglaube, der in rollenkonformer Erziehung kultiviert wird. Zu wenig kümmern sich die Bildungspolitiker hier um Aufklärung (eine Ausnahme ist Bundesbildungsministerin Johanna Wanka). So gilt auch hier: „Das könnt ihr besser.“

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