zum Hauptinhalt
Studierende laufen durch das Foyer der Philologischen Bibliothek der Freien Universität.

© IMAGO STOCK&PEOPLE

Wahlkampf um die Unileitung in Dahlem: Neues Selbstbewusstsein für die Freie Universität

Erstes Kräftemessen vor dem Kuratorium: An der FU stellen sich Amtsinhaber Günter M. Ziegler und die Kölner Prorektorin Beatrix Busse zur Wahl.

Als „selbstbewusste, wertorientierte, große grüne Campusuniversität im Südwesten Berlins“, sieht Günter M. Ziegler die Freie Universität im Jahr 2030. Sie werde für ihre Angehörigen eine „starke Gemeinschaft und eine attraktive Arbeitgeberin“ sein. So formulierte es der FU-Präsident am Montag im Kuratorium der Universität, dem er sich als Kandidat für eine zweite Amtszeit präsentierte.

Etwas progressiver klang die „Vision für eine schöne Universität der Zukunft“, die Zieglers Herausforderin Beatrix Busse vortrug. „Global, nachhaltig, exzellent und inklusiv“ lauteten die Stichworte der derzeitigen Prorektorin für Lehre und Studium an der Universität Köln und einzigen Herausforderin Zieglers im Kampf um die FU-Präsidentschaft.

Sie wolle eine „wissenschaftliche Gemeinschaft auf Augenhöhe“, in der eine Balance zwischen kompetitiven Elementen und einem „umfassenden sozialen Wohlergehen“ erzielt werden, sagte Busse.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Klar, der heute 58-jährige Mathematiker Günter M. Ziegler ist in Berlin und an der FU nicht erst seit seinem Amtsantritt 2018 bekannt. Zuvor brillierte er als langjähriger TU-Professor mit Prominentenstatus, nachdem er den Leibnizpreis und ERC-Grants geholt hatte und das Gesicht der Berlin Mathematical School und des DFG-Forschungszentrums Matheon war.

Ziegler beschreibt sich als Architekt der BUA

Vor dem Kuratorium fasste Ziegler gleichwohl einige Karriere-Stationen noch einmal zusammen, auch, weil es in dem Gremium unter dem Vorsitz von Ex-Charitéchef Karl Max Einhäupl mit Alena Buyx, der Vorsitzenden des Ethikrats, und Ulrich Khuon, dem Intendanten des Deutschen Theaters, neue Gesichter gibt.

Ein Porträtbild von Beatrix Busse.
Beatrix Busse ist Prorektorin an der Universität Köln und tritt gegen Amtsinhaber Günter M. Ziegler an.

© Promo/Uni Köln

Ein Porträtbild von Günther M. Ziegler.
Günter M. Ziegler ist seit 2018 Präsident der Freien Universität Berlin. Jetzt bewirbt er sich um eine zweite Amtszeit.

© Thilo Rückeis/Tsp

„Selbstbewusstsein“ war für Ziegler auch ein persönliches Stichwort. So beschrieb er sich als Architekt der Berlin University Alliance, in deren Verbund die FU zu wiederholten Mal im Exzellenzwettbewerb erfolgreich war – und Ziegler ihr erster Sprecher und Finanzkoordinator. Die FU könne in der BUA in etlichen Bereichen „vorne dran sein“, etwa bei den Regionalwissenschaften und beim Open Access, dem freien Zugang zu Forschungsergebnissen, sagte er mit Blick auf den Verlängerungsantrag für 2026.

Die Frage aus dem Kuratorium, „wie wichtig oder hinderlich eigene wissenschaftliche Exzellenz“ als Präsident sei, kam nicht von ungefähr. Ziegler wird vorgeworfen, zögerlich zu sein und sich im Machtkampf mit FU-Kanzlerin Andrea Bör nicht durchgesetzt zu haben. Sie hatte an den Gremien vorbei eine Personalagentur mit der Suche nach Gegenkandidat:innen beauftragt.

"Lockdown mit dem Personalrat"

Auf diesen Skandal ging Ziegler nicht direkt ein, betonte aber, aus Fehlern gelernt zu haben: „Ich habe gelernt, dass ich Veränderungen vorschlagen kann und muss.“ In einer zweiten Amtszeit wolle er „Richtlinien formulieren“, um Dinge schneller auf den Weg zu bringen.

Als Volte gegen Bör zu verstehen ist das Versprechen, „schwierige Einstellungsprozesse“ zu beschleunigen und eine Dienstvereinbarung zu flexibler Arbeit zwischen Uni und Homeoffice auf den Weg zu bringen. Da gilt Bör als Bremserin. Ziegler sprach von einem „Lockdown mit den Personalräten“, der über wunden werden müsse.

Expertin für Machine Learning und Hochschulmanagement

Solchen Herausforderungen, die auf sie als Präsidentin zukommen würden, widmete sich Beatrix Busse nicht. Deutlich wurde aber, dass sie sich in FU-Charakteristika eingearbeitet hat und sich die Aufgabe zutraut. Die Professorin für Englische Sprachwissenschaft und Expertin für die Analyse großer Textkorpora mithilfe von KI und Machine Learning bringt wissenschaftliche Reputation und erfolgreiche Bewerbungen um ein DFG-Kolleg sowie um Exzellenzprojekte mit.

Außerdem hat die heute 48-Jährige als Mitbegründerin der Heidelberg School of Education für die Lehrkräftebildung und frühere Prorektorin auch dieser Exzellenzuniversität reiche Erfahrung im Wissenschafts- und Hochschulmanagement. Ihre Arbeitsweise demonstrierte Busse dem Kuratorium mit einer Analyse der Publikationen der FU zu den Themen der UN-Nachhaltigkeitsziele, den Sustainable Development Goals, auf die sie die Forschung der Universität stärker ausrichten würde.

Gut sei die FU etwa bei Studien zur Verringerung von Ungleichheit und zur Geschlechtergerechtigkeit – eine gute Ausgangsbasis, wie Busse befand.

Lehrkräftebildung als neue Identitätsfrage der FU

Die Lehrkräftebildung sieht die Bewerberin als „eine der größten Herausforderungen unserer Zeit“, sie auszubauen müsse eine „Identitätsfrage für die FU werden“. Auch zu einer anderen, nicht weniger vordringlichen Berliner Baustelle, den nach dem neuen Hochschulgesetz garantierten Dauerstellen für Postdoktoranden auf Haushaltsstellen, äußerte sich Busse. Dass die FU eine gute Arbeitgeberin werden müsse, sei ihre erste Priorität. Es brauche „zuverlässige Karriereperspektiven auf allen Stufen“, etwa durch „einen Tenure Track im Mittelbau“ und Stellen für Junior- und Seniorlecturer, für die sie in Köln bereits ein Konzept entwickelt habe. Aber, und da ist sich Busse mit Ziegler einig, in der gegenwärtigen Form sei die Berliner Regelung nicht umzusetzen.

Welcher Eindruck bleibt von den Kandidat:innen, die am Mittwoch im Akademischen Senat noch einmal vortragen werden, bevor im Februar gewählt wird? Wenn Günter M. Ziegler über die BUA spricht, tritt er als Macher auf, geht es um die inneren Angelegenheiten der FU, gerät er eher in die Defensive. Beatrix Busse tritt souverän auf und sprudelt vor Plänen. Führungswillen für die FU haben beide demonstriert.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false