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Blick auf die Berliner Akademie von der Treppe des Konzerthauses am Gendarmenmarkt.

© Mike Wolff

Neuer Präsident der Berliner Akademie: Corona-Gespräche am Gendarmenmarkt

„Ein Laboratorium der Aufklärung in Zeiten der Unsicherheit" will Christoph Markschies aus der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften machen.

Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) will sich mit ihrem neuen Präsidenten Christoph Markschies verstärkt in aktuelle gesellschaftliche Diskurse einschalten. „Wir wollen den Aufklärungsbegriff nicht den Populisten überlassen“, sagte Markschies am Montag in einem programmatischen Statement im Stammhaus am Gendarmenmarkt.

Der Berliner Theologe und Historiker, der 2006 bis 2010 Präsident der Humboldt-Uni war, übernimmt das Amt am 1. Oktober von dem Mathematiker Martin Grötschel – und sieht die Akademie als künftiges „Laboratorium der Aufklärung in Zeiten der Unsicherheit“.

Am konkretesten wird dieser Anspruch mit abendlichen „Corona-Gesprächen“. Zum Auftakt am 28. Oktober diskutiert Christoph Möllers, Jurist an der Humboldt-Uni, mit Gorki-Intendantin Shermin Langhoff, was in der Krise systemrelevant sei. In den folgenden Gesprächen im November und Dezember geht es um die Rolle der Akademien in der „wissenschaftsbasierten Politikberatung“ sowie um Verschwörungstheorien und Wissenschaftsfeindlichkeit.

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Den Ansatz der BBAW sieht Markschies bei solchen strittigen Themen folgendermaßen: „Mit einer Diskussion unterschiedlicher wissenschaftlicher Hypothesen verstärkt die Akademie nicht die gegenwärtigen fundamentalen Unsicherheiten, sondern prüft wie in einem Laboratorium Hypothesen, scheidet unwissenschaftliche aus und versieht exzellente gleichsam mit einem Gütesiegel.“

Ein Porträtbild von Christoph Markschies.
Christoph Markschies, Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

© Pablo Castagnola

Dazu sei die BBAW in der Lage, weil ihre Arbeit in besonderer Weise durch die Freiheit der Wissenschaft geprägt sei: „Sie wählt ihre Mitglieder selbst zu und setzt sich ihre Forschungsthemen selbst.“

Mit dem Bus durch Berlin und Brandenburg

Die Akademie werde buchstäblich „auf die Marktplätze gehen“ – und damit sind nicht nur der Gendarmenmarkt und der Potsdamer Sitz am Neuen Markt gemeint. Markschies plant mit Akademiemitgliedern in einem Bus durch Berlin und Brandenburg zu fahren und das Gespräch zu suchen.

Etwas elitärer wird es wohl bei monatlichen Mittagssalons zugehen, die geistige Nahrung mit Schmackhaftem verbinden sollen – letzteres zum Preis von acht Euro. So sieht der neue Präsident die Aufgabe seines Hauses mehr in der Wissenschaftskommunikation als in der „Kurzzeitpolitikberatung“, für die die Nationale Akademie Leopoldina und die Acatech zuständig seien. Für fundierte Stellungnahmen könne sich die BBAW dann mehr Zeit lassen.

[Lesen Sie auch unseren Bericht über das Corona-Glossar der Akademie: Sprachwandel in Zeiten der Pandemie]

Auch in der Forschung soll die Akademie aktiver werden. Markschies und die neue Vizepräsidentin Julia Fischer, Leiterin der Abteilung Kognitive Ethnologie am Deutschen Primaten-Zentrum in Göttingen, sowie der neue Vizepräsident Reinhard Hüttl, Vorstand des Geoforschungszentrums Potsdam, wollen Akademiemitglieder als Fellows ins Haus holen.

Akademieinstitute der DDR kommen zurück - transformiert

Damit solle der Charakter der „Arbeitsakademie“ gestärkt werden. Dazu dienen auch neue Forschungszentren an der BBAW, mit denen das Modell der Akademieinstitute der DDR aufgegriffen wird – in transformierter Gestalt, wie Markschies betont. Diese Reform hatte bereits Grötschel angeschoben. Damit sieht der neue Präsident die BBAW auch als potenzielles Vorbild für andere Länderakademien, die sich demnächst allesamt einer Evaluation durch den Wissenschaftsrat unterziehen müssen.

„Um in globalisierten Zeiten Wissenschaft adäquat abzubilden, perforieren wir die Grenzen zwischen Mitgliedern, Mitarbeitenden und Nicht-Mitgliedern, steigern Diversity und Internationalität und öffnen uns im Sinne von open science und citizen science“, verspricht Markschies.

Auftakt für diese Aufbrüche sei die Ausstellung von Herlinde Koelbl zur „Faszination Wissenschaft“, die am 5. Oktober eröffnet. Koelbl zeigt Porträts von 60 weltweit führenden Naturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, die verraten, was sie antreibt – mit einem Statement, das sie sich auf die Hand geschrieben haben. Akademiemitglieder sind dabei auch neu zu entdecken.

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