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Neue Hochschultypen: „Professional Schools“ für Deutschland

In der deutschen Hochschullandschaft sollen neue Blumen blühen. Der Wissenschaftsrat empfiehlt den Ländern neben den bisherigen Haupttypen, den Universitäten und Fachhochschulen, weitere Hochschularten zuzulassen und „den Typenzwang zu lockern“.

Dabei sollen vor allem Einrichtungen entstehen, die der Lehre „stärkeres Gewicht einräumen“.

Der Wissenschaftsrat sieht die beiden jetzigen Hochschulformen von der Fülle der neuer Anforderungen – von der Exzellenzinitiative bis zur Seniorenuni – unter „Stress“ gesetzt und „überfordert“. Das binäre Schema behindere flexible Reaktionen auf immer neue Ansprüche der Gesellschaft und einer immer heterogener werdenden Studierendenschaft. Neue Hochschultypen könnten für Entlastung sorgen, indem sie sich „auf Spezialfunktionen konzentrieren“, heißt es in den jetzt in Lübeck beschlossenen Empfehlungen. Als Beispiele nennt der Wissenschaftsrat die Duale Hochschule Baden-Württemberg, deren Studierende zugleich wissenschaftlich als auch in Unternehmen ausgebildet werden, sowie Weiterbildungshochschulen oder die Fernuniversität Hagen.

Auch innerhalb der Hochschulen sollten Aufgaben „stärker gebündelt“ werden, rät der Wissenschaftsrat. „Colleges“ und „Professional Schools“ sollten zu „Untereinheiten“ der Hochschulen werden, „aber eine eigene organisatorische Struktur erhalten“. Bei den „Colleges“ sieht das Gremium die Niederlande als Vorbild. Zielgruppe sind Studierende, die sich noch nicht auf ein Fach festlegen wollen und darum Kurse aus Natur- und Kulturwissenschaften kombinieren. Nach drei Jahren ist ein Bachelor of Arts oder ein Bachelor of Science erreicht. Der Wissenschaftsrat empfiehlt Seminare in Kleingruppen von nicht mehr als 25 Studierenden. Weil das Personal einen „Schwerpunkt in der Lehre“ hätte und das College die Infrastruktur der Hochschule benutzen würde, würden die Kosten auf dem üblichen Niveau gehalten werden.

Die „Professional School“ nach amerikanischem Vorbild soll innerhalb der deutschen Hochschulen „ein anwendungsbezogenes Kompetenzzentrum“ bilden, also eine stark berufsbezogene wissenschaftliche Ausbildung anbieten, etwa in der Lehrerbildung, in der Rechtsprechung und Rechtspflege, in Medizin und im Management. Diese Untereinheiten könnten auch als selbstständige Institutionen ganz aus der Hochschule ausgegliedert werden. Die privaten Business Schools in Deutschland entsprächen funktional diesem Typus schon jetzt.

Das Risiko, die neue Vielfalt könne zu einer „wachsenden Unübersichtlichkeit“ und neuen Schwierigkeiten bei der Qualitätssicherung führen, sieht der Wissenschaftsrat wohl, sagte Peter Strohschneider, der Vorsitzende des Gremiums, am Montag in Berlin. Übergangsweise sei das aber in Kauf zu nehmen. Entscheidend ist für den Wissenschaftsrat, dass Hochschulen und Politik ihre Fixierung auf das „Exzellenzparadigma“ beenden. Dieses gefährde die nötige „funktionale Differenzierung“, weil Qualitätsanforderungen jenseits der Spitzenforschung gar nicht gesehen würden. Alternative Selbstentwürfe von Hochschulen würden aber nur verfolgt werden, wenn sie Erfolg auf Anerkennung versprechen. Der Wissenschaftsrat rät der Politik, entsprechende Leistungsanreize zu schaffen – auch über Wettbewerbe.

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