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Klimax. Regen wie am 8. Juli wird in Japan zukünftig wohl häufiger fallen.

© Kyodo/dpa

Naturkatastrophen: Wo der Wandel das Wetter macht

Waren die Fluten in Japan Folge der Klimaerwärmung? Ja, auch – sogar mehr als ähnliche Fälle anderswo.

Die Tourismusbehörde wirbt mit dem Slogan „Land des Sonnenscheins“ für Japans Präfektur Okayama. Und doch traf der sintflutartige Regen, der den Südosten des Pazifikstaates im Juli überraschte, die sonst vergleichsweise regenarme Provinz massiv. Bis zu 4900 Liter fielen pro Quadratmeter, etwa das Vierfache des durchschnittlichen Jahresniederschlages. Große Flächen wurden überschwemmt, bislang zählten die Behörden 218 Todesopfer. Zehntausende Menschen mussten zeitweise in Notunterkünften untergebracht werden, mehr als 4500 von ihnen leben auch zwei Wochen nach dem Unglück noch dort. Damit sind die Überschwemmungen die folgenschwerste Naturkatastrophe seit dem Tsunami von 2011. Und sie werden nicht die letzte gewesen sein.

Mehr Wärme, mehr Feuchtigkeit

„Durch die Erderwärmung sind häufigere und schlimmere Extremniederschläge und Hitzewellen zu erwarten“, sagt der Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Die Zunahme von Starkregenereignissen erkläre sich dadurch, dass durch die erhöhte Temperatur in der Atmosphäre mehr Wasser verdunste – zwei bis drei Prozent mehr pro Grad Erwärmung. Außerdem nimmt wärmere Luft auch mehr Wasser auf. Pro Grad Erwärmung sind es hier sieben Prozent.

Dieser Mechanismus habe auch bei den extremen Regenfällen in Japan eine Rolle gespielt, sagt Rahmstorf. Dadurch, dass die Luft insgesamt mehr Feuchtigkeit aufnehmen konnte, gebe sie auch mehr Feuchtigkeit auf einmal ab. Beim Abkühlen über Hiroshima und Okayama sei die Luft förmlich ausgewrungen worden wie ein vollgesogener Schwamm – mit verheerenden Folgen.

Regionale Unterschiede

Dass die Häufigkeit von Starkregen aufgrund des Klimawandels bereits zunimmt, legt eine Analyse eines Forscherteams um Jascha Lehmann und Dim Coumou nahe, veröffentlich 2015 im Fachblatt „Climatic Change“. Dazu zogen die Forscher Wetterdaten heran, die von weltweit verteilten Messstationen im Zeitraum 1901 bis 2010 gesammelt worden waren. Demnach ist die Verteilung der Regenfälle noch bis 1980 mit natürlichen Ursachen zu erklären. In den letzten 40 Jahren jedoch werde jedoch eine stetige Zunahme von extremen Starkregen registriert. Eine Zunahme, die auch zu dem Anstieg der globalen Temperatur passe. Bis zu zwölf Prozent der Extremniederschläge seit 1980, so die Schlussfolgerung, sei auf den Klimawandel zurückzuführen.

Regional wirken sich die Veränderungen sehr unterschiedlich aus. Südostasien bekommt gegenüber der Zeit vor 1980 besonders viel Starkregen ab. Hier wurde eine Zunahme um 56 Prozent verzeichnet. In Europa seien es 31 Prozent. Andere Regionen beobachten sogar eine Abnahme. So sei die Wahrscheinlichkeit im Mittelmeerraum um 27 Prozent, im Westen der USA um 21 Prozent gesunken. Beide Regionen sind von Trockenheit bedroht.

Generell ist es schwierig einzelne Wetterereignisse dem Klimawandel zuzuordnen. Das liegt an der natürlichen Beziehung zwischen Klima und Wetter, erklärt der Geophysiker Holger Kantz vom Max-Planck-Institut für die Physik komplexer Systeme in Dresden. Man könne sich das Klima ein Stück weit wie einen Würfel vorstellen, bei dem jede Zahl ein Wetterereignis darstellt. Der Würfel gibt vor, wie wahrscheinlich es ist, eine bestimmte Zahl zu würfeln. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, könne man auch mit einem normalen Würfel manchmal zehnmal hintereinander dieselbe Zahl würfeln. Das durch die Erderwärmung veränderte Klima hingegen entspreche einem gezinkten Würfel: Die Wahrscheinlichkeit für bestimmte Wetterereignisse wie Starkregenereignisse verändere sich.

Menschgemacht heißt auch: beeinflussbar

Auch, welchen Einfluss durch Menschen verursachter Klimawandel etwa auf die diesjährige Sommerdürre in Teilen Deutschlands hat, ist unklar. Bei Null wird er aber kaum gelegen haben.

Insgesamt sieht es nach einer Zunahme von Extremwetter aus – und nicht nur in Japan, auch in Deutschland. Für Resignation sei es aber zu früh, sagt Coumou: „Weil dieser Trend übereinstimmend ist mit der vom Menschen verursachten globalen Erwärmung, kann er auch vom Menschen wieder gedreht werden – wenn er den Ausstoß von Treibhausgasen aus fossilen Brennstoffen rasch und stark reduziert.“

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