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Voller Einsatz. Berlin ist bei den Professorengehältern bereits jetzt bundesweit Schlusslicht. Die geplante Neuregelung der Besoldung könnte den Abstand vergrößern.

© Mike Wolff

Professoren in Berlin und ihre Gehälter: Mehr Geld für Hochschullehrer - aber mit Tücken

In Berlin verdienen Professoren bundesweit am wenigsten. Nach einem Verfassungsgerichtsurteil müssen die Gehälter steigen. Doch ein Gesetzentwurf, der dem Tagesspiegel vorliegt, empört die Hochschullehrer der Hauptstadt.

Für Berliner Professoren war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2012 über die „evident unzureichende“ Besoldung von Hochschullehrern eine Genugtuung. Zwar bezog sich Karlsruhe auf den Fall eines Professors in Hessen. Doch in Berlin ist der Lohn für Lehre und Forschung seit Jahren noch niedriger. Die Hauptstadt ist bundesweit das Schlusslicht: Derzeit bekommen die hiesigen Hochschullehrer in der mittleren Besoldungsgruppe W 2 mit 4190 Euro Grundgehalt gut 1300 Euro weniger als ihre Kollegen in Baden-Württemberg. Gegen die zu niedrige Berliner Besoldung hatte sich kürzlich auch ein „Aufschrei“ von Professoren im Tagesspiegel gerichtet. Doch die Hoffnung, dass sich die Lage durch das Karlsruher Urteil wesentlich bessern würde, scheint sich nicht zu erfüllen.

Nach einem Gesetzentwurf für die neue Professorenbesoldung, der dem Tagesspiegel vorliegt, könnten die Professoren zwar monatlich bis zu 660 Euro mehr erhalten. Bisher erarbeitete Zulagen für besondere Leistungen sollen aber vollständig damit verrechnet werden. Das sei ein Nullsummenspiel, sagt Christian Thomsen, Präsident der Technischen Universität und Sprecher der Landesrektorenkonferenz. Berlin hätte die Reform nutzen müssen, um die Grundgehälter „an das obere Drittel des Bundesdurchschnitts heranzuführen“. Wenn dies nicht geschehe, werde Berlin „berufungsunfähig“.

Der Abstand anderer Länder zu Berlin wächst weiter

Als Folge des Karlsruher Richterspruchs muss die Professorenbesoldung bundesweit neu geregelt werden – gelten sollte dies bereits ab dem 1. Januar 2013. Dreh- und Angelpunkt der 2002 eingeführten W-Besoldung ist das Verhältnis zwischen dem Grundgehalt und den individuellen Zulagen, die sich Professoren durch Leistungen in Lehre und Forschung verdienen können. Bis zum Beginn dieses Jahres hatten alle Länder außer Berlin und dem Saarland Entwürfe vorgelegt und vielerorts auch schon neue Gesetze beschlossen. Einige Länder gehen dabei ähnlich vor wie Berlin. Doch unter anderem in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Niedersachsen bleiben 50 Prozent der Leistungsbezüge erhalten. Professoren dort bekommen also durch die Reform tatsächlich mehr Gehalt, der Abstand zu Berlin wächst weiter.

Der Berliner Referentenentwurf kursiert jetzt in den Hochschulen, bis zum 10. Juni sollen sie Stellungnahmen dazu abgeben (der Entwurf findet sich hier). Schon jetzt steht fest: Sie werden negativ ausfallen. Was plant der Senat? Den Aufschlag auf das Grundgehalt will das Land als „Aufstockungsbetrag“ gewähren. Dieser beträgt bei W 2-Professoren rund 646 Euro rückwirkend ab dem 1. Januar 2013 und – aufgrund einer zwischenzeitlichen Tariferhöhung – 659 Euro ab dem 1. August 2013. Das Gehalt der „Vollprofessoren“ in der Gruppe W 3 kann maximal um 473 Euro steigen (bis 1. August 2013 um 464 Euro).

Wer Zulagen für eine Funktion an der Uni bekommt, darf sie behalten

Die Leistungszulagen und solche, die Professoren in Berufungsverhandlungen vereinbaren, werden allerdings in der Höhe des Aufstockungsbetrags gestrichen. Davon ausgenommen sind nur „Funktionsleistungsbezüge“, die etwa Dekane erhalten. Dass diese künftig auch Leitern von Forschungsclustern gewährt werden sollen, sieht die Wissenschaftsverwaltung als deutliche Verbesserung. Doch für die Unis bleibt das eine „Mogelpackung“, wie eine Musterrechnung zeigt. Hatte ein W2-Prof bislang rund 4200 Euro Grundgehalt sowie 1000 Euro Leistungszulagen für Lehre und Forschung und damit 5200 Euro brutto im Monat, käme er nach der neuen Regelung auf dieselbe Summe: 4200 Euro Grundgehalt, rund 660 Euro Aufstockungsbetrag und der Rest der Zulagen in Höhe von 340 Euro.

Wer Zulagen hat, die unter dem maximalen Aufstockungsbetrag liegen, erhält die Differenz als „individuellen Aufstockungsbetrag“. Eine Wirtschaftswissenschaftlerin an einer Berliner FH, die unlängst eine Berufungszulage von rund 600 Euro erhielt und nun nicht einmal 60 Euro zusätzlich bekommen würde, fühlt sich düpiert. „Ich hatte gut verhandelt – und jetzt wird das einfach so verrechnet.“

Nur "nackt berufene Professoren" können voll von der Aufstockung profitieren

Voll profitieren kann nur die kleine Gruppe der Wissenschaftler, die „nackt“, also ohne Berufungszulage an die Hochschule gekommen ist und sich noch keine Leistungszulagen erarbeitet hat. Doch auch das empört den Rest der Professorenschaft. Denn die W-Besoldung soll den Leistungsgedanken stärken – mit einem Grundgehalt, das niedriger ist als die alte C-Besoldung, und mit lohnenden Zulagen für individuelle Leistungen.

Welchen Anreiz sollte ein „nackt Berufener“ noch haben, sich anzustrengen, fragt Angela Schwenk, Berliner Vorsitzende des Hochschullehrerbundes der Fachhochschulen. Er müsse an der Beuth-Hochschule, wo Schwenk Mathematik lehrt, zehn Jahre warten, bis er sich zum Grundgehalt plus Aufstockungsbetrag etwas dazuverdienen kann. „Berlin war schon immer benachteiligt und bekommt jetzt von allen Neuregelungen die ungünstigste Variante“, sagt Schwenk.

HU-Jurist Battis soll den Berliner Gesetzentwurf prüfen

Formal orientiert sich der Berliner Gesetzentwurf am Karlsruher Urteil. Die Richter hatten gefordert, ein W 2-Professor dürfe nicht schlechter gestellt sein als ein Studienrat. Um das Abstandsgebot zur nächsten Karrierestufe einzuhalten, müssten auch die W 3-Gehälter angehoben werden. Darauf antwortet Berlin mit einer Einstufung gemäß Beamtenbesoldung A 15, Stufe 9, für W 2-Professoren und A 16, Stufe 6, für W 3-Professoren. Die Differenz des bisherigen Berliner Grundgehalts zu A 15 und A 16 wird durch die Aufstockungsbeträge abgebildet.

Um zu klären, ob die geplante Berliner Regelung verfassungsgemäß ist, hat die Landesrektorenkonferenz den Verwaltungsrechtler der Humboldt-Uni, Ulrich Battis, um Gutachten gebeten, sagt TU-Präsident Thomsen. Battis hatte bereits Ende 2012 im Auftrag der Hochschulrektorenkonferenz bis dahin vorliegende Gesetzentwürfe gesichtet. Unter anderem befand er, schon die Anrechnung der Zulagen sei verfassungswidrig, weil sie gegen das Leistungsprinzip verstoße.

Problematisch seien auch Details des Berliner Entwurfs, heißt es in Unikreisen, etwa der zu geringe Anteil der Leistungszulagen, der auf das Ruhegehalt angerechnet wird. Über einen Kompromiss, der dem Senat unterbreitet werden soll, streiten die Präsidenten noch. Uneins seien sie sich auch, ob das Battis-Gutachten in die Stellungnahme an den Senat einfließen müsse. Der Abgabetermin soll jetzt vorerst verschoben werden.

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