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Medizinstudierende üben an einer Puppe.

© dpa

Medizinstudium in Berlin: Charité will Lerntag für Studierende streichen

Medizinstudierende an der Charité kämpfen für ihren Lerntag im Praktischen Jahr. Sie nutzen ihn auch, um zu jobben. Doch die Uni will, dass sie künftig in der Klinik für Prüfungen lernen.

Im Praktischen Jahr (PJ) erproben Medizin-Studierende ihre Fähigkeiten in einer Klinik, bevor sie ihr Studium abschließen. Danach trennen sie nur noch eine Prüfung und die Approbation vom Beruf des Arztes oder der Ärztin. Um für die abschließende Prüfung lernen zu können, durften die Medizin-Studierenden der Charité in ihrem PJ bislang täglich nach sechs Stunden die Klinik verlassen. Alternativ konnten die Kliniken ihnen auch erlauben, an vier Tagen der Woche je acht Stunden zu arbeiten und dafür einen ganzen „Studientag“ einzulegen. Viele Studierende nutzen die freien Stunden oder den freien Tag bislang auch für Lohnarbeit, da das PJ an der Charité unbezahlt ist.

Doch nun will der Fakultätsrat die „Ordnung über das Praktische Jahr“ ändern. Die Studierenden sollen nach dem neuen Entwurf während der beiden täglichen Lernstunden, die ihnen zustehen, in der Klinik bleiben. „Für das Literaturstudium sind zwei Stunden pro Tag zu gewähren. Es ist während der Anwesenheit in der Ausbildungsstätte durchzuführen“, heißt es in dem Entwurf. Die Kliniken dürften den Studierenden außerdem keinen Studientag mehr geben.

"Sollen wir jetzt zwei Stunden lang auf dem Flur lernen?"

Studierende protestieren dagegen, sie fühlen sich gegängelt und fürchten, die Chance zum Jobben zu verlieren. Die Pressestelle der Charité begründete die geplanten Änderungen damit, dass sich die PJ-Ordnung an die im Juli 2012 durch das Bundesgesundheitsministerium geänderte Approbationsordnung für Ärzte anpassen müsse. Zu Hintergründen und Details will man sich aber nicht äußern.

Die geplante Anwesenheitspflicht während der Lernstunden würde eine Einschränkung der Selbstbestimmung der Studierenden darstellen, sagt Sebastian Langer, studentischer Vertreter in der Ausbildungskommission. „Die Charité hat Millionen für ein zentrales modernes Lernzentrum ausgegeben. Und jetzt sollen die Studierenden lieber zwei Stunden am Tag auf dem Krankenhausflur lernen?“ Die Studierenden vermuten, die Anwesenheitspflicht solle es den personell unterbesetzten Berliner Kliniken leichter machen, die PJ-ler länger zu beschäftigen.

Viele müssen jobben, um sich das Studium zu finanzieren

Langer befürchtet auch ökonomische Probleme für viele Studierende. Im Praktischen Jahr seien die meisten über 24 Jahre alt, bekämen also kein Kindergeld mehr und müssten die Krankenversicherung selbst zahlen. Ohne die Möglichkeit, am freien Tag zu jobben, werde es für viele noch schwieriger, sich im Praktischen Jahr zu finanzieren. „Die Hemmschwelle, Medizin zu studieren wird so für Abiturienten ohne reiche Eltern noch größer“, sagt Langer. Die Erklärung der Charité weist der Studierendenvertreter zurück. In der Approbationsordnung für Ärzte stehe nichts von einer Umgestaltung der Lernzeiten im PJ.

Der Entwurf für die neue Ordnung wurde am 11. November von der PJ-Kommission beschlossen, von der Ausbildungskommission am 17. November jedoch abgelehnt. Das letzte Wort hat nun am 1. Dezember der Fakultätsrat. Notfalls wollen die Studierendenvertreter dann von ihrem Gruppenveto Gebrauch machen.

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