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Masken zu tragen, schützt andere und einen selbst vor Ansteckung mit Viren wie Sars-CoV-2. Doch es kommt auf den Maskentyp an und darauf, aus welchem Material sie besteht.

© Cheng Min/XinHua/dpa

Masken, Visiere, Kunststoffscheiben: Wie Materialien vor einer Infektion mit dem Coronavirus schützen

Risikogruppen müssen sich vor Infektionen mit Sars-CoV-2 schützen. Welche Materialien und welche Methoden eignen sich am besten? Eine Übersicht.

Das Coronavirus gelangt vorrangig über die Luft zu anderen. Wer infektiös ist und schreit, singt, niest, hustet, spricht oder einfach nur atmet, gibt die Erreger ab. Das gebräuchlichste Mittel, diese aufzuhalten, sind Masken – vor Mund und Nase von Infizierten sowie den betreffenden Gesichtspartien der zu schützenden Personen. Sie werden auch Mund-Nasen-Schutz genannt.

Es gibt sehr unterschiedliche Typen, im Wesentlichen sind es diese drei: die OP-Maske, auch als Chirurgenmaske bezeichnet, die FFP-Maske (von Filtering Face Piece) sowie die selbstgefertigten Masken, auch „Community Masks“ genannt. Die unerwünschten Partikel abzuscheiden, geschieht durch vier Prozesse.

Erstens die Interzeption: Partikel, die einer Faser so nahe kommen, dass sie diese berühren, können daran haften. Zweitens die Impaktion: Vor allem schwere Partikel folgen kaum der Luftströmung um eine Faser herum, sondern treffen direkt auf und bleiben haften. Drittens die Diffusions-Abscheidung: Vor allem kleine Partikel führen zusätzlich zu ihrer Bewegung mit der Luftströmung eine Diffusionsbewegung aus. Treffen sie dabei auf eine Faser des Filtermaterials, können sie haften bleiben. Viertens die elektrostatische Abscheidung: Im Feld um eine elektrostatisch geladene Faser können geladene Partikel abgelenkt werden und ebenfalls auftreffen und dort haften bleiben.

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„Grundsätzlich sind die ersten beiden Prozesse eher bei größeren Partikeln ab etwa einem Mikrometer wirksam, während die letzten zwei besonders bei kleinen unter 0,1 Mikrometern wirken“, sagt Frank Drewnick vom Max-Planck-Institut für Chemie (MPIC) in Mainz.

Normalerweise erforscht er Aerosole in der Atmosphäre. Im Zuge der Coronakrise haben er und sein Team die Messapparate umgerüstet und mehr als 40 Materialien untersucht, wie gut diese kleine Partikel aus einem Luftstrom abscheiden. Es sind vor allem Alltagsmaterialien wie Baumwollstoffe, Polyester, Vlies, die für selbstgefertigte Masken infrage kommen, sowie OP- und FFP-Masken. „Dies sind keine Zertifizierungsmessungen“, stellt Drewnick klar. „Aber Anhaltspunkte geben sie durchaus.“

Erhebliche Unterschiede in der Abscheideeffizienz

Demnach funktioniert die Abscheidung bei sehr kleinen (deutlich unter 0,1 Mikrometer Durchmesser) und bei sehr großen (deutlich über 1 Mikrometer) Partikeln besser, während sie in einem Bereich zwischen 0,1 und 0,5 Mikrometern am schlechtesten funktioniert. Das ist allerdings in etwa die Größe der Sars-CoV-2-Viren.

„Man muss aber bedenken, dass diese oft in größeren Tröpfchen oder Partikeln enthalten sind, die besser abgeschieden werden“, sagt der MPIC-Forscher. Viren ohne ein schützendes Tröpfchen um sich herum sind zwar kleiner, doch wie lange sie überlebensfähig und infektiös sind, lässt sich bisher nicht eindeutig sagen. Weiterhin zeigen die von Drewnicks Team untersuchten Materialien für selbstgemachte Masken erhebliche Unterschiede in der Abscheideeffizienz.

Einige Kunstfasern scheiden demnach kleine Partikel sehr gut ab. Dies könnte daran liegen, dass sie eher elektrostatisch geladen sind. Ob frisch ausgeschiedene Coronaviren oder Tröpfchen das auch sind, sei unklar, sagt der Forscher. „Aus der Aerosolphysik wissen wir, dass Partikel, die aus einem Wasserfilm herausgerissen werden wie bei einem Spray, oft elektrisch geladen sind.“

Der Grund: Das Ganze geschieht so schnell, dass sich nicht alle Elektronen im „richtigen“ Tropfen wiederfinden. „Wenn Coronaviren durch Husten und Niesen ausgeschleudert werden, könnten dabei ähnliche Bedingungen herrschen.“

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Masken für die Pflegepraxis

Eine sehr gute Abscheidung für alle Partikelgrößen haben die Forscher bei OP-Masken und FFP-2-Masken gemessen. Doch auch in dieser Kategorie gab es Produkte, deren Effizienz bei mittleren Partikelgrößen nur halb so gut war wie bei anderen Masken des gleichen Typs. „Ohne entsprechende Messung können diese Maskenmaterialien nicht von höherwertigen unterschieden werden“, lautet das Fazit.

Bei Community-Masken variieren die Werte deutlich, selbst wenn sich die Materialien ähneln. Insbesondere bei Baumwolle werden Partikel besser abgeschieden, je fester der Stoff gewebt ist. Es wäre jedoch verfrüht, auf Basis der wenigen Messungen allgemeingültige Aussagen abzuleiten, warnen die Forscher.

Wer nicht nur behördliche Vorgaben erfüllen, sondern sich selbst schützen möchte, sollte in jedem Fall zu einer professionellen Maske greifen. Sie sind besser geeignet als Stoffmasken, um Atemwegserkrankungen zu vermeiden.

Das zeigt eine große Studie mit mehr als 1600 Probanden von Chandini Raina MacIntyre und Kollegen, die 2015 im Fachjournal „BMJ Open“ erschienen ist. Verglichen mit OP-Masken schneiden FFP-2-Masken in Labortests etwas besser ab und dürften in der Pflegepraxis besser geeignet sein, um eine Ansteckung mit Covid-19 zu vermeiden. So lautet das Fazit einer aktuellen Analyse in „BMJ Global Health“, für die ein Team um Amy Jones 67 Studien ausgewertet hat.

Maske mit Durchblick

Immer häufiger sieht man transparente Visiere vor dem Gesicht, die ähnlich funktionieren wie die Kunststoffscheiben an Ladenkassen: Virushaltige Tröpfchen treffen auf die Scheibe und haften dort. Die Flüssigkeit verdunstet, der Rest bleibt kleben – und kann später mittels Seifenlösung oder haushaltsüblichen Desinfektionsmitteln entfernt werden. Das spart Müll.

Eli Perencevich von der Universität Iowa, einer der Verfechter der Face Shields, zählt in einem Kommentar im Fachblatt „Jama“ noch weitere Vorteile auf: Die Visiere erfordern keine besonderen Materialien und werden inzwischen von verschiedensten Unternehmen wie Apple oder Nike hergestellt; Engpässe wie bei OP-Masken werden so umgangen.

Face Shields sind transparent und daher für Kommunikation besser geeignet, da die Mimik und auch die Lippenbewegung erkennbar ist. Gerade für den Alltag in Pflegeeinrichtungen ist dies wichtig. Sitzt das Visier gut auf dem Kopf, setzt man es nicht immer auf und ab wie eine Maske, sodass man sich nicht oder seltener ins Gesicht fasst, was die Infektionsgefahr senkt.

Wie gut Face Shields schützen, haben William Lindsley und Team mit einem Husten-Simulator untersucht. Über die Distanz von einem halben Meter hielt das Visier 96 Prozent der soeben ausgeschleuderten Aerosole zurück. Die Forscher maßen zudem die Aerosolaufnahme über die nächsten 30 Minuten. Wie zu erwarten, gingen die schweren Partikel zu Boden, die leichten schwebten aber weiter in der Luft und verteilten sich im Raum. Nach einer halben Stunde war die Aersolbelastung der „eingeatmeten“ Luft nur noch um 23 Prozent verringert.

In der Raumluft schwebende Aerosole

Die entscheidenden Fragen lauten daher: Sind Sars-Co-2-Viren in kleinen, leichten Aerosolen auch nach mehren Minuten noch infektiös? Und wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, ein solches Aerosol aufzunehmen?

Was schützt, ist der Faktor Zeit: Die Tröpfchen verdunsten. Je nach Ursprungsgröße und Luftfeuchtigkeit dauert es Sekunden bis Stunden, bis die Viren freigelegt sind, haben die MPIC-Forscher berechnet. Ist das Virus ohne schützende Flüssigkeitshülle, dürfte es vertrocknen und unschädlich werden – in welcher Zeit, ist unklar. Was die Aerosole gefährlich macht, ist ihre Ausbreitung: Je kleiner und folglich leichter sie sind, umso weniger neigen sie zum Fallen, sondern schweben in der Luft, selbst über Tage. Mit den feinen Luftströmungen können sie sich überallhin verbreiten.

„Es gibt es immer mehr Kenntnisse darüber, dass für die Sars-CoV-2-Übertragung neben den Tröpfchen auch längere Zeit in der Raumluft schwebende Aerosole relevant sind“, sagt Christian Brandt, Direktor des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin bei Vivantes und aktiv in einer entsprechenden Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie. „Diese werden durch Face Shields alleine nicht abgehalten, weil die Virenwolke von hinten beziehungsweise von unten vordringen und eingeatmet werden kann.“

Der Forscher hebt hervor, dass „das virushaltige Aerosol möglicherweise bis zu Stunden infektiös ist“ und warnt davor, diese Visiere allein zu nutzen. In Krankenhäusern würden Face Shields, als Alternative zu Brillen, stets ergänzend zu medizinischen Masken eingesetzt. Dadurch würde zudem die „wertvolle“ Maske vor direkten Tröpfchen geschützt und kann beispielsweise bis zur nächsten Pause getragen werden, muss also nicht nach jedem Patienten gewechselt werden.

Für alltägliche Situationen hat er eine klare Position: „Face Shield alleine, das geht keinesfalls. Die Regelung einiger Bundesländer wie Hessen, dass Personal in der Gastronomie Face Shields statt Masken tragen darf, ist aus meiner Sicht nicht sachgerecht.“

Zusätzliche Maßnahmen empfehlenswert

Vor diesem Hintergrund sind auch die Kunststoffscheiben an Kassen zu bewerten: Sie schützen vor Tröpfcheninfektionen, aber nicht vor Aerosolen. Tröpfchen, die dort womöglich auf Waren oder Wechselgeld fallen, dürften kaum zur Ansteckung führen. „Die allermeisten Sars-CoV-2-Infektionen werden aerogen und nicht als Kontaktinfektion übertragen“, sagt Brandt. Um sicherzugehen, ist auch nach dem Einkauf gründliches Händewaschen allemal sinnvoll.

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Was besonders gut eine Infektion verhindert, zeigt eine Übersichtsarbeit im Fachblatt „Lancet“, die 172 Studien zu Covid-19, Sars und Mers herangezogen hat. Demnach schützen Masken etwas besser als Schutzbrillen beziehungsweise Face Shields, obgleich die Datenlage nicht optimal für eine solide Aussage ist. Noch größer ist der Effekt, wenn man konsequent Abstand hält – mindestens einen Meter, je mehr, desto besser.

Werden diese Maßnahmen kombiniert, nimmt der Schutz weiter zu, schreiben die Forscher und betonen, dass es aber keine hundertprozentige Sicherheit gebe. Sie empfehlen, unbedingt zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, etwa Handhygiene und Lüften, um Ansteckungen zu vermeiden.

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