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Ein 60er-Jahre Gebäude einer Universitätsklinik, an dem auf Umbaumaßnahmen hingewiesen wird.

© Axel Heimken/dpa

Marode Unigebäude und moderne Lehre: Sanierungsstau von 60 Milliarden Euro beim Hochschulbau

Im Koalitionsvertrag der Ampel fehlt der Hochschulbau. Jetzt mahnt der Wissenschaftsrat eine Beteiligung des Bundes an, um Uni- und FH-Gebäude zu modernisieren.

Auf bis zu 60 Milliarden Euro könnten sich die Kosten für den Sanierungsstau belaufen, den die Hochschulen in Deutschland "zu verkraften" haben. Das geht aus einer Expertise des Wissenschaftsrats hervor, die am Montag präsentiert wurde. Zum einen würden viele Gebäude auf ihre Instandsetzung warten, zum anderen seien aber auch "zahlreiche Umbaumaßnahmen notwendig", erklärte der Wissenschaftsrat.

Flächen, Räume und Ausstattung der Hochschulgebäude müssten modernisiert und "an neuen Anforderungen ausgerichtet" werden. "Diese entstehen beispielsweise durch innovative Ansätze in Forschung und Lehre, die digitale Transformation oder die Ausrichtung des Baus und Betriebs von Hochschulen an Nachhaltigkeitszielen", heißt es in einer Mitteilung.

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Doch woher sollen die 60 Milliarden Euro kommen, die dafür notwendig wären? Der Wissenschaftsrat will - wenig überraschend - den Bund in die Pflicht nehmen. Der Hochschulbau brauche einen "höheren Stellenwert in der Wissenschaftspolitik". Tatsächlich fehlt die Problematik des Sanierungsstaus im Koalitionsvertrag der Rot-grün-gelben Bundesregierung.

Lesen Sie dazu die aktuelle Kolumne von Jan-Martin Wiarda: Baut die maroden Hochschulen wieder auf!

Der Auftrag an den Wissenschaftsrat, sich mit dem Thema zu befassen, kam bereits 2020 von der Länderseite - auf Initiative Hamburgs. Die Problematik sei augenfällig, sagte die soeben wiedergewählte Vorsitzende des Wissenschaftsrats, Dorothea Wagner, Professorin für Informatik am Karlsruher Institut für Technologie: "Hochschulen und ihre Gebäude prägen das Bild der Stadt, aber ihre Sanierungsbedürftigkeit ist oft nicht zu übersehen."

Konkret empfiehlt der Wissenschaftsrat, "zu prüfen, welche Kooperationsmöglichkeiten von Bund und Ländern auf Grundlage des Art. 91b GG noch besser ausgeschöpft werden können". Das Gremium verbindet diesen Auftrag mit Nachhaltigkeitszielen beim Umbau der Hochschulen.

"Eine Chance für den Klimaschutz"

„Da ein großer Teil des Energieverbrauchs auf die Hochschulliegenschaften entfällt, bietet eine Stärkung des Hochschulbaus zudem die Chance, einen wirkungsvollen Beitrag zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu leisten“, erklärt Wagner. Eine Arbeitsgruppe des Wissenschaftsrats unter Vorsitz von Cameron Tropea, Professor für Strömungslehre und Aerodynamik an der Technischen Universität Darmstadt, hat Vorschläge entwickelt, wie der Sanierungsstau beschleunigt behoben werden könne.

Empfohlen wird dazu unter anderem, die Planung zu digitalisieren, alternative Vergabemodelle zu nutzen, um "unterschiedliche Akteure und zahlreichen Planungs- und Bauabschnitte zu integrieren". Wissenschaftler:innen und Studierende sollten in die Planung und Umsetzung eingebunden werden, damit "Baumaßnahmen den tatsächlichen Bedarf nicht verfehlen und die Wirtschaftlichkeit millionenschwerer Investitionen gefährden".

Ziel dieser Verfahren sei es, "den Hochschulbau aus der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Dynamik heraus zu entwickeln und an dieser Zielsetzung die Organisation und die Finanzierung auszurichten". In einer Zeit steigender Baupreise ruft der Wissenschaftsrat außerdem dazu auf, "die eindeutig identifizierten Aufgaben in der Sanierung und Modernisierung schnellstmöglich anzugehen".

In Hessen sind Hochschulen auch Bauherrinnen

In den Ländern wird dies schon jetzt unterschiedlich gehandhabt. Hamburg, das seinen Sanierungsbedarf auf bis zu drei Milliarden beziffert, sieht die "verbesserte Organisation" im Einsatz eines öffentlichen Gebäudedienstleisters, der die Bauaufgaben der Hochschulen übernommen hat. So könnten sich diese, wie Finanzsenator Andreas Dressel, Länder-Sprecher im Wissenschaftsrat, auf Forschung und Lehre konzentrieren, anstatt "darauf zu achten, wo es durchregnet".

Hessen dagegen stärkt die Bauautonomie der Hochschulen, übergibt ihnen die Bauherreneigenschaft. Zudem hat das Land bereits 2007, nach der Föderalismusreform, die den Hochschulbau allein den Ländern zuschrieb, ein eigenes Milliardenprogramm aufgelegt. Von 2008 bis 2031 stünden insgesamt 5,7 Milliarden Euro zur Verfügung, erläuterte Wissenschaftsstaatssekretärin Ayse Asar.

Senator Dressler betonte indes, beim Hochschulbau "brauchen wir auch wieder den Schulterschluss mit dem Bund". Man wolle zwar nicht an der Länderzuständigkeit rütteln, sehe aber in der Tat Möglichkeiten, vom 60-Millarden-Paket des Bundes für die Klimatransformation zu profitieren.

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