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Bisher verfügbare antivirale Wirkstoffe wirken nur begrenzt.

© Christin Klose/dpa-tmn

Stellungnahme zu antiviralen Mitteln: Leopoldina-Präsident fordert Impfpflicht für Multiplikatoren

Die Leopoldina rät, antivirale Medikamente gegen neue Pandemien zu entwickeln. Der Präsident findet im Vorwort deutliche Worte für die gegenwärtige Situation.

Die neue Ad-hoc-Stellungnahme der Leopoldina zu antiviralen Wirkstoffen erscheint „zu einem Zeitpunkt, zu dem die Coronavirus‐Pandemie auch in Deutschland mit der vierten Welle wieder stark an Dynamik gewonnen hat“, schreibt Gerald Haug, der Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften im Vorwort.

Anders als vor einem Jahr wären viele Infektionsschutz‐Maßnahmen trotz steigender Infektionszahlen zurückgefahren worden. Haug kritisiert einen „Mangel an Prävention, klaren Regeln und Stringenz“ und spricht sich dafür aus, den Infektionsschutz jetzt wieder zu verstärken, auch mit umstrittenen Maßnahmen: eine angemessenere Regelung zur Offenlegung des Impfstatus in der Arbeitsschutzverordnung, eine größere Geltungsreichweite der 2G‐Regel und Impfpflichten für Multiplikatorengruppen.

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Letztere werden nicht näher spezifiziert, aber aufgrund der engen Kontakte mit Risikogruppen dürften etwa Gruppen wie medizinisches und Pflegepersonal dazu gehören.

Molnupiravir ist das bislang einzige antivirale Mittel in Tablettenform, das in einem Land (UK) zugelassen ist.

© AFP

Weil virale und andere Pandemien auch zukünftig zu erwarten sind, fordert Haug „jetzt die Konsequenzen aus den Erfahrungen der letzten zwei Jahre zu ziehen“, vorhandene Strukturen zu verbessern und dort neue zu schaffen, wo die Pandemie Lücken offenbart hat. Eine dieser Lücken klafft bislang bei den Behandlungsmöglichkeiten für Covid-19-Erkrankte. Gegenstand der Stellungnahme ist der dringende Appell der Leopoldina, die Forschung an antiviralen Medikamenten zu stärken.

Begrenzt wirksame Behandlungsmöglichkeiten

Mit dem Mittel Molnupiravir wurde kürzlich ein Mittel im Vereinigten Königreich zugelassen, dass gegen das Virus wirkt, nachdem sich Menschen damit infiziert haben. Als Tablette kann es von den Patient:innen zudem selbstständig eingenommen werden. Besonders Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen könnte die Einnahme vor einem schweren Verlauf und dem Tod schützen.

Weitere solcher Mittel sollen folgen, bislang sind es jedoch nur wenige, die sich zumindest nach Angaben der Hersteller als sicher und wirksam erweisen. Fachveröffentlichungen zu großen klinischen Studien stehen aus.

Bisher verfügbare antivirale Wirkstoffe gegen das Coronavirus Sars‐Cov‐2 würden nur begrenzt wirken, hätten erhebliche unerwünschte Nebenwirkungen, wären zu teuer oder zu aufwendig herzustellen und anzuwenden. „Diese Faktoren schränkten ihre breite Nutzung deutlich ein“, schreiben die 30 Autor:innen, unter ihnen Christian Drosten von der Berliner Charité, Sandra Ciesek, von der Uniklinik Frankfurt und Thomas Mettenleiter vom Friedrich‐Loeffler‐Institut, Greifswald.

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„Wichtig sind hochwirksame Wirkstoffe, die möglichst früh nach Infektion eingesetzt werden können, um die Virusvermehrung und die Weitergabe der Erreger zu stoppen“, sagt die Chemikerin und Virologin Helga Rübsamen-Schaeff, Sprecherin der Arbeitsgruppe.

„Die Entwicklung von Wirkstoffen darf nicht erst dann beginnen, wenn ein neues pandemisches Virus aufgetreten ist“, wird der Virologe Ralf Bartenschlager von der Universität Heidelberg in einer Mitteilung der Leopoldina zitiert. Sie sollte schon im Vorfeld mit Nachdruck vorangetrieben werden und auf Breitbandwirkstoffe abzielen, die gegen möglichst viele verschiedene Vertreter einer Virusfamilie wirken.

Mittel für die endemische Phase

Die Autor:innen gehen davon aus, dass Sars-Cov-2 endemisch wird, also dauerhaft in Teilen der Bevölkerung zirkuliert. Daher seien auch nach dem Abklingen der Pandemie Infektionen, schwere Verläufe und Todesfälle zu erwarten.

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Über Impfstoffe, Diagnostik zur Früherkennung und verfügbare Therapien hinaus würden antivirale Wirkstoffe benötigt, mit denen nicht vollständig Geimpfte oder immunschwache Personen behandelt werden könnten. „Zudem könnten sich neue Virusvarianten entwickeln, die sich teilweise der Schutzwirkung der Impfung entziehen“, warnen die Autor:innen.

Wirkstoffe die als Tabletten oder Inhalationssprays verabreicht werden können, könnten auf globaler Ebene wichtig werden, da große Teile der Weltbevölkerung keinen ausreichenden Zugang zu Impfstoffen und medizinischer Versorgung haben.

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„Die gegenwärtige Pandemie hat aber auch gezeigt, dass es bislang eine unzureichende Vorbereitung auf neu auftretende Erreger gab“, heißt es in der Stellungnahme. Um zukünftig besser auf neue Pandemien reagieren zu können, komme es auf die Grundlagenforschung und die Weiterentwicklung sowie die Bevorratung möglichst breit wirksamer antiviraler Medikamente an.

Eine weitere Empfehlung lautet, zirkulierende Virusstämme und ihr Potenzial, Pandemien auszulösen besser zu überwachen. Dazu brauche das öffentliche Gesundheitswesen besseren Zugang zu Sequenzierkapazitäten für virales Erbgut und Sequenzdatenbanken, um neue auftretende Virusvarianten schnell zu erkennen und ihre Ausbreitung verfolgen zu können.

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