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In Metall- und Elektrotechnik ist der Mangel an Studienbewerbern für das Berufsschullehramt besonders gravierend.

© Daniel Bockwoldt/dpa

Lehrkräfte für Berufsschulen: „Mehr Frauen für gewerblich-technische Fächer interessieren“

Lehrermangel und Quereinsteiger sind für Berufsschulen nichts Neues. Unis müssten versuchen, Frauen mehr für technische Fächer zu interessieren, sagt Ulf Schrader von der TU Berlin.

Herr Schrader, unter den neu zum Schuljahr eingestellten Lehrkräften in Berlin waren an den beruflichen Schulen 70 Prozent Quereinsteiger. Der Lehrermangel an den Berufsschulen ist also noch dramatischer als an den Integrierten Sekundarschulen und den Sonderschulen. Warum ist es so unattraktiv, Berufsschullehrer oder -lehrerin zu werden?

Es ist durch durchaus attraktiv, aber in Zeiten guter Konjunktur gibt es auch attraktive Alternativen. Wer in der Lage ist, ein technisches Studium zu bewältigen, muss für ein gutes Gehalt und einen sicheren Job nicht in den öffentlichen Dienst gehen. In den Berufsschulen gibt es zudem  traditionell einen hohen Anteil an Quereinsteigern. Ein Teil dieser Lehrkräfte unterrichtet in Bereichen, in denen Berlin gar kein Studium anbietet, etwa in den Gesundheitsberufen oder in der Gestaltung. Hier müssen ausgebildete Lehrkräfte ohnehin überregional rekrutiert werden. Wir denken derzeit darüber nach, inwieweit es möglich ist, entsprechende Studiengänge auch in Berlin einzurichten.

Hätte die Politik etwas tun können, um dem Lehrkräftemangel an Berufsschulen entgegenzuwirken?

Schwer zu sagen. Die Politik hätte versuchen können, den Lehrerberuf in Mangelfächern attraktiver zu machen, etwa, indem solche Lehrkräfte weniger unterrichten müssen oder mehr Geld bekommen. Aber ob das wirklich wünschenswert und politisch umsetzbar wäre, ist eine andere Frage. Eine gute Finanzausstattung der Unis für ein attraktives Studienangebot sind natürlich auch ein Faktor.

Die TU Berlin bietet Studiengänge in acht beruflichen Fachrichtungen und in der Arbeitslehre an. Wo ist die Bewerberlage besonders schwierig, wo ist sie eher entspannt?

Entspannt ist die Lage in Ernährung/Lebensmittelwissenschaft, aber auch in Medientechnik. Sehr wenig Bewerber haben wir hingegen für Metalltechnik und Elektrotechnik. Hier hatten wir in der Vergangenheit selten mehr als fünf Studienanfänger, die Absolventenzahlen sind entsprechend im unteren einstelligen Bereich. Das ist ein bundesweites Problem. Hilfreich ist hier die mit dem neuen Berliner Lehrkräftebildungsgesetz geschaffene Möglichkeit: Wer den Bachelor in Elektrotechnik nicht aufs Lehramt studiert hat, kann trotzdem nahtlos in den Lehramtsmaster wechseln, weil er die Informationstechnik fast vollständig als zweites Fach angerechnet bekommt. Auf diesem Wege haben wir im letzten Studienjahr 14 Studierende für den Lehramts-Master gewonnen. Ähnliche „Q-Master“-Angebote soll es ab nächstem Jahr mit Zweitfach Mathe geben. Bei unserer Ausbildung für das allgemeinbildende Schulfach Wirtschaft-Arbeit-Technik haben wir fast drei Mal so viel Bewerbungen wie Plätze.

Ulf Schrader ist Professor für Arbeitslehre/Ökonomie und leitet die School of Education der TU.
Ulf Schrader ist Professor für Arbeitslehre/Ökonomie und leitet die School of Education der TU.

© Promo/T. Sakatis

Wie viele Studierende brechen das Studium im Schnitt ab?

Das kann ich so genau gar nicht sagen, da es eine solche Statistik über Bachelor und Master hinweg nicht gibt. Wir wissen aber, dass die Erfolgsquoten in den unterschiedlichen Studiengängen stark schwanken. Ein Jahr nach Ablauf der Regelstudienzeit hatten in der Vergangenheit über die Hälfte der Studierenden in der Arbeitslehre oder in der Ernährung ihren Bachelor in der Tasche – aber nur etwa jeder fünfte in der Elektrotechnik oder im Land- und Gartenbau. Wer den Bachelor erfolgreich absolviert hat, geht dann oft auch in den Master, wo die Erfolgsquoten deutlich höher sind. Wir wollen hier noch besser werden, indem wir, die Studierenden besser beraten und auf ihre Kritik am Curriculum eingehen. Außerdem kann man hoffen, dass das Land noch mehr tut, um den Berliner Schuldienst attraktiver zu machen.

Der Berliner Senat verlangt angesichts des Lehrermangels deutlich höhere Absolventenzahlen im Lehramtsstudium von den Unis. Was bedeutet das für die TU?

Wir wollen etwa in Arbeitslehre zum kommenden Semester 120 Studierende aufnehmen, vorher waren es 80. Das erfordert zusätzliche Lehrkapazitäten. Bei den Absolventenzahlen sehen wir hier schon jetzt einen positiven Trend – mit Verzögerung, weil das Masterstudium im Jahr 2015/2016 um ein Jahr verlängert wurde. In anderen Fächern müssen wir versuchen, mehr Studienanfänger zu interessieren. So werben wir bereits fürs Lehramtsstudium bei den Studierenden, die das Orientierungsstudium MINT-Grün der TU wahrnehmen. Außerdem müssen wir versuchen, mehr Frauen für die gewerblich-technischen Lehrämter zu interessieren. Studien zeigen, dass das gelingt, wenn man die gesellschaftliche Relevanz dieser Fächer stärker herausstellt.

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