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Gibt es gezielt wirkende Medikamente, die nicht nur die Symptome lindern?

© Getty Images/Solskin

Last der Krankheit: Wo bleiben die Covid-Medikamente für alle?

Seit drei Jahren wird die Behandlung von Covid-19 intensiv erforscht. Zwar wurden Fehler gemacht, einige Medikamente haben sich aber bewährt.

Vor Weihnachten gab es eine Welle, und jetzt auch wieder: Nach wie vor stecken sich viele Menschen mit dem Coronavirus Sars-Cov-2 an. Die Impfung schützt weiterhin sehr gut vor Krankenhaus und Tod, aber seit der Ankunft der Omikron-Varianten Anfang 2022 nur noch wenig vor Ansteckung.

Das bedeutet: Die Zeiten der überlasteten Krankenhäuser und Intensivstationen sind vorbei, aber sehr viele Menschen werden krank – und nicht nur mit „etwas Schnupfen“. Nicht wenige sind über Tage geplagt von Fieber und Abgeschlagenheit. Neben der Sorge um Long Covid stellt sich die Frage: Was haben drei Jahre intensive Corona-Forschung ergeben, um diese akute Krankheitsphase zu lindern? Gibt es gezielt wirkende Medikamente, die nicht nur die Symptome lindern, wie etwa den oft starken Hustenreiz?

Seit gut einem Jahr hat sich Paxlovid als wirksames Medikament bewährt. Es blockiert direkt die Vermehrung des Virus in den infizierten Körperzellen. In der Praxis gibt es zwei Schwierigkeiten. Das Medikament muss schnell gegeben werden – innerhalb weniger Tagen nach Ansteckung, sonst nimmt der Nutzen schnell ab.

Und: Paxlovid wird zurzeit vor allem bei Menschen aus Risikogruppen angewendet. Gerade diese Menschen nehmen häufig Mittel wie Cholesterinsenker ein. Es muss daher fallweise geprüft werden, ob problematische Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten bestehen. Beide Hürden sind natürlich nicht unüberwindbar. Doch häufig mangelt es insbesondere bei den Hausärzten noch an Erfahrung und Routine, die erst aufgebaut werden muss.

Doch was ist eigentlich mit den jüngeren Menschen ohne Vorerkrankungen? Könnte die nicht auch einfach Paxlovid einnehmen, um das Leiden an der Infektion abzukürzen? Dabei gibt es leider einen Haken. In den klinischen Studien zu Paxlovid wurde geprüft, ob das Medikament vor Krankenhausaufenthalten und Tod bewahrt. Die meisten Menschen sind davon aber nicht bedroht.

Ob das Mittel auch in der breiten Anwendung einen Vorteil bringt, müsste erst bewiesen werden. Und auch dann bleibt die Frage: Wäre es angemessen, das Medikament, das mehrere hundert Euro pro Behandlung kostet, zu verschreiben, um ein oder zwei Tage Fieber abzukürzen?  

Immunreaktion dämpfen

Ein anderer Behandlungsansatz besteht darin, nicht das Virus selbst zu bekämpfen, sondern die gerade bei schweren Verläufen fehlgeleitete Immunreaktion zu dämpfen. Einen klaren Nutzen hat schon im Juni 2020 das Medikament Dexamethason gezeigt, das zur Gruppe der Glucocorticoide gehört, umgangssprachlich auch Cortison genannt. Ärzte setzen den günstigen Wirkstoff bereits seit 60 Jahren ein – doch er ist nur bei schweren Verläufen für den Einsatz im Krankenhaus angezeigt.

Ohnehin kann eine fehlgeleitete Immunantwort bei Covid-19 auf unterschiedliche Weise entstehen. In manchen Fällen sind die an sich notwendigen Entzündungsreaktionen zu stark. In anderen Fällen reagiert das Immunsystem zu schwach oder verzögert auf das Virus. Befördert wird die Immunantwort normalerweise durch bestimmte Botenstoffe im Körper, die Interferone. Es ist also ein naheliegender Gedanke, diese Stoffe auch als Medikamente einzusetzen; Versuche gibt es schon länger, etwa bei der Behandlung der Grippe.

Auch wenn es bisher keinen Durchbruch gab, wurden Interferone auch bei Covid-19 getestet, mit mäßigem, aber auch wie kürzlich positiven Resultaten. Dass und wie Interferone biologisch wirken, ist bekannt. Damit in der medizinischen Praxis einen Nutzen zu erzielen, ist aber schwierig. Eventuell wäre eine vorbeugende Anwendung möglich, um beispielsweise bei einem Corona-Ausbruch in einem Altersheim alle Bewohnerinnen und Bewohner damit zu behandeln.

Hype um Ivermectin

Neben den Fortschritten hat die Medikamentenforschung in der Pandemie auch klare Schwachstellen offenbart. Im ersten Pandemie-Jahr entstand ein öffentlicher Hype um mögliche Medikamente wie Hydroxychloroquin oder Ivermectin, die eigentlich gegen Malaria bzw. Parasiten eingesetzt werden – weil Laborexperimente eine Wirksamkeit gegen Sars-Cov-2 gezeigt hatten. Wegen der riesigen Aufmerksamkeit floss in der Folge viel Zeit und Geld in ihre weitere Erforschung, obwohl früh die geringe Aussicht auf Erfolg offensichtlich war.

Andere Ansätze wurden hingegen vernachlässigt. So gab es erfolgversprechende Resultate bei der Behandlung mit dem Asthma-Medikament Budesonid. Wie Dexamethason handelt es sich um ein Glucocorticoid („Cortison“), das aber inhaliert wird. Doch nach wie vor ist kaum bekannt, wie ratsam ein häufiger Einsatz tatsächlich wäre und wie es bei Covid-19 korrekt angewendet werden müsste. Unter anderem müsste das Risiko für die mögliche Nebenwirkung eines Pilzbefalls im Mund minimiert werden.

Weil Sars-Cov-2 so schnell, ein bis drei Tage nach Ansteckung, krank macht, gilt auch weiterhin: Vorbeugen ist besser als heilen. Die Impfung ist daher immer noch das wirksamste Mittel, da Medikamente oft zu spät kommen. Trotzdem: Nach wie vor ist die Krankheitslast durch Sars-Cov-2 in der Bevölkerung hoch. Der Einsatz wirksamer Medikamente sollte weiter erforscht werden.

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