zum Hauptinhalt
Blau-grün-weißer Kolibri auf Zweig mit aufgespreizten Schwanzfedern und leicht abgestellten Flügeln

© Brian Sullivan/Macaulay Library at the Cornell Lab of Ornithology

Schutz vor Belästigungen: Kolibri-Weibchen tarnen sich als Männchen

Prachtvolles Gefieder ist bei Weißnackenkolibris Männchensache. Einige Weibchen schillern jedoch genauso und fliegen damit offenbar gut.

Vermutlich zum Schutz vor Belästigungen beim Fressen tarnen sich einige weibliche Kolibris als Männchen. Sie behalten dazu auch als ausgewachsene Tiere die typisch strahlende Gefieder-Färbung von Männchen bei, berichten US-Forscher im Fachmagazin „Current Biology“.

Beim Gerangel um die besten Futterplätze entgehen die vermeintlichen Männchen so eher den zahlreichen Attacken von Artgenossen und anderen Vögeln.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können]

Nicht mit dem falschen Kolibri anlegen

Nicht nur bei Vögeln, sondern auch bei vielen anderen Tiergruppen unterscheiden sich weibliche und männliche Artgenossen im Erwachsenenalter im Aussehen, so auch die in Süd- und Mittelamerika lebenden Weißnackenkolibris (Florisuga mellivora). Die Männchen besitzen ein leuchtendes Gefieder mit einem blau schimmerndem Kopf und strahlend weißem Bauch und Schwanz. Das Gefieder der Weibchen ist im Erwachsenenleben weniger auffällig gefärbt, mit gedämpften grünen, grauen und schwarzen Farbtönen. Das erleichtert ihnen die Tarnung in der Umgebung.

Doch nicht alle Weibchen verändern beim Heranwachsen ihr Aussehen: Etwa 20 Prozent behalten die männliche Gefieder-Färbung bei, fanden Forscher um Jay Falk von der Cornell University in Ithaca, USA, bei einer Population von Weißnackenkolibris in Panama. Sie montierten ausgestopfte Exemplare auf eine Halterung am Futterplatz, jeweils Paare von typisch gefärbten Weibchen und Männchen sowie männlich gefärbten Weibchen und Männchen.

Zunächst wollten die Wissenschaftler prüfen, ob sexuelle Selektion bei der Partnerwahl etwas mit der Aufrechterhaltung der Färbung zu tun hat. Dann würden die Männchen von den Weibchen mit dem männerähnlichen Gefieder stärker angezogen. „Das ist aber nicht passiert“, erläutert Falk. Die männlichen Weißnackenkolibris zeigten immer noch eine klare Präferenz für die typisch gefiederten erwachsenen Weibchen.

Die Forscher beobachteten aber, dass die typisch blasser gefärbten Weibchen öfter aggressiv angegangen wurden. Dies deckte sich mit Beobachtungen von Angriffen im Freiland: Tiere mit männlichem Gefieder attackierten häufiger andere Vögel, weiblich gezeichnete Weißnackenkolibris wurden hingegen häufiger Opfer von Angriffen ihrer Artgenossen oder anderer Kolibris. „Grundsätzlich scheinen Kolibris mit männlichem Gefieder im Durchschnitt aggressiver zu sein“, sagt Falk. Andere Kolibris würden ihnen eher aus dem Weg gehen.

Eventuell weniger attraktiv, aber sicher satt

Eine Tarnung als Männchen könnte den Weibchen also dabei helfen, aggressive Attacken zu vermeiden. Aber verschafft ihnen das weitere Vorteile? Um das herauszufinden, verpassten die Wissenschaftler den Vögeln einen Sender, der an aufgestellten Futterplätzen ausgelesen wurde. So ermittelten sie, wie oft und wie lange sich einzelne Vögel dort aufhielten. „Unsere Tests ergaben, dass die typischen, weniger farbenfrohen Weibchen viel mehr belästigt wurden als Weibchen mit männchenähnlichem Gefieder“, sagte Falk. Da die Weibchen mit männlichem Gefieder weniger Aggressionen ausgesetzt waren, konnten sie häufiger fressen. „Ein klarer Vorteil“, urteilt Falk.

Warum trotzdem nicht alle oder zumindest mehr Weibchen ein männliches Gefieder tragen, wissen die Forscher nicht. Womöglich schütze das unauffälligere Gefieder die Tiere beim Brüten vor Angriffen und dieser Vorteil überwiege. Es sei auch schwer zu sagen, ob die Vorteile sich als nachteilig erwiesen, wenn es um die Paarung gehe, sagt Falk.

Weibliche Kolibris mit männlichem Gefieder könnten schließlich weniger attraktiv auf ihre männlichen Artgenossen wirken. Man habe aber derart gemischte Paare beobachtet, sagt Falk. „Es ist möglich, dass diese Weibchen über Verhaltensweisen verfügen, um Männchen anzuziehen, die nichts mit ihrer Färbung zu tun haben, oder dass es für ihren Fortpflanzungserfolg keinen Unterschied macht, weniger Partner anzuziehen.“

Anja Garms, dpa

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false