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Von der Unterart des Nördlichen Breitmaulnashorns leben nur noch zwei Exemplare, Najin und Fatu, die Mutter und Tochter sind.

© Jan Zwilling

Kälberwunsch für den Artenschutz: Retorten-Nachwuchs für extrem bedrohte Nashörner möglich

Vom Nördlichen Breitmaulnashorn leben nur noch zwei weibliche Exemplare. Nun vermeldet das internationale Team, das die Unterart wiederbeleben will, einen Durchbruch und einen ehrgeizigen Plan.

Einem internationalen Rettungsprojekt ist es erstmals gelungen, einem frei lebenden Nashornweibchen einen künstlich erzeugten Embryo einzupflanzen und so eine Schwangerschaft einzuleiten. Mit Embryonen, die aus eingelagertem Zellmaterial von verstorbenen Tieren und Eizellen von einem noch lebenden Weibchen erzeugt werden, soll eine neue Population des Nördlichen Breitmaulnashorns (Ceratotherium simum cottoni) aufgebaut und langfristig wieder in ihrem ehemaligen Verbreitungsgebiet in Ostafrika angesiedelt werden. Das erste Kalb könnte schon in wenigen Jahren geboren werden, teilte das „Biorescue“-Team am Mittwoch in Berlin mit.

„Unsere Mission, aus zwei unfruchtbaren weiblichen Tieren wieder eine gesunde, genetisch stabile Population zu erzeugen, erschien am Anfang unmöglich“, sagte Projektleiter Thomas Hildebrandt vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW). Das Projektteam sei diesem Ziel nun aber bereits „sehr nahe“ gekommen. Hildebrandt verweist auf die erfolgreiche internationale Zusammenarbeit.

Patchwork-Fortpflanzung

Die Erzeugung des Embryos kann als Beleg dienen: Die Eizellen stammten von „Elenore“, einem Südlichen Breitmaulnashorn (C. s. simum), das im belgischen Zoo Pairi Daiza lebt. Das für die Befruchtung verwendete Sperma stammt von dem Bullen „Athos“ aus dem Zoo Salzburg in Hellbrunn, Österreich. Die Eizellen von Elenore wurden in den Avantea Laboratories in Cremona, Italien, durch intrazytoplasmatische Spermieninjektion befruchtet und entwickelten sich dort bis zum Stadium der Blastozyste. Für den Embryotransfer in Kenia wurden zwei so erzeugte Embryonen verwendet.

Sie wurden einem in der Ol Pejeta Conservancy in Kenia lebenden Weibchen der gleichen Unterart eingepflanzt. Leihmutter „Curra“ sollte einen austragen. Das BioRescue-Team bestätigte jetzt eine Schwangerschaft von 70 Tagen mit einem gut entwickelten und lebensfähigen, 6,4 Zentimeter langen männlichen Embryo.

In Kenia transferierten Thomas Hildebrandt und Susanne Holtze vom Leibniz-IZW zwei Embryonen, um die Chancen auf eine Trächtigkeit der Leihmutter zu erhöhen. 
In Kenia transferierten Thomas Hildebrandt und Susanne Holtze vom Leibniz-IZW zwei Embryonen, um die Chancen auf eine Trächtigkeit der Leihmutter zu erhöhen. 

© J​a​n​ ​Z​w​i​l​l​i​n​g​

Im November starb Curra jedoch an einer Infektion, was auch das Ende ihrer Trächtigkeit bedeutete. Entnommene Gewebeproben des Fötus wurden am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin und am Leibniz-IZW in Berlin genetisch untersucht. So konnte bestätigt werden, dass Curra mit einem transferierten Embryo trächtig war.

Der Verlust des Weibchens und auch eines sterilen Bullen, der ebenfalls an einer Infektion starb, verzögern die Biorescue-Forschungsarbeiten nun um mehrere Monate. Es müssen neue Weibchen und auch ein neuer, sicher zeugungsunfähiger Bulle gefunden werden. Er zeigt an, wann eine Leihmutter empfängnisbereit ist, kann sie aber nicht selbst befruchten, auch wenn es zur Paarung kommt. Noch in diesem Jahr soll ein neuer Versuch erfolgen.

Dabei sollen Embryonen von Nördlichen Breitmaulnashörnern eingepflanzt werden. Weltweit gibt es derzeit nur noch die zwei weiblichen Exemplare Najin und ihre Tochter Fatu. Sie leben in Kenia, in der Ol Pejeta Conservancy, wo sie Tag und Nacht bewacht und gepflegt werden. Darüber hinaus werden lebende Zellen von zwölf verschiedenen Nördlichen Breitmaulnashörnern in flüssigem Stickstoff gelagert.

Das Biorescue-Team hat seit 2019 bereits 30 Embryonen des Nördlichen Breitmaulnashorns erzeugt. Sie werden in Berlin und Cremona verwahrt, bis sie Leihmüttern der südlichen Unterart eingepflanzt werden. Nach dem jetzt erfolgten Beweis für die Machbarkeit könne das Biorescue-Team den ersten Embryotransfer mit einem Nördlichen-Breitmaulnashorn-Embryo durchführen, hieß es. Sechzehn Monate später, so lange dauert üblicherweise die Trächtigkeit der Breitmaulnashörner, könnte das erst Kalb geboren werden.

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