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Deutsche Hochschulen legen Wert auf ihre Internatioanlität (Symbolbild).

© Ottmar Winter/PNN

Jobs fallen weg, Familien brauchen Hilfe: Studierende aus dem Ausland in finanzieller Not

Auch internationale Studierende leiden unter den Folgen der Coronavirus-Pandemie: Jobs fallen weg und ihre Familien daheim brauchen Unterstützung.

Seit drei Wochen erhält Kambiz Ghawami verzweifelte Anrufe. „Viele Studierende rufen bei mir an, weil sie nicht wissen, wie sie Miete, Krankenversicherung und demnächst noch die Rückmeldegebühren für die Uni bezahlen können“, sagt er.

Ghawami ist Vorsitzender des World University Service (WUS) – und damit zuständig für Studentinnen und Studenten aus dem Ausland.

Mit den Folgen der Coronavirus-Pandemie müssen derzeit nicht nur Gastronomen, Barbesitzer, Clubbetreiber oder Selbstständige kämpfen. Auch Studierende müssen schauen, wie sie über die Runden kommen.

Viele Jobs sind weggefallen

Der Grund: Zahlreiche Jobs fallen weg, etwa im Messe- und Veranstaltungsbereich. Insbesondere die Studierenden aus dem Ausland würden darunter leiden, sagt Ghawami.

Nur 20 Prozent der ausländischen Studierenden erhalten Stipendien, 80 Prozent seien hingegen auf Jobs angewiesen, um ihr Leben in Deutschland finanzieren zu können.

Die Eltern können Kinder nicht mehr finanziell unterstützen

Eltern aus einigen afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Ländern könnten ihre Kinder nicht mehr finanziell unterstützen, da sie selbst von den Auswirkungen der Pandemie betroffen seien.

Sie sind teils selbst erkrankt und müssen hohe Behandlungskosten zahlen oder sie können nicht arbeiten, weil Firmen und Fabriken geschlossen sind oder sie sich in Quarantäne befinden.

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Einige Studierende mussten bereits Geld an ihre Eltern zurückschicken, damit sie ihre Familien unterstützen können. „Die Situation verschlimmert sich von Tag zu Tag“, sagt Ghawami.

In einigen Bundesländern gebe es zwar sogenannte „Notfonds für unverschuldet in Not geratene ausländische Studierende“. Diese reichen laut Ghawami jedoch nicht aus. Sein Appell an die Politik: Es müssen kurzfristig Gelder für die Studierenden zur Verfügung gestellt werden. 

Appell an die Bundesregierung

Ähnlich sieht das auch Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks. „Der Wegfall von Jobs ist für ausländische Studierende meist schwieriger, da sie im Durchschnitt weniger Geld zur Verfügung haben als die deutschen Hochschüler“, sagt Meyer auf der Heyde.

Für die meisten seien die Jobs notwendig für ihren Lebensunterhalt. „Man kann sich vorstellen, wie prekär die Lage ist, wenn diese Jobs wegfallen.“ 

Die Bundesregierung sollte laut Meyer auf der Heyde die Studierenden, aber auch andere betroffene Zielgruppen unterstützen. „Es ist wichtig, dass die Internationalität der Hochschulen erhalten bleibt“, sagt er. 

Deutschland ist als Wissenschaftsstandort gefragt

Deutschland ist als Wissenschafts- und Bildungsstandort gefragt. Unter allen nicht-englischsprachigen Ländern zieht die Bundesrepublik die meisten Studierenden an. Im Wintersemester 2017/2018 waren in Deutschland 282.000 internationale Studenten immatrikuliert.

Besonders attraktiv ist Deutschland für chinesische Studierende. Im Jahr 2018 bildeten sie mit 37 000 an deutschen Universitäten eingeschriebenen Männern und Frauen die stärkste Gruppe.

Besonders stark sind Studierende aus China betroffen

Da die Coronavirus-Pandemie China besonders stark trifft, haben viele Familien der chinesischen Studierenden derzeit mit finanziellen Problemen zu kämpfen, sagt Ghawami. Sie müssten dringend finanziell unterstützt werden.

Für internationale Studierende mit Stipendien hat unter anderem der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) Lösungen in Arbeit, sagt Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen.

Hintergrund über das Coronavirus:

„Im Blick behalten müssen wir internationale Studierende, die weder auf BAföG noch auf Stipendien zugreifen können“, sagt Gehring. Bund und Länder sollten darum prüfen, bestehende Fonds für in Not geratene internationale Studierende aufzustocken.

Jens Brandenburg, hochschulpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion schlägt vor, dass die Bundesregierung mit dem DAAD kurzfristig einen Härtefallfonds einrichten sollte. „Mit schneller, unbürokratischer Hilfe können wir in Not geratenen Studierenden für die nächsten Wochen unter die Arme greifen“, so der FDP-Sprecher.

Die Linke fordert rückzahlungsfreie Sofortdarlehen

Der Semester- und Prüfungsausfall dürfte sich zunächst nicht auf die Aufenthaltserlaubnis der ausländischen Studierenden auswirken, sagt Nicole Gohlke, hochschulpolitische Sprecherin der Linken.

Außerdem erwarte sie von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek, dass den hunderttausenden in- und ausländischen Studierenden geholfen wird. „Dafür muss das Bundesbildungsministerium unkomplizierte und möglichst rückzahlungsfreie Sofortdarlehen bereitstellen.“

Kambiz Ghawami hat bereits den Länderministerien geschrieben, dass die Notfallfonds dringend aufgestockt werden müssten, doch bisher kam keine Antwort. Auch vom Bundesbildungsministerium kam noch keine Rückmeldung. „Wir werden weiter Druck machen“, sagt Ghawami. „Wir dürfen die internationalen Studierenden in dieser Krise nicht vergessen.“

Elena Matera

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